Kleeblatt ist studierte Betriebswirtin. Sie berät Kulturinstitutionen und hat vor einigen Jahren das spartenübergreifende „Faust“-Festival organisiert, das für seinen partizipativen Ansatz mit einem europäischen Kulturpreis ausgezeichnet wurde. Gemeinsam mit Markus Michalke aus dem Stiftungsrat der Pinakothek der Moderne spricht sie für diese Initiative, die sich im November 2022 aus anfangs 16 Freundeskreisen staatlicher und kommunaler Theater, Orchester und Museen bildete. Der Schwerpunkt lag anfangs in München, mittlerweile hat die Initiative bayernweit 30 Mitglieder, hinter der rund 15 000 ehrenamtlich engagierte Bürger stehen.
Auslöser für die Gründung der Initiative war, so erzählt Kleeblatt, eine Digital Lecture zum Thema „Öffentliche Räume in Kulturbauten der Zukunft“. Sie wurde im Herbst 2021 von ihr gemeinsam mit fünf Opernhäusern aus dem deutschsprachigen Raum veranstaltet. Das Thema ist bayernweit hochaktuell: Weil Kommunen und der Freistaat die Debatten und Kosten scheuen, haben sich im vergangenen Jahrzehnt zahllose Sanierungen angestaut, deren Baukosten immer weiter steigen, während die Mittel knapper werden.
Der Münchner Gasteig, das Haus der Kunst und das Deutsche Museum bilden die Spitze des Eisbergs, sein geblähter Bauch besteht aus mehreren Pinakotheken, dem Biotopia-Projekt, dem Residenz- und Nationaltheater sowie dem Staatstheater Nürnberg. Und das sind nur die großen Namen, auch kleinere Museen sind nicht wirklich zukunftsfest.
Der Sanierungsstau ist Auslöser der Initiative, aber nicht ihr Kernanliegen. Mit der Investition in Beton und Ziegel soll sich eine kulturpolitische Vision verbinden, die der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts gerecht wird, die weniger kanonisch vorgebildet, diverser und pluralistischer ist. Damit trifft sie sich mit Bayerns Kunstminister Markus Blume, der zuletzt auch eine inhaltliche Weiterentwicklung, Digitalisierung und Öffnung von den staatlichen Theatern und Museen gefordert hat. Blume stellte zuletzt im Landtag und kurz danach auch bei einer Veranstaltung der Initiative seine „Kulturkaskade“ vor, ein zeitlich abgestimmtes Sanierungsprogramm für Münchens Kulturbauten vom Residenztheater über die Musikhochschule bis zum Nationaltheater.
Die Initiative begrüßt diese Sanierungen. Aber Michalke betont auch: „Es kann nicht sein, dass man in der Neuen Pinakothek die Haustechnik erneuert und das Haus sonst auf dem Stand der 1980er-Jahre lässt. Wir brauchen eine übergeordnete Vision zum kulturellen Angebot in Bayern, die Handlungsfelder definiert und daraus Strategien ableitet.“ Dafür fehlen teilweise Zahlen und Daten, und die Institutionen wirken in dieser Hinsicht oft konservativer als ihre Freundeskreise.
Wie die Verbindung aus baulicher und inhaltlicher Modernisierung aussehen könnte, erläutert Anna Kleeblatt am Beispiel des Nationaltheaters: „Es sollte zu einem Ort werden, den auch Menschen lieben, denen Oper eher fremd ist.“ Dafür müsste das Haus auch außerhalb des abendlichen Spielbetriebs zugänglich sein – etwa über eine ständig geöffnete Gastronomie. „Ideal wäre ein Gesamtkonzept, das auch das benachbarte Residenztheater, die Residenz und den Herkulessaal miteinschließt“, so Kleeblatt.