Eine Strukturreform seiner Orchester hat Rheinland-Pfalz bereits hinter sich. Sie wurde angestoßen unter dem damaligen Minister für Wissenschaft und Kultur Jürgen Zöllner. Die Ausgangslage war hier ebenfalls akuter Finanzmangel, denn ab November 2002 mussten zur Konsolidierung des Landeshaushalts auch Kulturausgaben eingespart werden. Eine ursprüngliche Idee Zöllners war, die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und das Philharmonische Orchester des Staatstheaters in Mainz zu fusionieren.
Nach streitbarer wie konstruktiver Debatte nahm der versöhnliche Minister davon aber im Oktober 2003 bereits wieder Abstand. Am 19. Januar 2004 wurde eine via Hausvertrag geregelte Übereinkunft getroffen, nach der die drei Staatsklangkörper – Philharmonisches Orchester der Staatstheater GmbH in Mainz, Staatsorchester Rheinische Philharmonie in Koblenz und Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen – jeweils einige Planstellen verloren und zur so genannten „Inneren Kooperation“ verpflichtet wurden, das heißt personelle Ressourcen werden untereinander genutzt. Bevor also ein Probe- oder Konzertdienst mit einem externen Musiker besetzt wird und damit den Aushilfeetat belasten würde, wird in den jeweils anderen beiden Orchestern nach Kooperationsdiensten angefragt. Diese Orchesterstrukturreform hatte auch ihre Kritiker. Von mancher Musikerseite aus wurde die Kooperation mitunter weniger als neues Miteinander sondern vielmehr als verordneter Zwang empfunden. Andere Kritiker sahen in jener „Inneren Kooperation“ die kulturpolitisch kleine Lösung, denn eine richtige Fusion hätte zwar Stellenabbau bedeutet, den neuen zusammengeführten Klangkörper aber groß und stark gemacht. So aber führte es in den Folgejahren dazu, dass die Orchester alle drei nicht auskömmlich ausgestattet waren.
Im Rückblick kann man es so interpretieren und so sieht es auch Michael Kaufmann, der 2011 Intendant der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz wurde. Da war der Klarinettist und Dirigent Karl-Heinz Steffens bereits zwei Jahre Generalmusikdirektor in Ludwigshafen, erfolgreich, geliebt, mit Zukunftsideen für die Repertoire-Erweiterung und tatsächlich erhielt das Orchester später zwei Mal den „Echo“ und andere Preise, erntete große Anerkennung für den Richard-Wagner-Ring im Ludwigshafener Pfalzbau-Theater. So viel Kunst braucht gutes Management. Tatendurstig machte sich Kaufmann an die Arbeit, musste jedoch nach und nach erkennen, dass die öffentliche Hand ihm – auch auf Fragen, Bitten, Drängen – schmerzhaft spürbare Grenzen setzt. Kaufmann sah Mängel in Struktur und Ausstattung des Orchesters. Der GMD auch, weshalb Steffens seinen Vertrag nicht mehr verlängerte und das Orchester Ende dieser Spielzeit 2017/18 verlassen wird. Von Seiten der Landesregierung (Kulturminister Konrad Wolf, SPD) heißt es in dieser Frage bis heute: „Aus Sicht des Ministeriums ist die finanzielle Ausstattung des Orchesters in Bezug auf seine zu erfüllenden Aufgaben auskömmlich.“
Kaufmann war ideenreich. Er dachte laut nach über eine Fusion seines Orchesters mit dem Kurpfälzischen Kammerorchester Mannheim, das zu Teilen von Rheinland-Pfalz mit finanziert wird. Unter einer Art Dachmarke hätten ebenfalls Kooperationen einen effizienteren Betrieb ermöglicht, so Kaufmanns Idee, die auf Mannheimer Seite aber kein Interesse fand.
