Und was heißt denn, dass die Rockbeauftragten nicht demokratisch gewählt seien? Wenn diese Stellen bei einer kommunalen oder Landesbehörde angesiedelt sind, dann unterliegen diese eigenen Ausschreibungs- und Besetzungskriterien. Bayern ging hier als Novum sogar einen extrem vorbildlichen Weg – um im „demokratischen Sinne“ des DRMV zu sprechen. Dort hat man die Stelle eines Rockbeauftragten nicht bei einer Behörde oder dem Landesmusikrat angesiedelt. Nein, man hatte Vertrauen genug in den Landesdachverband der Musikinitiativen (ABMI e.V.). Dieser erhält die Mittel stellengebunden für den Landesgeschäftsführer und Bayerischen Rockintendanten. Die Kontrolle erfolgt über den jährlichen Verwendungsnachweis.
Gehört nun eine satte Portion Mut oder nur scheinbar bodenlose Dummheit dazu, aus öffentlichen Geldern finanzierte Rockbeauftragte gleichzusetzen mit den Funktionären der diktatorischen Systeme in der ehemaligen DDR und UdSSR? Wirft Herrn Seelenmeyer damit nicht auch die aus staatlichen Mitteln finanzierten Hauptamtlichen anderer Verbände jedweder Musiksparten – von Chorvereinigungen bis zum Deutschen Musikrat – sowie diejenigen in den Ministerien und Behörden, die diese Stellen geschaffen haben und finanziell speisen, in einen unsäglichen Topf voller ideologischer Sülze? Und was heißt denn, dass die Rockbeauftragten nicht demokratisch gewählt seien? Wenn diese Stellen bei einer kommunalen oder Landesbehörde angesiedelt sind, dann unterliegen diese eigenen Ausschreibungs- und Besetzungskriterien. Bayern ging hier als Novum sogar einen extrem vorbildlichen Weg – um im „demokratischen Sinne“ des DRMV zu sprechen. Dort hat man die Stelle eines Rockbeauftragten nicht bei einer Behörde oder dem Landesmusikrat angesiedelt. Nein, man hatte Vertrauen genug in den Landesdachverband der Musikinitiativen (ABMI e.V.). Dieser erhält die Mittel stellengebunden für den Landesgeschäftsführer und Bayerischen Rockintendanten. Die Kontrolle erfolgt über den jährlichen Verwendungsnachweis.Netzwerkknoten für alle
Die Bewerber für diese Stelle des Bayerischen Rockintendanten stellten sich im Herbst 1991 in Rosenheim mit ihren Konzepten den Fragen der Landesversammlung der Musikinitiativen. Erst danach erfolgt durch die ABMI die Vergabe der Stelle. Ist das nicht jener demokratische Findungsprozess den Herr Seelenmeyer fordert?
Stichwort Finanzierung der Rockbeauftragten durch die Musiker/-innen! Ausholend sei hier auch gleich das Prinzip der B.A.ROCK-Finanzierung (Bundesarbeitsgemeinschaft der Musikinitiativen) nochmals erläutert. Es ist die Philosophie der B.A.ROCK, dass das Geld der Musiker dort verbleiben soll, wo es in eigenen Veranstaltungen (Festivals, Workshops etc.) am meisten Nutzen für die Musiker bringt: an der Basis. Fakt ist auch, dass die Unterstützung der örtlichen Rockmusikvereine/-initiativen durch die Kommunen in den letzten Jahren massiv gekürzt wurden. Einem Nackten kann und will die B.A.ROCK nicht in die Taschen greifen. Analog verhält es sich auf Landes- und Bundesebene.
Die Philosophie der „Bayerischen Rockintendanz“ unterscheidet sich vom DRMV noch in anderer Weise eklatant. Aufgabe des Rockintendanten ist es auch, Gelder zu akquirieren und in die Szenen hineinzupumpen – anstatt von diesen Geldern abzuziehen! So konnten durch Sponsorenaktionen alleine in Bayern binnen vier Jahren 775.575 Mark aus der Wirtschaft für lokale Auftrittsmöglichkeiten von Bands erwirtschaftet und an die Szenen weiter gereicht werden. Geld, das die öffentliche Hand nicht oder nicht mehr bereitstellen konnte. So wird Infrastruktur gefördert, gebildet oder in Krisenzeiten gestützt.
Allein durch die von B.A.ROCK und Rock.Büro SÜD 1996 bundesweit durchgeführte Aktion ROCK‘N’FUTURE (Sponsor: Allianz) konnten 1.260.000 Mark an Musikinitiativen und Clubs in ganz Deutschland weiter gereicht werden, damit diese für Bands medienträchtige Auftritte ermöglichen. Weitere 540.000 Mark aus Eintrittseinnahmen verblieben ebenfalls bei den Clubs und Bands. Aufgabe und Sinn des bundesweiten Netzwerkes der B.A.ROCK ist es, den Geldstrom zum Nutzen der Infrastrukturen an der Basis zu lenken.
