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„...antasten...“ wird angetastet

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Renommiertes Heilbronner Klavierfestival in Not
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Auch die Käthchenstadt Heilbronn muss ihren Haushalt sanieren – zu geringe Gewerbesteuereinnahmen machen‘s nötig. Wie andernorts auch spart man zuerst bei der Kultur – man wolle aber in einer solchen Krisensituation die „Big Points” erhalten, orakelte Heilbronns Bürgermeister Helmut Himmelsbach und vergriff sich gleich an dem (!) Big Point überhaupt in Heilbronn, dem internationalen Pianoforum „...antasten...“.

Abgesehen vom Heilbronner Kammerorchester vielleicht, gibt es kein Kulturgut aus Heilbronn mit vergleichbarer internationaler Ausstrahlung. 1993 von dem Komponisten Helmuth Flammer gegründet und seither im Zweijahresrhythmus in den Räumlichkeiten der Städtischen Museen Heilbronns und der Musikschule durchgeführt, gilt es weltweit als einzigartige „Ausstellung“ zeitgenössicher Klavierkunst. Seit Mai diesen Jahres erreichte den künstlerischen Leiter Helmuth Flammer eine Katastrophenmeldung nach der anderen: Heilbronn kürzte die Mittel um zehn Prozent und kündigte eine Komplettstreichung ihrer Mittel für 2005 an. Damit trat Bürgermeister Himmelsbach in der lokalen Presse eine Diskussion über den Bestand und die Bedeutung von „...antasten...“ los, die zum Rückzug wichtiger Sponsoren, insbesondere des Hauptsponsors Audi, führte. Weitere massive finanzielle Kürzungen drohen dem Festival bereits 2003 durch Kürzungen auf der Landesebene. Baden-Württemberg strich seinen Zuschuss um zwei Drittel. Auch auf Bundesebene fallen die Gelder um zwei Drittel weniger aus als bisher (hier werden vor allem Mittel des Deutschen Musikrates genannt). Statt dem geplanten Budget von 76.000 Euro (2001 waren es noch 110.000 Euro) kann Flammer für 2003 nur noch mit etwa 60.000 Euro rechnen. Das geschätzte Defizit wird etwa 10.000 Euro betragen.

Die Entwicklung in Heilbronn wird von Musikern, Komponisten und Festivalbesuchern mit großer Sorge betrachtet. Zahlreiche Wortmeldungen erreichten die nmz. Hier eine Auswahl:

Werner Bärtschi, Musiker (Schweiz): Die zeitgenössische Musik ist beim breiten Publikum nicht beliebt. Sie hat es schwer, sich Gehör zu verschaffen. Dass es dennoch immer noch und immer wieder neue zeitgenössische Musik gibt, ist der klarste Beweis für ihre Lebensberechtigung und sogar Notwendigkeit (so argumentierte schon Furtwängler).
Claus-Steffen Mahnkopf, Komponist (Freiburg): Die drastischen Mittelkürzungen für „antasten“, die faktisch eine Köpfung dieses international einmaligen Festivals für heutige Klaviermusik darstellt, zeigt, wie sehr Deutschland auf dem Irrweg ist. Nur wenn ökonomisch magere Jahre kulturell fette sind, werden auch wieder ökonomisch fette folgen – diesen einfachen Grundgedanken scheinen unsere populistisch denkenden Politiker zu vergessen, von der im Ausland beneideten tiefen Geschichts-Verwurzelung der Musik hierzulande einmal abgesehen. Wie lange noch wird sich dieses Land Verblödung und selbstmörderischen Event-Spaß leisten, denn dafür ist auch in ökonomisch mageren Jahren immer genügend Geld da?

Konrad Boehmer, Komponist (Amsterdam): Der politische Anschlag auf „...antasten...“ trifft ein Festival, das sich im Zentrum der neueren musikhistorischen Entwicklungen befindet und von dort aus mit Mut und Phantasie die äußersten Grenzen musikalischen Denkens abtastet. Es ist unerträglich, miterleben zu müssen, wie Kulturfunktionäre aus kurzsichtigen Interessen einen Ast nach dem anderen absägen, blind vor dem kulturellen Scheiterhaufen, den sie anrichten.

Violeta Dinescu, Professorin für Komposition, Universität Oldenburg: Wir wissen alle, dass Aufbauen viel mühsamer ist als ein destruktiver Prozess, deswegen signalisiere ich damit den außergewöhnlichen Wert dieses Festivals und die Verantwortung, die man hat, um es fortzusetzen.

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