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Die Gasteig-Sanierung: Hochfliegende Träume und reale Debatten. Foto: Gasteig GmbH
Die Gasteig-Sanierung: Hochfliegende Träume und reale Debatten. Foto: Gasteig GmbH
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Die Gasteig-Sanierung: Hochfliegende Träume und reale Debatten

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München - Für Münchner ist der Gasteig eine feste Größe: Sie leihen Bücher aus, besuchen Konzerte oder belegen Volkshochschulkurse. Auswärtige Gäste kennen meist nur die Philharmonie. Das will der Gasteig-Chef ändern. Für seine hochfliegenden Pläne hat er nun grünes Licht bekommen.

Geht es nach Gasteig-Chef Max Wagner, könnte das Münchner Kulturzentrum eines Tages ähnlich bekannt sein wie das Centre Georges-Pompidou in Paris oder das Londoner Barbican Centre. Ein Ort, an dem sich Menschen treffen, Theater, Konzerte und Vorträge besuchen, in der Bibliothek schmökern, musizieren oder lernen. Und als Höhepunkt das Restaurant auf dem Dach des trutzigen Klinkerbaus, der mit markanten Glasfassaden über der Isar aufragt. Tatsächlich ist der 48-Jährige seinem Traum ein Stück näher gekommen. Der Stadtrat der bayerischen Landeshauptstadt beschloss am Mittwoch mit nur einer Gegenstimme, die Generalsanierung des mehr als 30 Jahre alten Hauses in Angriff zu nehmen, in dem auch die Münchner Philharmoniker ihre Spielstätte haben. 

Für die Planungen und andere Vorarbeiten bewilligte das Gremium rund 14 Millionen Euro. Bis zu 450 Millionen Euro soll die in 25 Projekte unterteilte Baumaßnahme nach jetzigem Stand kosten. Kernstück ist die Philharmonie, die mit rund 137 Millionen zu Buche schlägt. Hier soll vor allem die Akustik verbessert werden - ein stetes Ärgernis für viele berühmte Dirigenten und Musiker. Besonders schlecht sei die Klangqualität am Dirigentenpult, hatte der Akustik-Experte Yasuhisa Toyota festgestellt. Reflektoren und veränderte Brüstungen sollen Abhilfe schaffen. Auch die Stadtbibliothek, der Carl-Orff-Saal und die Foyers will Wagner modernisieren, ebenso wie die in die Jahre gekommene Technik und die unzähligen Leitungen, die das Gebäude durchziehen. In zwei, drei Jahren könnte es losgehen.

Dass Wagner den Gasteig entstauben und zum Strahlen bringen will, wie er selbst sagt, findet Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) gut. «Der Gasteig ist Europas größtes Kulturzentrum», erklärt er und verweist auf knapp zwei Millionen Besucher im Jahr. Ob die Pläne des Gasteig-Chefs jedoch wirklich alle umgesetzt werden, wird sich zeigen. Denn zuvor will sich der Stadtrat noch mal intensiv mit den Kosten befassen. Jedes der 25 Gewerke werde man sich anschauen und finanziell bewerten, sagte Reiter. Denn eines soll es in München nicht geben: Eine Kostenexplosion wie bei der Elbphilharmonie in Hamburg. «Wir wollen einen Kostendeckel beschließen», erklärte Reiter am Rande der Stadtratssitzung.

Dennoch waren alle begeistert, allen voran Wagner. «Das ist ein historischer Tag für Kultur und Bildung in München», schwärmte er. «Das gibt Schwung für die kommenden Schritte.» Einer stimmte zu, übte aber dennoch Kritik: Wolfgang Heubisch (FDP). Als er 2013 noch Kunstminister in Bayern war, hatte ihm in der Debatte um einen neuen Konzertsaal ein Neubau neben dem Deutschen Museum vorgeschwebt, eine futuristische Isar-Philharmonie. Ein Plan, der ihm wohl immer noch gefällt. Es sei nicht ausreichend geprüft worden, ob ein Neubau des Gasteigs nicht kostengünstiger wäre, monierte er. 

Unzufrieden ist Heubisch auch mit den Plänen, während der mehrjährigen Sanierung für die Philharmoniker als Ausweichspielstätte einen Holzsaal zu bauen, der bis zu 40 Millionen Euro kosten könnte. «Das können wir den Bürgern in München nicht mehr erklären, dass wir für eine 5-jährige Bauzeit 40 Millionen investieren», befand Heubisch. Und dann auch noch am östlichen Stadtrand in München-Riem. Einen Boykott der Konzertveranstalter müsse man in dieser Lage befürchten, prophezeite er. 

Gasteig-Chef Wagner bleibt gelassen. Er rechnet fest damit, den Holzbau später wieder verkaufen zu können. «Dadurch kann ein guter Teil der Kosten wieder herein kommen.» Doch Kosten hin oder her: Zu lange sollte das Provisorium nicht herhalten müssen, hatte kürzlich der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev, gemahnt. «Wir werden einen Weg finden, drei Spielzeiten durchzustehen.» Wenn das Orchester aber fünf oder sechs Jahre lang ausweichen müsse, werde es schwierig. 

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