In der siebten Folge unserer Autor*innen-Tipps empfehlen wir ein Webzert (!) aus Dresden, eine Installation von Magda Korsinsky, die Festspiele Mecklenburg Vorpommern, einen ungeklärten Mordfall in Hannover und die „Lockdown-Tapes“ des Ensemble Musikfabrik.
12. Juni
Webzert von Auditiv Vokal Dresden im Schützraum
12. Juni, 19.30 Uhr (Einlass: ab 19.20 Uhr)
Auf Facebook und auf Youtube.
Nehmen Sie aktiv teil am Publikumsmobbing – der Paraphrase von Peter Handkes Sprechstück „Publikumsbeschimpfung“, entdecken Sie die Uraufführungen der Comprovisationen von sieben Kompositionsstudierenden aus dem Hybrid Music Lab der Hochschule für Musik Dresden und die Uraufführung von „Long Distance Relation“, dem neuen Werk von Alberto Arroyo, das er in Zusammenarbeit mit Fojan Gharibnejad, Amir Shpilman, Richard Röbel, Manu Sánchez García komponiert hat und mit Ihnen zusammen, wertem Publikum – mittels Ihrer Sprach- und Textnachrichten auf Ihrem Smartphone aufführt! Moderiert wird das Webzert vom Ensemblephilosophen Friedrich Hausen. Er hat sich für die intermittierenden Gespräche renommierte Gäste eingeladen: Holk Freytag, den Präsidenten der Sächsischen Akademie der Künste sowie Jörn Peter Hiekel und Stefan Prins von der Hochschule für Musik Dresden. [Martin Hufner]
Bis 13. Juni
Magda Korsinsky: Stricken – die Installation
Video-Stream
Noch bis zum 13. Juni kann man die Installation „Stricken“ der Künstlerin und Choreografin Magda Korsinsky im Rahmen des Impulse Theater Festivals als on-demand-Video anschauen. Korsinsky hat sechs afrodeutsche Frauen zu ihren weißen Großmüttern befragt und daraus eine Installation entwickelt, die für die Corona-Edition des Festivals in einen Film gegossen wurde. Die Frauen berichten von den sehr unterschiedlichen Erfahrungen als schwarzes Kind in Deutschland aufzuwachsen und ihre Beziehung zu ihren Großeltern. Es geht um lokale Traditionen und gleichzeitig um Rassismus, der bis heute allgegenwärtig ist, aber vor allem um die Liebe zu Großmüttern. Inspiriert wurde Korsinsky durch Jennifer Teeges Autobiografie „Amon. Mein Großvater hätte mich erschossen“. [Juana Zimmermann]
13. bis 14. Juni
Festspiele Mecklenburg Vorpommern: 30 – mal anders
Samstag, 13. Juni, 18:00 bis ca. 20.30 Uhr; Sonntag, 14. Juni, 11.00 bis ca. 20.00 Uhr
Live-Video-Stream
Kurzfristig sind doch wenige Zuschauer für die Kammermusik mit Mitgliedern der NDR Radiophilharmonie und Kammerjazz mit deep strings (Anne-Christin Schwarz und Stephan Braun) in der Konzertkirche Neubrandenburg am Samstagabend zugelassen. Durch die atmosphärischen Veranstaltungsorte – Backsteingotik, Gutssitze, Kleinstädte mit beträchtlichen Entfernungen dazwischen – und eine starke kommunikative Bindung zwischen Künstlern, Machern und Gästen entwickelten sich die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern vom Geheimtipp zum Kultur- und Tourismusmagnet. Wie feiert man das 30-jährige Bestehen eines ambitioniert hochkarätigen Flächenfestivals in einer malerischen Landschaften während der Pandemie? Nach zwei Live-Konzerten am ersten Abend folgen am Sonntag Live-Beiträge und Aufzeichnungen mit Künstler*innen und Werken, die eigentlich live vorgesehen waren. Zum Beispiel viel Beethoven, eine Begegnung mit dem Akkordeonisten Martynas Levickis und ein vokales Warmup mit der Sopranistin Olena Tokar. [Roland H. Dippel]
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Corona-Talks mit Persönlichkeiten des Musiklebens
Der 21. Juni ist traditionsgemäß der „Tag der Musik“, initiiert durch den Deutschen Musikrat. In den vergangenen Jahren haben Amateur- wie Profimusikerinnen und -musiker in ganz Deutschland rund um diesen Tag die Vielfalt der Musik gefeiert. In diesem Jahr ist fast alles anders. Musikrat und nmz fragen Musikerinnen und Musiker nach dem Stellenwert der Musik in Zeiten von Corona – und wie sich die Musikwelt verändern wird. Bisher dabei: Joris, Nils Mönkemeyer, Julia Hülsmann, Matthias Pintscher, Jan Vogler und Mine. Die Reihe wird fortgesetzt, zu sehen bei nmzMedia.
