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Deutschlands Musiklandschaft weltweit hörbar

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Es geht um Völkerverständigung: Über das Musikprogramm im Auslandsrundfunk Deutsche Welle
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Der Gesetzgeber hat der Deutschen Welle die Rolle eines „Auslandrundfunk“ zugedacht, der aller Welt mittels zahlreicher Hörfunk- und seit 1992 auch Fernsehprogramme (DW-tv aus Berlin und Köln) ein „umfassendes Bild des politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebens in Deutschland“ vermitteln soll. Die Verantwortlichen wollen den öffentlich-rechtlichen Informationssender vor allem als einen Beitrag zur Völkerverständigung und internationalen Kommunikation verstanden wissen. Rund 1.800 Mitarbeiter aus 75 Nationen arbeiten an Programmen, die insbesondere die „an Deutschland interessierten Meinungsführer im Ausland“ ansprechen sollen. Es ist einigermaßen erstaun-lich, daß eine derart aufwendige Institution wie die Deutsche Welle im Inland nur eine sehr geringe öffentliche Aufmerksamkeit genießt. Lediglich die Diskussion um den Umzug des kölner Senders in den gefluteten „Schürmann-Bau“ im Bonner Regierungsviertel brachte die DW gelegentlich in die Schlagzeilen. Dabei wird seit 1953 eine quantitativ und qualitativ äußerst bemerkenswerte Rundfunkarbeit geleistet, die im Ausland auf breite Resonanz stößt. Vergleichbar BBC oder Voice of America erfüllt die Deutsche Welle als ARD-Anstalt und Einrichtung des Bundes eine internationale Botschafterfunktion. Mit Programmen in Deutsch und 38 Fremdsprachen liefert DW radio täglich Informationen aus Politik, Kultur und Wirtschaft, die über Kurzwelle und in bester Tonqualität über ein weltumspannendes Satellitennetz auf allen Kontinenten zu empfagen sind – im pazifischen Raum ebenso wie in Afrika oder im europäischen Ausland. Das ist ein Sendevolumen von 90 Stunden täglich. Den Kern bildet das Deutsche Hauptprogramm, das im Acht-Stunden-Rhythmus in alle Regionen der Welt ausgestrahlt wird. Es besteht aus Nachrichten, aktuellen Magazinen, Wirtschafts-, Sport- und Kultursendungen. Daneben sorgen die Fremdsprachenprogramme für den konkreten Brückenschlag beispielsweise nach China oder Mittelamerika. Rund 500 Redakteure sind hier neben ihrer eigenen selbständigen Redaktionsarbeit damit befaßt, Manuskripte nicht nur wörtlich zu übersetzen, sondern deren Inhalte auch für den anzusprechenden Kulturraum zu adaptieren. Eine weitere wichtige Rolle bei der Programmverbreitung spielt das sogenannte „Rebroadcasting“, bei dem Programme direkt von Sendern anderer Länder übernommen und ausgestrahlt werden. Bei der Präsentation eines Landes und besonders seiner Kultur nimmt selbstredend die Musik eine sehr wichtige Position ein. Die Deutsche Welle strahlt als Informationssender keine reinen Musikschienen aus, sondern konzentriert sich auf die journalistische Aufarbeitung musikalischer Erscheinungen und ihrer Hintergründe. Zentrale Aufgabe ist die Darstellung des Musiklebens in Deutschland. Nun könnte – gerade auch im Musikbereich – der Eindruck entstehen, hier werde auf radiophoner Ebene das weitergeführt, was zahllose Touristen auf Mallorka bereits munter begonnen haben: die „Verdeutschung“ auch entferntester Regionen der Erde. Die Deutschen brächten demnach nicht nur das oft zitierte Eisbein mit Sauerkraut ins Land, sondern auch das eigene Radio- und Fernsehprogramm, die eigene Sprache und Musik. Was passiert in Deutschland? Diesem nationalen Denken widerspricht Dr. Gero Schließ (Leitung Deutsches Programm, Musik) im Gespräch ganz entschieden. Er unterstreicht vor allem den völkerverständigenden Charakter der DW-Programme: „Es geht niemals um Deutsches an sich, sondern um das, was in Deutschland passiert. Und das ist ja gerade im Musikleben ungemein international, so daß wir da also niemals das Problem haben, chauvinistisch oder nationalistisch zu wirken.