Hamburg - Der ehemalige Projektkoordinator beim Bau der Hamburger Elbphilharmonie hat nach Andeutungen seines ehemaligen Mitarbeiters Heribert Leutner Warnungen vor einer verfrühten Auftragsvergabe ignoriert. "Herr Wegener hat großen Wert darauf gelegt, dass er der Bauherr ist", sagte der Geschäftsführer und frühere Projektleiter der stadteigenen Realisierungsgesellschaft (ReGe) am Mittwochabend vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Er selbst habe als Projektleiter keinen Entscheidungsspielraum gehabt. Die ReGe hatte den Bauauftrag vergeben, bevor die Planung des Konzerthauses in der Hamburger Hafencity fertiggestellt war. Vor dem Untersuchungsausschuss sagte Leutner, er habe den damaligen Projektkoordinator Hartmut Wegener deutlich darauf hingewiesen, dass es riskant sei, den Vertrag so früh abzuschließen. Wegener habe jedoch diese Einwände nicht ernst genommen, sagte Leutner.
Bei dem frühen Vertragsabschluss hätten auch politische Termine eine Rolle gespielt. Der Projektkoordinator habe den Bauvertrag noch in einem bestimmten Haushaltsjahr unterzeichnen wollen, sagte Leutner. Der Zeitdruck habe Bedenken und Warnungen vor höheren Kosten in den Hintergrund gerückt. Die fehlende Planung bei Vertragsschluss habe Anlass zu Mehrkostenforderungen der Bauunternehmer gegeben. Dies sei jedoch nicht das zentrale Problem des Projekts, sagte Leutner. Entscheidend sei das komplizierte Vertragswerk.
Kritik am Projektkoordinator
Er und Wegener hätten zudem unterschiedliche Auffassungen von dem umstrittenen Begriff "Pauschalfestpreis" gehabt, sagte Leutner. So hatte der Hamburger Senat im Jahr 2006 die Summe bezeichnet, die nach den Vertragsverhandlungen zwischen der Stadt und den Bauunternehmern vereinbart worden war. Später stellte sich heraus, dass die Kosten für den Bau erneut nach oben korrigiert werden mussten. Die Entschiedenheit, mit der Wegener den sogenannten Pauschalfestpreis sei als Garantie dargestellt habe, habe er so nie geteilt, sagte Leutner vor dem Ausschuss. Auf die Frage, warum er den Senat oder die Öffentlichkeit nicht vor dem irreführenden Begriff gewarnt habe, sagte der Geschäftsführer: "Es gibt auch eine gewisse Treue zum Unternehmen und eine Hierarchie, die es zu beachten gilt."
Leutner kritisierte seinen ehemaligen Vorgesetzten nach einigem Zögern letztlich doch deutlich. "In meiner Welt ist es so, dass ich ungern sage, dass ich meinen Vorgesetzten für fachlich nicht kompetent halte. Dass er einen Führungsstil hat, der für mich Mittelalter ist. Dass er auf sein Ziel zusteuert auf einem Weg, der zwar Widerspruch nicht ablehnt, aber Beratung nicht annimmt", sagte Leutner. Zuvor hatte der Ausschuss abgelehnt, die Öffentlichkeit von den Äußerungen des Zeugen über den Projektkoordinator auszuschließen. Leutner kam von einem Rechtsanwalt begleitet zu seiner Zeugenbefragung. Als Grund für den juristischen Beistand gab er an, er habe den Eindruck, der Ausschuss habe mit der ReGe längst einen Schuldigen ausgemacht.
Die Elbphilharmonie ist seit Jahren Streitobjekt zwischen der Stadt Hamburg und dem Bauunternehmer Hochtief. Ziel des Untersuchungsausschusses ist es, die Gründe für die Kostenexplosion und die Bauverzögerungen der Elbphilharmonie aufzuklären. Anfangs war für die Stadt ein Kostenanteil von 77 Millionen Euro veranschlagt worden. Mittlerweile ist die Belastung für den Steuerzahler auf 323,5 Millionen Euro gestiegen.