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Unübersehbar #16 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 21.8. bis zum 3.9.2020
Unübersehbar #16 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 21.8. bis zum 3.9.2020
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Unübersehbar #16 – nmz-Streaming-Empfehlungen vom 21.8. bis zum 3.9.2020

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Ludwig van Beethoven als Herr der Gezeiten, Charles Gounod als Operettenkomponist, Franz Schuberts Geist aus Bernhard Langs Händen, dazu das in den Startlöchern stehende Musikfest Berlin und die im „Archiv der verlorenen Ereignisse“ stöbernde Ruhrtriennale: Stoff genug für zwei Wochen spätsommerliche Streamabende. Wir wünschen guten Empfang. [jmk]


25. August bis 23. September


Musikfest Berlin digital
Live-Streams und Videos on demand in der Digital Concert Hall und auf der Homepage des Musikfests Berlin

18 Konzerte der insgesamt 33 Veranstaltungen des diesjährigen Musikfests Berlin finden im Großen Saal der Philharmonie statt und werden in der Digital Concert Hall live gestreamt oder zeitversetzt gesendet werden. Darüber hinaus werden die Aufnahmen als „Musikfest Berlin on Demand“ auf der Website der Berliner Festspiele für jeweils weitere drei Tage zum Nachhören zur Verfügung stehen.
Das diesjährige Programm ist pandemiebedingt deutlich reduziert worden und ist durch kleine Besetzungen bestimmt. Igor Levit, Hannoveraner Klavierprofessor, leitet das Musikfest ein und wird alle 32 Klaviersonaten Ludwig van Beethovens in acht Konzerten spielen. Am 29.8. gibt die Staatskapelle unter der Leitung von Daniel Barenboim die Mozart-Sinfonien 39 bis 41. Der Gegenwart näher kommt „Jazz at Berliner Philharmoniker“ am 30. August. Die drei Pianist*innen David Helbock, Iiro Rantala und Michael Wollny werden in einer „Piano Night“ als Solisten, im Duo an zwei Klavieren und schließlich als Trio an drei Instrumenten spielen und ihre Hommage an Ludwig van Beethoven zum Besten geben.
Vormerken sollte man sich die Konzerte Klangforum Wien I und II am 4. September. Das Musikfest porträtiert in diesem Jahr die Komponistin Rebecca Saunders (*1967) in ihr in Gänze oder Teilen gewidmeten Konzerten. Aufgeführt werden insgesamt 16 Werke, darunter auch ihr neues Klavierstück „to an utterance – study“ in Klangforum I. Im anschließenden Konzert Klangforum II ergänzen die Neuen Vocalsolisten Stuttgart das Wiener Ensemble für die Uraufführung „Der Lauf des Lebens für 6 Stimmen und Ensemble“ des griechisch-französischen Komponisten Georges Aperghis.
Zudem wird es wieder das Format „Musik im Gespräch“ geben. Dort unterhalten sich die Musikschaffenden des diesjährigen Festes über die Werke, die Zusammenarbeit zwischen den Protagonist*innen der Produktionen sowie über Fragen der Interpretation und Aufführung von Musik.
Der Zugang zu den Konzerten in der Digital Concert Hall und auf Musikfest Berlin on Demand ist kostenfrei.
[Juana Zimmermann]


28. August


Kulturraum/Studierendenwerk Berlin: Bernhard Lang – „The Cold Trip“
Ein Musiktheater-Projekt nach dem gleichnamigen Stück von Bernhard Lang
Freitag, 28. August, 20:00 – 21:30 Uhr. Der Link zum Livestream wird kurz vor der Veranstaltung hier veröffentlicht: https://www.stw.berlin/kalender/the-cold-trip.html

