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Kevin Breitbach. Foto: Anke Schröfel
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Einzelkämpfer zum Umdenken bringen

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Kevin Breitbach, Vorsitzender des neu gegründeten Chor- und Ensembleleitung Deutschland e. V., im Gespräch
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„Nach 11 Monaten intensiver, äußerst vertrauensvoller Vorbereitung mit vielen digitalen Sitzungen, lebhaften Diskussionen und ersten gemeinsamen Projektdurchführungen haben sich zum 01. Juli 2021 die Verbände ACHORDAS und der Internationale Chorleiterverband (ICV) zu einer neuen, frischen und aktiven Interessensvertretung zusammengeschlossen: Die Chor- und Ensembleleitung Deutschland (CED).“ So hieß es in der Pressemitteilung, die Mitte Juli über die Neugründung informierte. Juan Martin Koch hat mit Kevin Breitbach, dem Vorsitzenden der CED, über die Ausrichtung und die Ziele des neuen Verbandes gesprochen.

neue musikzeitung: Chor- und Ensembleleitung Deutschland e.V. heißt der im Sommer neu gegründete Verband, dessen Vorsitzender Sie sind – abgekürzt CED. Sagt man „der CED“ oder „die CED“? Und können Sie ein wenig über die Hintergründe berichten?

Kevin Breitbach: Wir haben uns darauf verständigt, dass wir „die CED“ sagen. Der Hintergrund war, dass es mehrere Chorleitungsverbände in Deutschland gab und wir in der Coronakrise festgestellt haben, dass keiner dieser Verbände über die politische Stoßkraft verfügte, dass wir da etwas hätten erreichen können. Nach dem Motto „nur gemeinsam sind wir stark“ haben wir uns dann dazu entschlossen, die Verbände ACHORDAS und den Internationalen Chorleiterverband (ICV) zur neuen CED zu fusionieren. Dieser Prozess hat dann gut ein Jahr gedauert und wurde am 1. Juli 2021 mit der Neugründung der CED abgeschlossen.

Verbandshintergrund

nmz: Welche Aufgabenbereiche hatten die Verbände ACHORDAS und der Internationale Chorleiterverband (ICV), die nun in der CED aufgegangen sind?

Breitbach: ACHORDAS war ursprünglich ein Verband innerhalb des Deutschen Chorverbands (DCV), der Chorleitende und kleine Ensembles aufgenommen hat, damit diese auch Mitglied im DCV werden konnten. Da gab es früher die Hürde einer Mindeststärke von 16 Mitgliedern. Der ICV war ein Chorleiterverband, der zwar hauptsächlich in Deutschland aktiv war, aber verstärkt internationale Kontakte gesucht hat. Aufgrund der Tatsache, dass ACHORDAS sich auf Chorleitung spezialisiert hatte und wir vom ICV den Fokus von der internationalen hin zur nationalen Tätigkeit verändert haben, machte diese Fusion auch inhaltlich Sinn.

nmz: Um die Verwirrung komplett zu machen, gibt es ja auch noch den Fachverband der Chorleiter (FDC). Wie unterscheiden Sie sich von diesem?

Breitbach: Noch ist es so, dass der Unterschied darin besteht, dass wir zum Beispiel Mitglied im Bundesmusikverband Chor & Orchester (BMCO) und im DCV sind. Langfristig ist dann auch geplant, dass wir noch stärkeren Kontakt zu den Kirchen, Orchesterverbänden und dem Verband Deutscher KonzertChöre (VDKC) suchen, sodass wir nicht nur mit dem DCV kooperieren. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass der FDC ausschließlich für Chorleitende agiert, wir aber auch die Ensembleleitenden mit im Blick haben, weil es da ja viele Überschneidungen der Interessen gibt. Mit dem FDC führen wir im Moment Gespräche, inwieweit wir zusammenarbeiten können, aber da gibt es noch kein abschließendes Ergebnis.

nmz: Sie waren zuvor auch Vorsitzender beim ICV. Wie sind Sie zur Verbandsarbeit gekommen, wie ist Ihr beruflicher Hintergrund?

