Berlin - Das Bundesarchiv sieht wegen der Entwicklung in der Ukraine das kulturelle Erbe im Kriegsgebiet massiv bedroht. «Gerade die Archive der Ukraine sind das kulturelle Gedächtnis des Landes. Sie erst machen Erinnerung und Identitätsbildung möglich», sagte Archiv-Präsident Michael Hollmann am Donnerstag in Berlin.
«Sie müssen deshalb als Stützen eines souveränen und unabhängigen Landes geschützt und erhalten bleiben.» Hollmann warnte angesichts der Scheinreferenden in den von Russland besetzten Gebieten der Süd- und Ostukraine vor einer zunehmenden Bedrohung. Insbesondere wies er auf die Gefahr für Archive hin, die sich mit dem Gedenken an Holocaust und jüdisches Leben in der Region beschäftigen. «Russland bringt im Zuge einer vorgeblichen Entnazifizierung in der Ukraine ausgerechnet Gedenkorte an den Holocaust in Gefahr. Das ist ein trauriges Beispiel dafür, wie Geschichte für Propagandazwecke missbraucht wird.»
Das Bundesarchiv ist Kooperationspartner des Babyn Yar Holocaust Memorial Center (BYHMC). In einer 2021 abgeschlossenen Vereinbarung geht es vor allem um die Anfertigung und Weiternutzung digitaler Reproduktionen von Unterlagen des Bundesarchivs mit Bezug zum Holocaust auf dem Gebiet der heutigen Ukraine.
Mehrere für den Holocaust-Gedenkort Babyn Yar vorgesehene Gebäude sind durch den russischen Überfall stark in Mitleidenschaft gezogen worden. «Nach Medienberichten waren in den vergangenen Monaten bereits ukrainische Archive durch russische Angriffe beschädigt oder zerstört worden, darunter auch das Staatsarchiv in Charkiw», so das Bundesarchiv in seiner Mitteilung vom Donnerstag.