Bernhard Langs Werkreihe der „Monadologien“ gehört zum Spannendsten, was auf dem Feld der Re- oder besser gesagt: Meta-Komposition in der zeitgenössischen Musik der jüngsten Vergangenheit passiert ist. Lang hat dazu prominentes historisches Anknüpfungsmaterial von Purcell, Beethoven, Bruckner, Wagner u.v.a. praktisch „zellular“ auseinandergenommen und in raumgreifenden Loops und harten Schnitten gefiltert, modifiziert und neu geschichtet. Langs Schubert-Adaption „The Cold Trip“ dürfte nicht zuletzt dank der Interpretation von Sarah Maria Sun (Kairos 2017) in bleibender Erinnerung geblieben sein, die einer neu interpretierten „Winterreise“ (für Sopran, 4 Gitarren, Klavier und Samples) ganz neue, weibliche Töne ablauschte. Im Zuge der ohnehin zunehmenden Verflüssigung der Geschlechterperspektiven haben Tammin Lee (musikalische Leitung und Klavier), Ruth Asralda (Regie), Wiebke Bachmann (Bühne) und Sopie Schliemann (Kostüme) Langs „Monadologie XXXII“ in einen Musik-Theater-Abend transformiert, der anstelle des einsamen Wanderers drei weibliche Figuren in den Blickpunkt rückt, die individuelle Zustände der Isolation kommunizieren. Singen und spielen werden Marine Madelin, Katharina Quast und Antonia Schuchardt eine Konzeption, die am 05.04.2019 in Berlin Premiere hatte und nun als Stream-Version nochmal völlig neu eingerichtet und gefilmt wird. Gastgeber: Kulturraum/Studierendenwerk Berlin.
[Dirk Wieschollek]


Bis 31. Oktober


Ruhrtriennale  – „Archiv der verlorenen Ereignisse 2020“
Videos, Audios und Dokumente auf der Festival-Homepage

Die Ruhrtriennale gehörte bei den Absagen, die das Virus in diesem Jahr erzwang, im April zu den ersten. Wobei man sich - nicht nur angesichts der puren Ausmaße etwa der Jahrhunderthalle – gerade an deren Veranstaltungsorten diverse Abstandskonzepte gut hätte vorstellen können. Wenn man das mit der Nobelkonkurrenz in Salzburg vergleicht, dann hätte man zumindest logistisch wohl durchaus mithalten können. Wenn einer Leitung der letzte von drei Triennale-Jahrgängen so wegbricht, dann wird jeder geäußerte Frust der Macher um Stefanie Carp (sie nannte es „Höchststrafe“) mehr als nachvollziehbar. Carps übergreifendem Motto „Zwischenzeit” wuchs durch die Komplettabsage ungewollt eine doppelte Bedeutung zu. Geplant waren in diesem Jahr zwischen dem 14. August und bis 20. September 33 Produktionen und Projekte, davon zwölf Ur- und Erstaufführungen. Sie sollten in 17 unterschiedlichen Spielstätten in Bochum, Dortmund, Duisburg, Essen, Gladbeck und Wuppertal stattfinden. Aber wie schafft man einen digitalen Ersatz für ein Programm, dass von eigens kreierten Novitäten lebt?
Die Ruhrtriennale bietet jetzt unter edition2020.ruhrtriennale.de ein „Archiv der verlorenen Ereignisse 2020“. Es ist seit dem 14. August (dem ursprünglichen Eröffnungstermin der Ruhrtriennale 2020) bis zum 31. Oktober 2020 abrufbar.
Öffnet man diese Seite, findet man eine Art adaptierten Weihnachtskalender. Über dreißig bunte Bilder. Es sind kleine Fenster mit was dahinter. Hinter jedem Foto ist der Titel der Produktion und der Name der Künstlerin oder des Künstlers des geplanten Programms des Jahrgangs 2020 hinterlegt. Es ist eine Materialsammlung mit Video-, Audio- und Textbeiträgen. Inklusive einer Einführung durch die Intendantin. Mehr als zwei Dutzend der an die Ruhr für den Sommer 2020 Eingeladenen stellen ihre geplanten Arbeiten vor, liefern ein Panorama des eigentlich geplanten und durch die Umstände nicht zustande gekommenen Programms bzw. reflektiert die Rückwirkung Pandemie auf die Künstler und ihre Arbeit. Die Bandbreite reicht von Christoph Marthaler und Anna Viebrock, über Nora Chipaumire, Serge Aimé Coulibaly, Edu Haubensak, Elaine Mitchener, Kornél Mundruczó, Steven Sloane, Brigitta Muntendorf und Stephanie Thiersch, Mariano Pensotti, Raumlaborberlin, Akira Takayama bis Meg Stuart. Alle Künstlerinnen und Künstler skizzieren ihre „verlorenen“ bzw. nicht vollendeten Arbeiten in unterschiedlichen Formen. Oft leider nur im Reden über Musik, was den Verlust besonders deutlich macht. Im Falle von Christoph Marthaler etwa aber auch mit kleinen Splittern davon.
Dazu kommt der Film „El Público“ (am 29.8., 20.00 Uhr) von Mariano Pensotti und die Produktion „Pieces of a Woman“ (am 12.9., 20.00 Uhr) von Kornél Mundruczó, die beide danach für jeweils 24 Stunden online verfügbar sein werden. Der Blick auf die Homepage lohnt allemal, weil in den nächsten Wochen weitere Projekte geplant sind.
[Joachim Lange]


