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Uraufführungen 2023/11

Uraufführungen 2023/11

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Uraufführungen 2023/11
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In Stadträten und Landtagen stellen AfD-Parteimitglieder schon seit Längerem immer wieder die künstlerische Freiheit von Theatern, Opern, Konzerthäusern, Kunst- und Musikhochschulen in Frage, deren Spielplangestaltung, Ausbildungskonzepte und Angehörige sie mit einem „völkischen“ Kulturbegriff delegitimieren. Nächstes Jahr werden womöglich erste Bundesländer von AfD-Ministerpräsidenten regiert. Was geschieht dann mit diesen angeblich „links-grün-versifften“ Kultureinrichtungen? Werden sie geschlossen? Werden sie auf Parteikurs gebracht? Werden Weltoffenheit, Diversität, Innovation, kultureller Austausch und kritischer Diskurs verboten?

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Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla fordert mehr Vermittlung deutschen Kulturguts an Schulen. Auf die Frage eines Kinderreporters der ZDF-Sendung „logo!“ nach seinem deutschen Lieblingsgedicht konnte er 2021 allerdings nur stammeln: „Ehm, da muss ich, da müsste ich jetzt erst mal überlegen, fällt mir jetzt gar keins ein.“ Und auf Nachfrage, ob er wenigstens einen Lieblingsdichter habe, nannte er den ins Pariser Exil gezogenen Düsseldorfer Juden und Linksintellektuellen Heinrich Heine. Der machte in seinen Berichten aus Frankreich der 1840er Jahre – versammelt 1854 unter dem Titel „Lutetia“ (lateinischer Name von Paris) – freilich keinen Hehl aus seiner Verachtung der eichenlaubbekränzten Ignoranz und biederen Kleingeisterei all „jener falschen Patrioten, deren Vaterlandsliebe nur in einem blödsinnigen Widerwillen gegen das Ausland und die Nachbarvölker besteht“.

Einstweilen ist glücklicherweise noch musikalische Vielfalt zu erleben. Zahlreiche Uraufführungen bieten im November die Festivals „November Music“ im südniederländischen 'sʼ-Hertogenbosch vom 1. bis 12., „Rainy Days“ in Luxemburg vom 16. bis 19. und „Wien Modern“ den ganzen Monat bis zum 2. Dezember. Die WDR-Reihe „Musik der Zeit“ bringt am 10. und 12. November in den Philharmonien Köln und Essen zwei Werke von Sarah Nemtsov zur Uraufführung: „K‘lipot“ für vier Solisten und Orchester sowie die gesamte Tetralogie „Tzimtzum“ für vier Solisten und Orchester. Das Essener Konzert findet im Rahmen des Festivals NOW! statt. Hier erklingt erstmalig auch Aureliano Cattaneos Konzert für Violine und Orchester „Not alone we fly“.

In der Alten Feuerwache Köln reflektiert das Festival „Frau* Musica Nova“ vom 17. bis 19. November unter dem Titel „Beyond Leadership“ Führungsrollen, Führungsstile, Normen und gesellschaftliche Stereotype. Neben zwei Gesprächsrunden bieten drei Konzerte Uraufführungen von Lucia Kilger, Tamara Miller, Sara Stevanovi, Clemens K. Thomas und Marina Poleukhina. Das Ensemble Musikfabrik veranstaltet am 26. und 27. November im MediaPark Köln drei Konzerte mit dem Wellenfeldsynthese-System der „Game of Life Foundation Den Haag“ inklusive Premieren von Adrian Mocanu und Ji Youn Kang. Was wären alle diese Fes­tivals und Konzerte ohne die Beiträge von Komponistinnen und Komponisten aus aller Welt? Ein Armutszeugnis für Deutschland!

Weitere Uraufführungen:

  • 1.11.: Lutz-Werner Hesse, Rim Trail – Infinite Landscape 3 für Orchester, Stadthalle Wuppertal
  • 10.11.: Johannes Kalitzke, Zeitkapsel – Totentanz für großes Orchester, musica Viva, Herkulessaal München
  • 17.11.: Andrea Lorenzo Scartazzini, Dies illa zum zweihundertjährigen Jubiläum des Basler Gesangsvereins, Münster Basel
  • 19.11.: Georges Aperghis, Carsten Trio, Musikfabrik im WDR-Funkhaus Köln
  • 22.11.: Philipp Maintz, choralvorspiel IX (erbarm dich mein, o herre gott), Gewandhaus Leipzig

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