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Das Netzwerk Neue Musik äußert sich zur Zukunft der Rundfunkorchester des SWR

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Auch das Netzwerk Neue Musik äußert sich zu den Orchester-Sparplänen des SWR. In einem offenen Brief an den Intendanten des öffentlich-rechtlichen Senders erinnert Bojan Budisavljević an die vierjährige fruchtbare Zusammenarbeit des Netzwerks mit den SWR-Klangkörpern. Maßstabsetzende gemeinsame Projekte haben vor allem dem jüngeren Publikum die Teilhabe an musikalischer Hochkultur ermöglicht.

Der offene Brief des Künstlerischen Leiters und Vorstands des Netzwerk Neue Musik, Bojan Budisavljević, im Wortlaut:

Zukunft der Rundfunkorchester des SWR

Sehr geehrter Herr Intendant,
am Netzwerk Neue Musik, dem mit 24 Mio. € umfangreichsten und von der Kulturstiftung des Bundes sowie den Ländern und Gemeinden gemeinsam getragenen Förderprojekt zur Verbreitung und Vermittlung zeitgenössischer Musik in Deutschland, haben von 2008 bis Ende 2011 alle Klangkörper des SWR teilgenommen, das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden – Freiburg, das SWR Vokalensemble sowie die Deutsche Radiophilharmonie Saarbrücken – Kaiserslautern sogar als direkte Förderempfänger und Netzwerkpartner.

In diesen vier Jahren haben alle Klangkörper des SWR gemeinsam mit weiteren 255 Partnern im Land an einer einmaligen bundesweiten Initiative mitgewirkt, die in 3.000 Konzerten, Workshops, Vermittlungsveranstaltungen und Schulprojekten weit über 300.000 Besucher für die Kunstmusik der Moderne und der Gegenwart begeistern konnte. Sie alle und auch die SWR Klangkörper haben damit einen erfolgreichen und nachhaltigen Impuls nicht nur für die Neue Musik setzen können, sondern für das Musikleben in Deutschland überhaupt. Zwölf der fünfzehn Netzwerkprojekte werden ihre Arbeit fortsetzen und ausweiten, die überwiegenden Mehrheit von ihnen mit neuen privaten wie öffentlichen Mitteln. – Die Abschlussdokumentation über das Netzwerk Neue Musik, Förderprojekt der Kulturstiftung des Bundes gestatte ich mir Ihnen beizulegen. –

Vor allem das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden – Freiburg, aber auch die Deutsche Radiophilharmonie Saarbrücken – Kaiserslautern sowie das SWR Vokalensemble haben in ihrer Region und in ihrem Sendegebiet dabei, mehr als zuvor, maßstabsetzende Projekte durchgeführt, die vor allem dem jüngeren Publikum die Teilhabe an musikalischer Hochkultur ermöglichten, ja durchweg Begeisterung für diese entfachen konnten. Die SWR Klangkörper haben dabei kulturelle Bildung mit einem Höchstmaß an künstlerischer Qualität verbinden können, und darüber hinaus haben sie intensiv Hörerbindung betrieben und ihren Kulturauftrag beispielhaft erfüllt – live ebenso wie „on the air“.

Auch wenn der Rundfunkstaatsvertrag den Kulturauftrag leider sehr allgemein umschreibt als die Verpflichtung der Sender, „Beiträge insbesondere zur Kultur“ anzubieten, so sind es laut EU-Rechtsprechung eben diese Beiträge zur Kultur, die in Europa den deutschen Sonderfall des gebührenfinanzierten Rundfunks überhaupt erst rechtfertigen (Amsterdamer Protokolle, 1997). Hier, in der Kernkompetenz Kultur, und nicht bei Optimierungsplänen, an jeder Unternehmensberatungs-Ecke wohlfeilgeboten, finden Sie, sehr geehrter Herr Intendant, die besseren Argumente für eine Zukunft der Rundfunkklangkörper, und sicher auch bessere Argumente der KEF gegenüber. Und Sie hätten dabei das Recht auf Ihrer Seite!

Auf jeden Fall hätten Sie auf Ihrer Seite die herausragende und mehrfach bewiesene Kompetenz von Hunderten von Musikern und Mitarbeitern Ihrer Klangkörper, wenn es darum geht, den weltweit einmaligen kulturellen und künstlerischen Wert dieser Ensembles in einen neuen Mehrwert für den Rundfunk zu verwandeln.

Dessen Zukunft beruht vor allem im Zeitalter der Digitalisierung und globalen Verfügbarkeit nahezu sämtlicher Inhalte auf der breiten und vielfältigen Wahrnehmung gerade der unverwechselbaren Qualitäten. Diese haben Sie im SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg ebenso wie in den übrigen SWR Klangkörpern in Hülle und Fülle für alle realen und denkbaren Formen der „Übermittlung“ von Musik. Wenn Sie sie erst richtig entdecken, wozu ich Sie ganz herzlich animieren möchte, werden Sie erleben, was „alles geht“ mit ihnen. Ohne sie und wie sie jeweils sind geht nichts.

Mit den besten Grüßen

Bojan Budisavljević
Künstlerischer Leiter / Vorstand

Berlin, den 08.03.2012