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v.l.n.r.: Manuel Schwiertz, Theresa Nink, Daniel Mennicken. Foto: Louis Josek
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Ontologie des Schaums: Welten in der Mehrzahl

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Gesellschaft für Neue Musik, Teil 7: „On“ – das Kölner Netzwerk für Neue Musik
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„Knoten kann man nicht bewohnen“, schreibt der Philosoph Peter Sloterdijk in seiner Trilogie Sphären, in welcher er versucht, kulturelle Phänomene wie etwa das Networking räumlich zu verstehen. Netzdenken schaffe zwar Schnittstellen, diese seien an sich aber zweidimensional. Er plädiert für den Begriff der Blase als Mikrowelt mit Eigenausdehnung, die sich flexibel und spontan zu unendlichen Kollektiven zusammenfinden kann: im Schaum. Schäume sind fragil, elastisch, kooperativ. Blasen ergießen sich ineinander, deformieren oder begünstigen sich.

Diese Metapher Sloterdijks scheint geradezu ideal, um ein so vielfältiges, kontakt- und experimentierfreudiges Gebilde wie On – Neue Musik Köln e.V. zu erfassen. Denn was sich hier im Laufe der nun fast siebenjährigen Geschichte von On ge-, um- und neugebildet hat, gleicht tatsächlich wertvollsten Mikrokosmen, die zwar allesamt verbunden, doch für sich gesehen eine ausgeprägte „Eigenausdehnung“ in Anspruch nehmen. Das bundesweite Förderprojekt Netzwerk Neue Musik gab 2007 den Anlass für die Gründung von On, was schnell zum „Wunder von Köln“ aufblühte: Über 30 unabhängige und heterogene Kölner Institutionen schlossen sich zusammen mit dem Ziel, fortan gemeinsam am Strang der Vermittlung, Förderung und Festigung der Neuen Musik zu ziehen. Mit großem Erfolg: On, darin sind sich Künstler, Veranstalter, Pädagogen und Publikum einig, ist aus der Kölner Kulturszene nicht mehr wegzudenken.

Unter den vier Prämissen Basis, Botschaft, Werke und Plus bündelten die Netzwerkpartner von On, mit Till Kniola und Manuel Schwiertz als Büromitarbeiter, unzählige künstlerische und musikpädagogische Projekte, die jedes für sich gesehen, eine beeindruckende Welt darstellen: Pädagogen werden in Workshops professionell geschult (StadtKlangNetz), Kinder werden spielerisch mit zeitgenössischer Musik konfrontiert (Grundschule mit Musikprofil, KinderUni), neue Konzertformate überschreiten synergetisch und experimentell performative Grenzen (Kooperationen mit Künstlern und Festivals, Tripclubbing, Visual Sounds), unbekannte Räume werden erschlossen und bespielt (z.B. musikalische Stadtführungen, Soundwalks, Konzerte in Brücken oder brachliegenden Hochhäusern). In der Konzertreihe Schlüsselwerke der Neuen Musik erklangen die „musikalischen Leitfossilien“ des 20. Jahrhunderts.

ChezOn lädt ein, vor Ort einem Vortrag zu lauschen und ungeniert zu diskutieren. Um die Kölner Szene auch national und international zu vernetzen, erfand On das Programm Kurz in Köln: Durch eine flexible, kurzfristige Anbindung von in Köln gastierenden Künstlern an hiesige Ensembles oder Musiker haben sich bereits zahlreiche neue, äußerst fruchtbare Sloterdijk’sche Schaumblasen gebildet und interessante Synergien erzeugt.

Seit dem Ende des Projektes Netzwerk Neue Musik steht On auf eigenen Füßen, gefördert durch die Stadt Köln und unter der engagierten Leitung des Teams Daniel Mennicken (Geschäftsführung), Manuel Schwiertz (Projektmanagement) und Theresa Nink (Projektassistenz). Ihr Büro ist mittlerweile zu einer bekannten Anlaufstelle geworden: Performer, Komponisten oder Veranstalter können sich dort intensiv beraten lassen oder eigene Projekte einreichen, die von einer unabhängigen Jury ausgewählt und von On unterstützt und betreut zur Aufführung gebracht werden (Plattform für künstlerische Produktion). Was noch fehlt, ist ein von On bereits seit Anbeginn anvisionierter Traum: ein Zentrum für Neue Musik und Medienkunst in Köln. Hier könnte noch nachhaltiger das gepflegt werden, was bereits gepflanzt wurde. „Ich glaube“, so die Komponistin Brigitta Muntendorf, „dass die Neue-Musik-Szene in Köln gerade durch das Wirken und die Offenheit von On so gemeinschaftlich agiert. (…) Als Komponistin fühle ich mich gerade wegen dieser Offenheit so wohl und es motiviert mich immer wieder. (…) Die besten Voraussetzungen dafür, dass Kreativität weiter wachsen kann.“  
 

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