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13. und 15. Juni
Staatstheater Hannover: „Ein ungeklärter Mordfall“
Live-Video Stream am 13. und 15. Juni 2020, jeweils um 20:30 Uhr
Was die Oper in Hannover jetzt an zwei Tagen im Netz anbietet, das passt in vielerlei Hinsicht in die komplizierte Zwischenzeit, die die Theater und vor allem die Oper derzeit bewältigen müssen. Die Koproduktion zwischen Schauspiel und Oper sowie zwischen den Hannoveranern und dem Holland Festival gehört in die Rubrik mit logistisch kreativen Ansätzen der Kunstproduktion aus der Vor-Corona-Zeit. Es geht um den NSU-Mord an dem 21-jährigen Halit Yozgat. Die Begleitumstände der Tat in einem Auftragswerk der Oper zu thematisieren, zeugt von ambitionierter Zeitgenossenschaft. Dieser Mord in einem Kassler Internetcafé vor 14 Jahren ragt auf makabre Weise aus dem rassistischen Wüten des NSU heraus, weil ein anwesender Verfassungsschützer nichts davon bemerkt haben will.
An dieser eigentlich für den 17. April im Schauspielhaus Hannover geplanten Uraufführung ist nicht nur der (gerade im Moment wieder besonders) brisante Stoff, sondern auch der Komponist und die Form der Uraufführung bemerkenswert. Der in Australien geborene und in Island lebende Komponist und Produzent Ben Frost (40) gilt – was immer das genau bedeutet – als Netflix-Komponist. Das dürfte mindestens auf eine professionelle Affinität zum Digitalen schließen lassen. Grundlage für seine Komposition und Inszenierung ist der vom interdisziplinären Forschungsteam „Forensic Architecture“ rekonstruierte Tathergang, wie er schon auf der documenta 14 in Kassel vorgestellt wurde. Daniela Danz hat daraus ein Libretto gemacht. Angekündigt ist die Uraufführung von Ben Frost als ein „Film über eine Oper unter Quarantäne“. Eine Opern-Komposition, die Zeugenaussagen und Widersprüche dieses noch immer ungeklärten Mordfalls nebeneinander stellt. Man darf gespannt sein, was die Mitglieder des Opern- und Schauspielensembles sowie des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover an den zwei Abenden im Stream bieten werden!
Der Film wird am 13. und 15. Juni, jeweils um 20:30 Uhr, auf www.staatstheater-hannover.de sowie auf der Seite des Holland Festival gestreamt. [Joachim Lange]
Bis auf weiteres verfügbar
„Lockdown-Tapes“ des Ensemble Musikfabrik
Video-Streams
So langsam erwacht das Konzertleben wieder aus dem Corona-Schlaf. So lädt das Ensemble Musikfabrik ab dem 15. Juni zu den „Concertini“ in den Kölner Mediapark. Über den ganzen Sommer 2020 verteilt, immer Montags und Donnerstags, veranstaltet das Ensemble 20 mal 2 halbstündige Konzertminiaturen vor stark reduziertem Publikum (bis zu 12 Personen pro Konzert). Die Concertini finden jeweils um 17.30 Uhr und 19 Uhr bei freiem Eintritt nach vorheriger verbindlicher Anmeldung unter musikfabrik [at] musikfabrik.eu (musikfabrik[at]musikfabrik[dot]eu) statt.
Wer keine Karten ergattern kann oder will, ist weiterhin eingeladen, online die gehaltvollen Beiträge zu betrachten und zu belauschen, die mit Mitgliedern des Ensembles in Form von „Lockdown Tapes“ produziert wurden. In der Hauptsache sind es Solowerke, zu den Komponist*innen zählen u.a. Violeta Dinescu, Rebecca Saunders, Liza Lim, Helge Sten, George Lewis, John Cage, György Kurtag und Evan Johnson. [Juan Martin Koch]