Szene oder nicht Szene
Trotz der tiefen Verankerung in den Szenen erhebt die B.A.ROCK nicht den Ausschließlichkeitsanspruch, der einzige Szenevertreter zu sein. So überaus heterogen wie die unterschiedlichsten Szenen oft schon in einzelnen Regionen aktiv sind, kann und will die B.A.ROCK es sich nicht anmaßen, diese über einen Kamm zu scheren. Arbeitsgemeinschaft bedeutet hingegen vielmehr das Zusammentragen und Zusammenwirken von Kräften, Aktivitäten und Know-how. Also den Transfer und die Kooperation von Organisationsformen und Projekten, die sich auf lokaler, regionaler und Länderebene bewährt haben und ab einem gewissen Punkt zusammenarbeiten, wo diese Aktivitäten der Initiativen notwendiger- und sinnvollerweise über die einzelne Kommune oder das einzelne Bundesland hinaus wachsen. Konsequenterweise sind die Mitglieder keine Erfüllungsgehilfen zentral verordneter Projekte, sondern eigenständige Partner eines demokratischen Netzwerkes.
Wenn Herr Seelenmeyer kritisiert, dass sich in der B.A.ROCK noch nicht Landesarbeitsgemeinschaften aller Bundesländer zusammengeschlossen hätten, dann ist auch das wieder ein Ausdruck für tolerantes Miteinander. Beispiel Neue Länder: Als wir vor einigen Jahren bei einer Fachtagung in Meissen anregen wollten, dass sich die dortigen Initiativen in eigenen Landesverbänden bündeln und damit unseres Erachtens selbst stärken sollten, kam folgendes Gegenargument: „Wir haben die FDJ gerade hinter uns gelassen und wollen uns nicht schon wieder in einen neuen Verband einreihen!“. Das müssen wir so akzeptieren. Trotzdem funktioniert das Netzwerk! Für die genannte Festivalreihe „ROCK ‘N’ FUTURE“ haben wir mit 31 Initiativen und Clubs in den Neuen Ländern direkt von München aus kooperiert und dafür auch 279.000 Mark aus Sponsorenmitteln an die Veranstalter im Osten fließen lassen.
Das Netzwerk kann stark sein, weil es durch seine vielschichtigen Kontakte ein flexibler Partner für Sponsoren ist. Dennoch muss der Netzwerkknoten vorfinanziert werden, um aktiv Akquise betreiben zu können. Konkret: Wie erwähnt hat die Bayerische Rockintendanz binnen vier Jahren 775.575 Mark Sponsorenmittel für die Basis erwirtschaftet. Im gleichen Zeitraum von vier Jahren hat das Land Bayern für die Stelle des Rockintendanten 352.623,72 DM aufgewendet. Wäre es nur um die Realisierung dieser Sponsoringaktionen gegangen, hätte sich die Finanzierung des Netzwerkknotens schon mit einer Traumquote „gerechnet“. Doch diese Sponsoringmaßnahmen liefen eigentlich „nebenher“. In der weitaus überwiegenden Zeit des Jahres wurden die stellengebundenen Personalmittel für Beratungstätigkeiten von Musikern, Initiativen, Clubs, Behörden sowie den Ausbau des Netzwerkes und das Informationssystem (ROCKBUCH, www.allmusic.de-Internet-Datenbankservice) eingesetzt. Apropos Informationen: diese gibt es bei uns für alle kostenlos! Mitgliedsausweis hin oder her spielt für uns keine Rolle! Und qualifizierte Rechtsberatung gibt es auch nicht nur über den DRMV. Auch wir kooperieren seit über zehn Jahren bundesweit eng mit Fachanwälten, Wirtschaftsberatern und anderen branchenerfahrenen Coaches, deren Adressen wir bei rechtlicher Notwendigkeit oder bei Bedarf stets kostenlos an ratsuchende Musiker/-innen weiter geben.
Warum eigentlich stellt Herr Seelenmeyer immer wieder die demokratischen Prozesse der B.A.ROCK-Strukturen in Frage? Zur Verdeutlichung: In lokalen Rockmusikvereinen und -Initiativen werden demokratisch Vorstände gewählt. Diese Vereine/Initiativen schließen sich in einem Verein als Landesdachverband zusammen, treffen sich etwa in Bayern dreimal pro Jahr und wählen dabei nicht nur demokratisch den Vorstand sondern bestimmen auch in demokratischen Abstimmungsprozessen selbst, welche Projekte sie mit welchem Förderbetrag realisieren wollen. Diese Landesarbeitsgemeinschaften bilden in der Hauptsache das Rückgrat der B.A. ROCK – und wählen auch dort demokratisch einen Vorstand.