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DUO2KW im zeitraumexit Mannheim
Wie so vieles musste auch das Konzert des Münchener Viola- und Akkordeon-Duos „DUO2KW“ Anfang Juni im Mannheimer Kulturzentrum „zeitraumexit“ Corona-bedingt entfallen. Der Veranstalter, die Gesellschaft für Neue Musik Mannheim e.V., entschied sich, stattdessen ein Konzertvideo durch nmzMedia produzieren zu lassen. Sehen Sie den zweiten Teil mit Werken von Uroš Rojko und Klaus-Peter Werani sowie mit einem Gespräch von Prof. Dr. Sidney Corbett und Klaus-Peter Werani. Ein Video von nmzMedia.

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Bis auf weiteres verfügbar


Gezeitenkonzerte: Ludwig van Beethoven – die 32 Klaviersonaten
Archiv über die Website

Beethoven im Coronajahr – oder umgekehrt. Während Igor Levit in Salzburg die Menschen mit Beethoven offenbar anzieht, hat das ostfriesischer Gezeitenkonzerte-Festival die Zeit genutzt, dies mit 19 Pianist*innen der Musikhochschulen Hamburg, Hannover, Lübeck und Rostock ebenfalls zu realisieren. Vom 2. bis 8. Juli 2020 wurde der Ständesaal der Ostfriesischen Landschaft in Aurich nicht nur zum Filmstudio, sondern zur Kulisse für Klangerprobungen. Eine musikalische Flut in Zeiten konzertartiger Dauerebbe. Watt toll! Mit dem Solidaritätsticket #seidabei haben Sie die Möglichkeit, die Finanzierung dieses Angebots zu unterstützen.
[Martin Hufner]

Jerusalem Opera: Charles Gounod – „La Colombe“ (Die Taube)
Video on demand bei YouTube

Kaum zu glauben, dass es auch von Charles Gounod, dem katholischen Lyriker par excellence, ein operettenhaftes Gelegenheitswerk an der Schnittstelle von Komödie und Opéra-comique gibt: „La Colombe“ entstand 1860 für das Theater in Baden-Baden und kam 1866 in einer von Gounod mit seinen Librettisten Jules Barbier und Michael Carré erweiterten Fassung 1866 am Pariser Théâtre lyrique heraus.
„Die Taube“ ist ganz anders als „Die Fledermaus“ und trotzdem ein deliziöses digitales Sommervergnügen: Die Oper Jerusalem verlegte das Vier-Personen-Stück in freier Aneignung nach einer Fabel von Jean de la Fontaine, der im Gegensatz zu Boccaccio in seiner Falkennovelle das geliebte Geflügel unentfedert davonkommen lässt, aus dem Florenz der Spätrenaissance nach Monte-Carlo um 1920. So akzentuierte diese Produktion die mondänen Akzente von Gounods Ausflug ins leichtere Bühnenmetier mit Kammerorchester. Heikel ist das Werk durch ausgedehnte lyrische Flächen, das Herzen und Gefühle in einer die Gattungsgrenzen der Komödie fast sprengenden Umfänglichkeit sprechen lässt. Das Deko-Ambiente mit Treibhauspflanzen und seidenen Morgenmänteln steht auch dem musikalischen Selbstzitat aus „Faust“ gut an, Gounods „Tauben“-Couplets für „Roméo et Juliette“ entstanden erst später. Hier landet das titelgebende Haustier am Ende übrigens nicht auf der Servierplatte.
Die Jerusalem Opera ist ein freies Ensemble, das sich seit 2011 mit Künstler*innen aus der Region Standard-Titeln und Entdeckungen des klassischen und romantischen Repertoires widmet: https://jerusalemopera.com
[Roland H. Dippel]

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