Von außen betrachtet sind die Bedingungen eigentlich gut: Einerseits wurde im Rahmen der Haushaltsaufstellung des Landes der 2017- und 2018-Etat für das Orchester im März diesen Jahres verabschiedet. In beiden Haushaltsjahren wurde der Zuschuss für die Staatsphilharmonie um die Beträge der Tarifsteigerungen für alle Beschäftigten erhöht, so dass die letzte Tariferhöhung für die Orchestermusiker ganz normal zum 1. Januar 2017 übernommen wurde. Andererseits hat Intendant Kaufmann seinen Etat nie überzogen, der Landesbetrieb Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz war zu keiner Zeit zahlungsunfähig. „Es waren stets ausreichende Mittel zur Deckung aller Kosten vorhanden“, heißt es aus dem Ministerium. Kaufmann aber sagt, dass das Orchester mit dieser Struktur und Ausstattung nicht „zukunftsfähig“ sei, „wenn das künstlerische Niveau und die Vermarktungsfähigkeit des Orchesters gehalten werden“ soll. Weit über Ludwigshafens Stadtgrenzen hinaus wirkend, innerhalb der Metropolregion RheinNeckar mit internationaler Strahlkraft, so wünschte sich Kaufmann das Orchester.
Um dies zu prüfen und um sich überhaupt darüber klar zu werden, was Status Quo und Möglichkeiten der Staatsphilharmonie seien, beauftragte das Ministerium im April 2017 die Unternehmensberatung Metrum. Kaufmann wusste das, war zum Teil in Analysegespräche eingebunden. „Es wurde von mir ausdrücklich begrüßt, dass es diese Beauftragung einer externen Beratung gab!“ Kaufmann vertraut der Professionalität von Metrum. Darüber hinaus muss jedoch etwas emotional Überspanntes geschehen sein. Denn am 29. Mai 2017 teilte er mit, dass er seinen Vertrag über die Spielzeit 2017/18 nicht mehr verlängern wird.
Nun bestand beim Ministerium „unverzüglicher Handlungsbedarf“ und am 21. Juni 2017 wurde Metrum zusätzlich beauftragt, einen Intendanten zu suchen. Wobei: Sowas wird unter den Profis fachmännisch anders formuliert: „Der Fokus des Auftrags lag insbesondere auf der Erschließung und Sondierung des für die Position des Intendanten der Deutschen Staatsphilharmonie vorhandenen Marktes.“ Metrum ist nicht in die Suche nach einer Chefdirigentin oder einem Chefdirigenten einbezogen.
Der Bericht von Metrum liegt noch nicht vor. Er wird in den nächsten Wochen fertig gestellt und danach öffentlich gemacht. Dazu ist das Ministerium nach Landeskonferenzgesetz verpflichtet.
Welche Rolle also spielt nun Metrum? Kaufmann kennt Peter Gartiser seit fast zwanzig Jahren, wobei er nie unmittelbar in einem Beauftragungs- oder Prüfungsverhältnis mit Metrum stand. Kaufmann: „Weder habe ich Metrum selbst mal beauftragt, noch war ich irgendwo involviert, wo von der jeweiligen Trägerseite beauftragt worden wäre.“ Seitens des Ministeriums hingegen gab es eine geschäftliche Beziehung vor 2017: „Es wurde ein vergleichendes Gutachten zur Einkommenshöhe von Intendanten bei Sinfonieorchestern bei der Metrum-Managementberatung eingeholt“, heißt es dort. Der im April 2017 an Metrum erteilte Auftrag entsprach laut Ministerium einer so genannten „freihändigen Vergabe“, das heißt: Die angeforderte Beratungsleistung wird nach Vergabeordnung für freiberufliche Tätigkeiten gewertet. Die Aufforderung, im Rahmen einer Freihändigen Vergabe ein Angebot abzugeben, muss nicht öffentlich erfolgen. Umsichtige und einsatzbereite Berater haben hier deshalb die Nase vorn.