Bei uns gibt es ein Sprichwort: „Im finsteren Wald schreit der Ängstliche am lautesten!“. Warum Herr Seelenmeyer so oft von Demokratie redet, muss er sich selbst beantworten. Es trotzt mir ganz allgemein auch nur ein müdes Lächeln (ohne Gegenreaktion!) ab, wenn in der Vergangenheit ein scheinbar böser Bube bei einer Regensburger Stadtzeitung anrief und fragte, ob es denn gar nichts Negatives gäbe, mit dem man Bernd Schweinar ans Bein pinkeln könnte.
Wettbewerbe ohne Effizienz
Wenn Herr Seelenmeyer also die Festivalreihe „ROCKin’ BAYERN“ unqualifiziert als Wettbewerb kritisiert, so entlarvt er sich durch seine oberflächliche Recherche selbst. Obwohl seit Jahren im Internet nachzulesen, schieben wir gerne einen Nachhilfeabsatz für den DRMV-Vorsitzenden ein. Die „ROCKin’ BAYERN-Schülerbandfestivals“ waren 1993 und 1994 von den Volksbanken und Raiffeisenbanken als reine Präsentationsbühnen für junge Bands (Durchschnittsalter 17,25 bis 17,8 Jahre!) finanziert. Unsere Konzeption: Kein Wettbewerb, sondern Plattformen, auf denen junge Bands Erfahrungen mit professioneller Ton-/ Lichttechnik vor großem Publikum sammeln können. Jede Band bekam die gleiche Gage! Unsere Sponsoringphilosophie: ein Wettbewerb produziert 999 Verlierer und nur einen Sieger. Einem Sponsor der mehrere hunderttausend Mark gibt, sollte man aber keine unzufriedenen Musiker und Fans verkaufen.
Beworben hatten sich damals jeweils rund 400 Bands (Kriterium: Durchschnittsalter unter 20 Jahre) und wir konnten 1993 immerhin 262 und 1994 satte 285 Bands binnen vier Wochen bei 53 und 55 Festivals in 51 bayerischen Landkreisen vor 25.000 und 30.000 Fans für jeweils eine Stunde auf die Bühnen stellen. Sieger wurden nicht gewählt und nicht gekürt! Für ein finales Abschlussfestival konnten Bands empfohlen werden. RTL-Redakteure waren zudem bei den Festivals und suchten sich 20 Bands für das Jugendprogramm von RTL2 aus.
Dies ist ein Prozess, der in der Veranstalterbranche tagtäglich tausende Male stattfindet! Bands bewerben sich und Clubs, Festivalveranstalter und die Medien suchen sich daraus Gruppen aus. Ist das Wettbewerb? Ja, aber im markttechnischen Sinne! Nicht so destruktiv, wie Herr Seelenmeyer das rückwärtsgerichtet und hyper-tradiert unterstellt. Und: dort steckte keine einzige Mark öffentlicher Fördergelder drin!
Im Gegenteil, wenn der Sponsorenetat höher gewesen wäre, hätten wir noch mehr Bands auftreten lassen können! Wer arbeitet hier wohl dem Urbedürfnis der Bands – nämlich sich mit Auftritten vor Publikum zu präsentieren – mehr entgegen? Ähnlich falsch liegt Herr Seelenmeyer beim Regensburger „Woche-Wettbewerb“.
Und Fakt ist unsere Maxime: Ob ROCKin’ BAYERN, DRMV-Bundesrockfestival oder John-Lennon-Förderpreis – das gebotene Prinzip der Finanzierung von Publikumsveranstaltungen durch Sponsoren bleibt gleich – sollte es zumindest, mit Blick auf den DRMV.
Es ist richtig, dass in einigen Bundesländern – auch organisiert von B.A.ROCK-Mitgliedern – noch Wettbewerbe aus öffentlichen Mitteln komplett- oder teilfinanziert stattfinden - wenngleich inzwischen oft in Richtung Coaching modifiziert. An der Meinung und Praxiserfahrung bezüglich der Effizienz solcher Veranstaltungen ändert das nichts. Aber die B.A.ROCK ist als Dach so demokratisch, dass wir uns in die auf Landesebenen gewachsenen Strukturen nicht einmischen. Leider ist es oftmals auch noch so, dass bei den Entscheidern über die Vergabe von Fördermitteln die überkommene Meinung vorherrscht, dass Rockförderung mit Wettbewerbsförderung gleichzusetzen sei.
Aber wenn schon Wettbewerb, dann doch bitte keine mit nutzlosen Siegerpreisen (CD-Produktionen, nutzlose Plattenverträge für den Backkatalog und anderes mehr), sondern mit begleitendem Coaching (durch Profis) hinein in die Branche! Die Itzehoer Versicherung macht das weitestgehend beispielhaft vor.