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Titelseite der nmz 2014/03.
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Die Kulturflatrate haben wir schon längst

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Glück und Unglück mit Musikstreaming-Angeboten im Internet
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Da wird seit vielen Jahren über eine so genannte „Kulturflatrate“ im Internet nachgedacht, auf politischer Ebene darüber diskutiert. Der Deutsche Musikrat wehrte sich in seinem „3. Berliner Appell“ vom November 2010 gegen deren Einführung, unter anderem mit dem Argument, dass damit die Werthaltigkeit von kreativen Leistungen implizit abgelehnt werde. Zuvor hatte sie auch der Bundesverband der Musikindustrie mit ähnlichen Argumenten abgelehnt. Von der Politik ist nichts zu hoffen, eine Kulturflatrate von Staats wegen ist tot. Für Privatunternehmen hingegen scheint sich eine Musikflatrate als attraktiv zu erweisen: Musikstreaming boomt.

Musikflatrate heißt, dass man für einen bestimmten Betrag, der in der Regel monatlich zu leisten ist, den Zugriff auf eine Musikbibliothek erhält, deren Inhalte man wann immer man will anhören kann. Oder man nutzt die durch Werbung finanzierten Angebote und kommt dann kostenlos an die Musik – allerdings mit gewissen Einschränkungen. Die Musik wird gestreamt, das heißt sie wird nicht mehr „Eigentum“ und Dauerbesitz des Hörers, etwa wie bei einer Platten- oder CD-Sammlung. Man hört was man will, wann man will und gut ist es, vorausgesetzt, man hat einen Zugang zur Musikbibliothek, in der Regel also zum Internet. In Einzelfällen und gegen Zusatzgebühren kann man die Musik aber auch für die Offline-Nutzung zwischenspeichern.

Die Nutzer

Die Anbieter hören auf Namen wie Spotify, Deezer, Simfy, Rhapsody oder Music unlimited, insgesamt sind zirka 20 Streamingdienste in Deutschland verfügbar. Häufig sind in Smartphoneverträgen entsprechende Zusatzleis-tungen buchbar. Eigentlich eine tolle Sache: Eine seltene Opernaufnahme, über die man sich informieren will, hört man sich einfach mal an, muss keine CD für mehrere Euro eigens erwerben, um dann festzustellen, dass Komposition oder Interpretation vielleicht doch nicht den Erwartungen entsprechen. Man kann Interpretationsvergleiche starten – und dann am Ende vielleicht doch auch die Musik für die eigene Bibliothek im Schrank erwerben. Die Musikbibliotheken sind mittlerweile bei den großen Anbietern mit 20 bis 30 Millionen Titel gefüllt! Als wir uns des Themas vor gut zehn Jahren in der nmz annahmen, lag die Größe noch bei unter einer Million Titel. Damals schien das Angebot im Vergleich zum physischen Besitz nicht so interessant. Die Flüchtigkeit von Musik beim Streaming wird heute aber als weniger schlimm empfunden: Weltweit hat „Spotify“ 18 Millionen Nutzer und etwa sechs Millionen Abonnenten, „Deezer“ 20 Millionen und fünf Millionen Abonnenten und der Wachstumsprozess ist noch nicht abgeschlossen.

Ein Weiteres kommt hinzu: Diese Plattformen sind rechtlich einwandfrei konstruiert. Niemand, der eine solche Musikflatrate nutzt, muss Abmahnungen oder staatsanwaltliche Ermittlungen fürchten. Die Bibliotheken sind lizenziert, entsprechende Verträge mit Verwertungsgesellschaften sind geschlossen worden. Die Plattenfirmen, die ihr Repertoire zur Verfügung stellen, sind offenbar ganz zufrieden: Immer stärker kompensieren die Verkäufe aus dem digitalen Sektor die Verluste auf dem Markt der physischen Produkte.

Die Urheber

Könnte alles so schön sein. Insbesondere aber die Künstler selbst sind offenbar mit den Diensten nicht ganz glücklich. Bands wie „Die Ärzte“, „Die toten Hosen“ oder „Radiohead“ stellen ihr Repertoire Spotify nicht oder nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Andere Künstler wie „Coldplay“, „Adele“ oder die „Red Hot Chili Peppers“ hatten dem Dienst den Rücken gekehrt, sind aber wieder dabei.

Der Komponist, GEMA-Aufsichtsratsvorsitzende und Komponistenverbands-Präsident Enjott Schneider hat in einem Gast-Beitrag im „Bad Blog Of Musick“ die Situation als nicht zufriedenstellend für die Urheber dargestellt: „Zum Glück – so können wir aus Autorensicht als die finanziell Benachteiligten der Online- und Streamingpraxis sagen – gibt es noch Hemmnisse einer radikalen Ausbreitung des Streamings.“ Und weiter: „Glasklar ist zu sehen: eine Musik- und Filmkultur, die auf dem Prinzip des Streamings basiert, kommt unweigerlich in den Strudel einer Abwärtsspirale der Vergütung.“ Schneider hat mit seiner Kritik im Blick, dass pro angehörtem Stream nur Weniges an die Urheber ausgeschüttet wird. Mehrere Millionen Stream-Abrufe seien nötig, so Schneider, damit eine Summe zur Ausschüttung käme, die einen Jahres-Mindestlohn garantiere.

Das ist richtig. Zugleich ist aber auch richtig, dass die Höhe der Lizenzgebühren zwischen den Anbietern und den Verwertungsgesellschaften rechtmäßig ausgehandelt worden ist. Der Vorwurf wäre also nicht gegen die Dienstanbieter selbst zu richten, sondern müsste vor allem einerseits an die Verwertungsgesellschaften gehen, die offenbar schlecht verhandelt haben und sich andererseits gegen die Plattenfirmen richten, die nicht mehr vom Kuchen abgeben wollen. Das Prinzip ist ja anders als etwa bei den Senderechten im Rundfunk. Ob auf BR-Klassik ein Zuhörer dabei ist oder derer Tausende, spielt keine Rolle für die Höhe der Ausschüttung. Ebenso wie bei der CD, die sich jemand nie oder hunderte Male anhört. Auch diese Berechnungsweise könnte man als ungerecht empfinden.

Man muss sich da nichts vormachen: Geschäft ist Geschäft – in einer Marktwirtschaft handeln die Gruppen ihre Ansprüche gegeneinander unter sich aus. Entweder kommt ein Geschäft zustande oder eben nicht. Aber der Rahmen für den Markt ist immer die Gesellschaft selbst. Nur wenn diese sich als kulturell aktiver Teil versteht, wird sie ihre „Meister“ schätzen und schützen: Vor Ausbeutung und Zwang – und vor Manipulation durch Verdummung. Das aber ist ein anderer Schauplatz, wenn auch freilich genau der Acker, auf dem Kultur überhaupt gedeiht.

Enjott Schneider im Bad Blog Of Musick:

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