Hamburg - Wer ist schuld an der Kostenexplosion beim Bau der Elbphilharmonie? Darüber wird in Hamburg seit langem heftig diskutiert. Eine viel zu frühe Ausschreibung trotz unfertiger Planung, zu wenig Kontrolle und Überforderung vonseiten der Politik, sowie ein chaotisches Nebeneinander von Baukonzern und Architekten nennt der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses.
Die Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft bestätigte am Dienstag entsprechende Berichte von «Spiegel Online» und «Bild»-Zeitung. Das geheime Dokument, das einigen Medien zugespielt wurde und eigentlich erst im April veröffentlicht werden sollte, widmet den wichtigsten Akteuren eigene Kapitel und stellt miserable Zeugnisse aus.
Demnach wollten alle Beteiligten das Prestigeprojekt unbedingt umsetzen, ohne den Steuerzahlern die wahren Kosten zu präsentieren. Vor allem die städtische Realisierungsgesellschaft (ReGe) habe Risiken wissentlich verschwiegen und Kosten lange verheimlicht. Dem städtischen Projektkoordinator für die Elbphilharmonie, Hartmut Wegener, attestiere der Abschlussbericht eine Mischung aus Unfähigkeit («ohne entsprechendes eigenes Fachwissen») und Selbstherrlichkeit («ungebrochen selbstbewusstes Auftreten»), zitierten die Medien aus dem Bericht. Wegener habe es nicht vermocht, «die ursächlichen Probleme zu durchdringen». Auch der spätere Geschäftsführer der ReGe, Heribert Leutner, «wurde seiner Aufgabe als Bauexperte nicht gerecht».
Die Politik hat es nach Einschätzung des Untersuchungsausschusses, der nur den Zeitraum bis Ende 2008 untersucht, vor allem versäumt, die Mitarbeiter der Rege effektiv zu kontrollieren. Hamburgs damaliger Bürgermeister Ole von Beust (CDU) habe sich vor allem durch Desinteresse an unbequemen Details ausgezeichnet. Die ehemalige Kultursenatorin Karin von Welck (parteilos) habe «die Bürgerschaft nicht richtig und rechtzeitig über wichtige Umstände informiert». Und der damalige Chef der Senatskanzlei, Volkmar Schön (CDU), der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Rege war, sei seiner Verantwortung «nicht gerecht geworden».
Aber auch die Schweizer Architekten Herzog & de Meuron und der Baukonzern Hochtief kommen in dem Abschlussbericht nicht gut weg. Weil fertige Baupläne nicht rechtzeitig vorgelegen hätten, sei es zu einer «chaotischen Situation einer aufwendigeren Planung parallel zum Bau» gekommen. Über den Baukonzern Hochtief äußert der Bericht die Vermutung, das Unternehmen habe den Angebotspreis von Anfang an niedrig kalkuliert, um später Nachforderungen zu stellen. So stiegen die Kosten für den Steuerzahler von ursprünglich 77 Millionen Euro auf mittlerweile 789 Millionen Euro - die Eröffnung des Konzerthauses wurde mehrfach von 2010 auf 2017 verschoben.
«In dem Bericht steht nichts Neues. Die Entwicklungen sind seit langem bekannt», sagte der kulturpolitische Sprecher der Links-Fraktion, Norbert Hackbusch. «Es gibt bei dieser Skandalgeschichte nicht den einen bösen Buben, sondern wir haben es hier mit einem breiten System der Unverantwortlichkeiten, der Schludrigkeit und des Wegsehens zu tun.» Sehr verärgert über die Vorabveröffentlichung zeigte sich der Vorsitzende des Ausschusses, Ole Thorben Buschhüter (SPD): «Das ist nur ein Entwurf, die Abgeordneten müssen den Bericht jetzt erstmal lesen.» Am 14./15. Februar werde der Bericht im Ausschuss öffentlich beraten, danach haben die Betroffenen Zeit, Stellung zu nehmen. Mit einer Veröffentlichung des Abschlussberichts sei erst im April zu rechnen. Der Bund der Steuerzahler hofft, dass nun die Devise «Was kostet die Welt?» in Hamburg ein Ende hat.
Carola Große-Wilde