Wolfgang Rihm und Jörg Widmann haben sich bei der SWR2 Kulturnacht, die am Samstag im Rahmen der „21. Europäischen Kulturtage“ in Karlsruhe stattfand, nun auch zu den Sparmaßnahmen des SWR geäußert. nmz-Autorin Julia Blank hat die konzert-mündlichen Einlassungen von Rihm mitgeschnitten und transkribiert. „Was wären wir Komponisten ohne Orchester, ohne Musiker: Dann gäbe es uns gar nicht.“
Widmann, der als Solist gemeinsam mit Violist Antoine Tamestit und dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg am Abend Rihms „Dritten Doppelgesang für Klarinette, Viola und Orchester“ spielte, fügte seinem Pausengespräch mit Moderatorin Lydia Jeschke folgende Worte hinzu: „Der Glaube, dass man einen Klangkörper amputieren könnte und den anderen auch, und diese zwei vermutlich nicht mehr lebenden zusammensetzten könnte und glaubt, dann kommt das Superorchester dabei raus: dafür habe ich kein Verständnis. Daher appelliere ich an die Vernunft der Verantwortlichen.“
Wolfgang Rihm, der während des Konzertes im Publikum saß, ergriff ebenfalls das Wort. Nachdem das SWR Sinfonieorchester sein Werk „Magma“ aufgeführt hatte, kam er auf die Bühne und verlieh seinem Unverständnis über die Pläne ebenfalls Ausdruck: „Was wären wir Komponisten ohne Orchester, ohne Musiker: Dann gäbe es uns gar nicht. Als ich dieses Stück komponiert habe, war ich knapp 21. Natürlich wurde das damals noch nicht gespielt, erst ein paar Jahre später, in Stuttgart übrigens, vom ,Schwester-Orchester’, und jetzt heute habe ich es eigentlich zum ersten mal toll und richtig und ungeheuer bekommen. Mein Dank geht viel weiter, nämlich in das Jahr, wo dieses Stück und die ersten Kontakte zu diesem Orchester entstanden sind. Wo ich wirklich als ganz junger Komponist zum ersten Mal zu Ihnen, die meisten werden nicht dabei gewesen sein, kommen durfte, und meine ersten Aufführungen dann in Donaueschingen bekam. Und ich war ungeheuer stolz und glücklich und seitdem betrachte ich das Rundfunkorchester des SWR als eigenes Orchester. Hier bin ich geboren als Komponist. Verstehen Sie, als ich in den letzten Tagen in den Zeitungen lesen musste, was da für Gedanken in Köpfen entstehen, das nämlich die Orchester verkleinert, zerschnitten und zusammengebacken werden – ich habe es nicht verstanden. Ich bin einfach entsetzt gewesen, als ich all dies gehört habe. Da wird der Ort aus dem ich stamme, das Südwestfunkorchester, zerstört. Verstehen Sie meine Betroffenheit? Ich möchte einfach sagen: Wir müssen jetzt alle Zusammenstehen, dass das nicht passiert: Das erregt mich ungeheuerlich!“
Damit haben nach Helmut Lachenmann zwei weitere Komponisten ihr Unverständnis öffentlich über die Orchester-Sparmaßnahmen bekundet.