“ Tatsächlich stoßen gerade Musiksendungen in bestimmten Regionen auf eine sehr positive Resonanz – so in Nordamerika oder China. „Für viele Hörer gerade in Nordamerika ist das Faszinierende an Deutschland die kulturelle Tradition“, erklärt Gero Schließ dieses Phänomen. Neben der sicher auch zu vermutenden sentimentalen Komponente, die besonders amerikanische Touristen ins gemütliche Hofbräuhaus nach München oder in die engen Gassen von Heidelberg lockt, stecke dahinter ein echtes Interesse an der Musiklandschaft Deutschland, stellt Schließ fest. Deutsche Musiklandschaft Das mag vor allem an der räumlichen Dichte kultureller Einrichtungen und an der Betonung der föderalen und regionalen Strukturen in der Bundesrepublik liegen. So finden vor allem Berichte über Ereignisse wie die Bayreuther Festspiele breite Resonanz: „Gerade vor solchen traditionsreichen Festspielen stehen viele Amerikaner sehr ehrfürchtig, weil das etwas ist, was sie in diesen Ländern nicht haben, was es nur bei uns gibt.“ Vor allem auch die „Transkriptionsprogramme“, die in verschiedenen Sprachen produziert und per Tonband und Satellit an über 1.000 Partnerstationen weltweit verschickt und dann vor Ort lokal gesendet werden, sorgen beispielsweise in China oder den USA für ein Millionen-Publikum. Den Rahmen für die Berichterstattung im Deutschen Hauptprogramm bilden wochentags die Sendungen „Klassik und mehr“ und „Szene“. Es handelt sich um eine heterogene Mischung aller Musikfarben – Klassik, Jazz, Schlager, Pop und Rock. Dennoch wird auch bei der Deutschen Welle die längst überholte Splittung in die berühmten Buchstaben „E“ und „U“ unterschwellig gepflegt, obwohl Gero Schließ von Sendern anderer Länder weiß, daß das dort „nicht so stark ausgeprägt ist wie bei uns.“ In einer knappen halben Stunde stellt zum Beispiel das tägliche Magazin „Klassik und mehr“ das vor, was die musikalische Landschaft prägt: aktuelle Premieren, Uraufführungen und Festivals, Tendenzen der musikalischen Ausbildungssituation und der Musikpolitik, bekannte Interpreten und Nachwuchskünstler und neue CD-Einspielungen. Dabei sollen nicht nur internationale Mega-Produktionen im Mittelpunkt stehen, sondern gerade auch ausgefallenere Aufnahmen kleinerer Labels Berücksichtigung finden. Generell möchte man nicht nur der sogenannten Hochkultur ein Forum bieten, sondern auch musikalische Randbereiche und kontrovers diskutierte Themen abdecken. Es bleibt jedoch auch hier oftmals bei der Orientierung an altbewährten Bestandteilen: Wenn „unbekanntes Repertoire“ entdeckt wird, so stammt es doch wenigstens von einem „bekannten Komponisten“, wie etwa die Jugendkantaten von Ludwig van Beethoven. Zeitgenössisches und Experimentelles findet zwar auch Beachtung, allerdings in einigen Programmteilen „nicht oft genug“, wie Gero Schließ einräumt. („Klassik und mehr“ wird montags bis freitags um 11.36 Uhr gesendet.) Eine andere Sendung, „Szene“, widment sich den Bereichen Rock, Pop und Jazz. Hier wird auf internationale „Events“ und Tourneen hingewiesen und es werden Interpreten und Bands vorgestellt. Ein Segment der Sendung ist der deutschen Rock- und Popszene vorbehalten: „Wir stellen dort ausschließlich deutsche Gruppen vor. Ich halte das für wichtig, weil die auf dem internationalen Markt nach wie vor Probleme haben. Bei uns haben die eine Plattform.“ Als weiterer Schwerpunkt der Sendung wird außerdem die sogenannte „Weltmusik“ in all ihrer Vielschichtigkeit präsentiert. („Szene“: montags bis freitags um 8.34 Uhr.) Vielfältige Aufgaben Obschon die Deutsche Welle nicht wie andere ARD-Anstalten über eigene Klangkörper verfügt, tritt der Sender auch als Initiator oder Förderer von Musikveranstaltungen auf. So gibt es Konzerte im Sendesaal und in der Zeit vom 15.11. bis zum 13.12.1997 ein großes Schubert-Projekt in Köln, Brüssel, Amsterdam, Ljubljana, Helsinki und Tallinn. Außerdem wurde 1996 der „World Music Award Europe“ als gemeinsame Einrichtung der DW und der Europäischen Rundfunkunion ins Leben gerufen, um solche Hörfunksendungen auszuzeichnen, die durch „Inhalt, Kreativität und technische Qualität geeignet sind, Weltmusik bekannt zu machen.“ Es bleibt angesichts solcher Projekte unverständlich, warum seitens der Deutschen Welle keine offensivere Öffentlichkeitsarbeit auch im Inland betrieben wird. Letztlich wäre ebenso ein stärkeres Engagement in dieser Richtung von politischer Seite wünschenswert – immerhin wird die Deutsche Welle nicht aus Rundfunkgebühren, sondern mit Steuergeldern finanziert. Empfang DW: Kurzwelle (49 m Band 6075 khz), Satellit (Eutelsat II-F1 7’38/7’56 Mhz und Astra 1A 7’38/7’56 Mhz).

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