Breitbach: Ich bin in den ICV eingetreten, als ich anfing, Chöre zu leiten. Dort war man zunächst auf der Suche nach einem Finanzverwalter, was ich dann in der ersten Zeit gemacht habe. Später habe ich dann das Amt des Vorsitzenden übernommen. Mein beruflicher Hintergrund ist der, dass ich Schulmusik und Kirchenmusik studiert habe und nun in Köln als Lehrer an einer Gesamtschule tätig bin. Mein Schwerpunkt im Studium war die Chorleitung und ich leite nun nebenher einige Chöre.

Für gemeinsame Anliegen kämpfen

nmz: Warum sind Sie damals dem ICV beigetreten?

Breitbach: Ich fand und finde es nach wie vor wichtig, wenn Chorleitende sich in einer Interessenvertretung engagieren und gemeinsam für ihre Anliegen kämpfen. Das ist im Prinzip ja ähnlich wie bei den Chören und Orchestern, die in der Regel einem Dachverband beitreten. Genauso müsste eigentlich jeder Chor- und Ensembleleitende einen solchen Schritt gehen.

nmz: Wie viele Mitglieder hat die CED aktuell und wie teilt sich das zwischen Chor- und Ensembleleitung auf?

Breitbach: Wir haben aktuell rund 200 Mitglieder. Durch die Schwerpunkte von ACHORDAS und ICV sind das noch hauptsächlich Chorleitende. Unser Fokus in nächster Zeit wird sein, verstärkt Ensembleleitende anzusprechen und mit den Orchesterverbänden in Kontakt zu treten, um zu klären, wie wir gemeinsam auch deren Interessen vertreten können.

nmz: Sie haben in den vergangenen Monaten eine Befragung durchgeführt, nicht nur unter Mitgliedern, sondern allgemein unter Chor- und Ensembleleitern. Was sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse?

Breitbach: Interessant war, dass die Mehrheit der etwa 120 Teilnehmenden gar nicht Mitglied in einer Interessenvertretung ist, um die 63 Prozent. Da geht es für uns nun darum, wie man diese Gruppe gezielter ansprechen kann. Stark vertreten war der Wunsch nach Vernetzung, außerdem die Möglichkeit, über uns von Vorteilen anderer Verbände profitieren zu können, ohne selbst dort Mitglied sein zu müssen. Auch die Vertretung von Interessen gegenüber Politik und Gesellschaft, also die Lobbyarbeit wurde betont. Aus der Umfrage lässt sich außerdem ableiten, dass Angebote zu spezifischen chor- und ensembleleitungsrelevanten Themen, zum Beispiel Finanzen oder Recht, sehr gewünscht sind. Das wäre ein Punkt, den wir nächstes Jahr aufgreifen werden.

nmz: Die Chorszene hat extrem unter der Pandemie gelitten. Wie haben Sie diese Zeit als Chorleiter erlebt?

Zukunft Hybridchor?

Breitbach: Negative Erfahrungen hatte ich persönlich, als Chöre anfingen darüber zu diskutieren, inwieweit Onlineproben Präsenzproben gleichgestellt werden können und wie sie honoriert werden, wenn zum Beispiel die Anfahrten wegfallen. Das lag natürlich daran, dass auch den Chören Einnahmen wegbrachen. Auf der anderen Seite war es schön zu sehen, dass doch die meisten Chöre wohlwollend gegenüber den Leitenden agiert haben und nach kreativen Lösungen gesucht haben. Es bestand schon ein Interesse daran, die Leitenden nicht zu verprellen. Allgemein ist es so, dass viele Chöre, die schon vorher Nachwuchs­probleme hatten, das nun verstärkt gespürt haben. Außerdem haben Laienchöre mit einem höheren Durchschnittsalter häufig Schwierigkeiten, wieder aktiv in die Probenarbeit einzusteigen. Auf der anderen Seite bilden sich neue Möglichkeiten: In meiner Umgebung weiß ich von einem Chor, der sich regional trifft, aber auch überregional Interessierte dazuschaltet, mit denen man dann projektweise auch in Präsenz zusammen proben will.

nmz: Der Hybridchor als neues Modell?

