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Baujurist: Kündigungsdrohung bei Elbphilharmonie richtige Strategie

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Hamburg - Mit Androhung der Vertragskündigung beim Bau der Elbphilharmonie verfolgt Hamburg nach Ansicht eines Experten die richtige Strategie. "Ich habe nicht verstanden, warum diese Gangart nicht schon Jahre früher gewählt worden ist", sagte der unabhängige Fachanwalt für Baurecht, Andreas Koenen, der Nachrichtenagentur dapd. Denn der Baukonzern Hochtief als Vertragspartner wolle eine Kündigung vermeiden, da ihm sonst Schadenersatzansprüche drohten.

 

Der Senat hatte Hochtief eine zweite Frist bis zum Mittwoch (4. Juli) gesetzt, um die Bautätigkeiten wieder aufzunehmen. Derweil sieht Koenen die Ursache für Eskalation, Kostenexplosion und Bauverzögerung in der schlechten Vertragsgestaltung. "Ein Vertrag, der derartige zusätzliche Kostenansprüche seitens Hochtief überhaupt möglich macht, der kann nicht gut sein." Ursprünglich sollte die Konzerthalle die Stadt 77 Millionen Euro kosten und 2010 eröffnet werden, jetzt rechnet der Senat mit mindestens 351 Millionen Euro und einem Übergabetermin im November 2014.

Koenen fordert öffentliches Gerichtsverfahren

Es sei "problematisch", dass die von der Stadt beauftragte Kanzlei den Bauvertrag von einer Spezialistin für Vergaberecht - und nicht für Baurecht - habe gestalten lassen, sagte Koenen. Wer für das Desaster Verantwortung trägt, könne nur ein "ordentliches und öffentliches Gericht" klären. Wenn die Stadt Ursachenforschung betreiben wolle, müsse sie dies im Zuge einer Klage auf Schadensersatzanspruch gegen Hochtief tun.

"Alle Berater im Umfeld der Stadt haben Aufgaben und Pflichten, ob sie die verletzt haben, kann für alle Seiten verbindlich nur ein Gericht feststellen", sagte Koenen. Den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Elbphilharmonie hält er dazu für ungeeignet: "Selbst ein erfahrener Baujurist würde Tage brauchen, nur um die Akten zu lesen. Es stellt sich überhaupt die Frage, ob ein üblicher Untersuchungsausschuss dem Fall Elbphilharmonie Herr werden kann - wohl nicht!"
 

Hamburgs Elbphilharmonie in zehn Daten
- Die ersten Skizzen für die Hamburger Elbphilharmonie gab es 2003;

- der Architekt Alexander Gérard und die Kunsthistorikerin Jana Marko hatten die Idee zu dem Bau - eine funktionale Mischung aus Konzerthaus, Hotel und Wohnungen direkt am Rand von Deutschlands größtem Seehafen;

- entwickelt wurde das Prestigeprojekt auf dem traditionsreichen Kaispeicher A in der HafenCity schließlich nach den Plänen der Schweizer Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron;

- dieser Entwurf kombiniert Backstein-Klassik mit einer Glasfassade;

- Gérard schied 2004 aus dem Vorhaben aus und übergab die Verantwortung an die Stadt Hamburg, die das Projekt zwei Jahre später erstmals ausschrieb;

- nach dem einstimmigen Beschluss der Bürgerschaft am 28. Februar 2007 begannen die Bauarbeiten der Elbphilharmonie mit der Grundsteinlegung am 2. April 2007;

- nach der Entkernung begannen die Nachgründungen, wobei zu den 111 Pfählen, auf denen der Kaispeicher A im Elbschlick ruhte, weitere etwa 620 sogenannte Ortbetonverdrängungspfähle eingebracht wurden;

- die Elbphilharmonie wird drei Konzertsäle haben, unter denen der Große Konzertsaal mit 2.150 Plätzen und einer viermanualigen Orgel mit 65 Registern das Herzstück bilden soll;

- die Glasfassade setzt sich aus 1.100 Glaselementen mit 2.200 Scheiben zusammen;

- der höchste Punkt des Baus ist 110 Meter hoch.

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