Breitbach: Ja, vielleicht! Auch in meinem Chor ist es so, dass Mütter mit kleinen Kindern immer wieder nachfragen, ob ich zusätzlich zur normalen Probe nicht auch Videokonferenzen anbieten kann. Da bieten sich für die Zukunft schon neue Möglichkeiten.

nmz: Wofür dann aber auch spezifische Probenformate nötig wären, oder?

Breitbach: In der Tat, da muss man Konzepte entwickelt, wie solche Hybridproben sinnvoll gestaltet werden können.

nmz: Was können Sie als Verband tun, um mitzuhelfen, damit es nun in der Chorszene insgesamt wieder vorangeht?

Breitbach: Wir könnten zum Beispiel genau in diesem neuen Bereich der Hybridproben Workshopangebote für unsere Mitglieder anbieten. Dann können wir dafür sorgen, dass auch bei den Leitenden der Nachwuchs wieder stärker in den Blick genommen wird. Da war schon vor der Pandemie zu spüren, dass es zu wenige gibt, die etwa im Laienbereich arbeiten können und wollen. Ob die Pandemie da eine zusätzliche Delle verursacht hat, kann man noch nicht sagen.

Fortbildungsangebote

nmz: Hat die CED konkrete Vorhaben für die nächste Zeit?

Breitbach: Einer der aktuellen Schwerpunkte besteht darin, dass wir im Anschluss an die chor.com Fortsetzungen zu einigen der dort angebotenen Workshops anbieten werden. Wir haben festgestellt, dass man bei solchen einmaligen Veranstaltungen gerne teilnimmt, wichtige Dinge lernt und begeistert herauskommt, dass das aber nach einer gewissen Zeit abflaut und man oft nicht am Ball bleibt. Deswegen wollen wir ein paar Monate nach der chor.com eine Wiederholung und Vertiefung von sechs Workshops anbieten, die wir vorab dafür ausgewählt haben. Außerdem ist unsere Arbeitsgruppe Aus-und Weiterbildung dabei, für das kommende Jahr Angebote zu planen, um auf die bei der Umfrage geäußerten Wünsche zu reagieren. Ein weiterer Schwerpunkt wird es sein, unser Netzwerk zu erweitern, zum einen in Richtung anderer Verbände, zum anderen in Richtung von Musikverlagen.

nmz: Was ist Ihr Anliegen den Verlagen gegenüber?

Breitbach: Das ergab sich auch aus der Umfrage: Wir wollen stärker mit ihnen ins Gespräch kommen, um klar zu machen, welche Bedürfnisse es auf den unterschiedlichen Niveaus gibt, etwa im Hinblick auf Notenmaterial, Probepartituren et cetera.

nmz: Sie haben eine Ihrer Arbeitsgruppen angesprochen. Welche weiteren gibt es, wie teilen Sie sich die Arbeit auf?

Breitbach: Uns war es wichtig, dass nicht wir allein als Vorstand die Interessen der Mitglieder vertreten, sondern dass alle eingeladen sind, aktiv ihre Interessensvertretung mitzugestalten. Deshalb haben wir fünf Arbeitsgruppen eingerichtet, in denen sich jeder einbringen kann: Aus- und Weiterbildung, Beratung und Service, Kooperation und Netzwerk, Wettbewerb und Festival sowie Öffentlichkeitsarbeit und Marketing. Da sind derzeit jeweils fünf bis zehn Mitglieder aktiv.

nmz: Welches mittelfristige Ziel haben Sie sich gesetzt?

Breitbach: Uns ist es wichtig, für möglichst alle Chor- und Ensembleleitenden tätig zu sein und ein so attraktives Angebot zu schaffen, dass Leitende sagen: Da will ich beitreten. Wir sind ja in der Regel Einzelkämpfer; hier wollen wir ein Umdenken in Gang bringen.

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