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Polen behindert Kulturaustausch
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«Falsche» Künstler im Programm - Wende in Polens Kulturpolitik?

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Warschau/Berlin - Polens nationalkonservative Regierende haben genaue Vorstellungen, wie die Kultur ihres Landes im Ausland vermittelt werden soll. Die bisherigen Direktoren der Polnischen Institute passen offenbar nicht zum Konzept der Partei Recht und Gerechtigkeit PiS. Jüngst mussten Leiter der Kultureinrichtungen in New York, Neu Delhi und nun auch Berlin ihre Posten räumen.

Die plötzliche Entlassung der in der Branche geschätzten Berliner Direktorin Katarzyna Wielga-Skolimowska hat «Bestürzung» und «Irritation» ausgelöst, wie Kulturschaffende in einem Protestbrief schrieben. Berichten zufolge musste die Polin gehen, weil sie sich zu stark «jüdischen Themen» gewidmet habe.

Das sind Vorwürfe, die das Warschauer Außenministerium entschieden zurückweist. Zwar hat es nach dpa-Informationen für Wielga-Skolimowskas Entlassung keinen offiziellen Grund gegeben. Allerdings wurde ihre Arbeit im Vorfeld harsch kritisiert. Tatsächlich bemängelte der von der PiS nach Berlin gesandte Botschafter Andrzej Przylebski im Oktober: Die Bedeutung des jüdisch-polnischen Dialogs müsse nicht übermäßig betont werden. «Vor allem nicht in Deutschland, das nicht die Rolle eines Mediators bekommen sollte», schrieb er in einer internen Bewertung des Berliner Instituts.

Das Missfallen der Nationalkonservativen könnte auch die Wahl von «Ida» zum Eröffnungsfilm des polnischen Filmfests 2014 erregt haben. Das oscarprämierte Werk von Pawel Pawlikowski handelt vom Schicksal einer jungen polnischen Nonne jüdischer Herkunft. Kritisch setzt sich das Drama mit Polens Geschichte auseinander, den Geschmack der Patriotismus propagierenden Nationalkonservativen trifft es damit nicht. Ein Beweis für den «kindischen Narzissmus» der Regierenden, findet «Ida»-Regisseur Pawilkowski. «Patriotisch heißt für sie: Nur Gutes über uns», stellte er fest.

Den tadellosen Ruf Polens zu wahren, hat für das Außenministerium nach neuen Richtlinien für die weltweit 25 Polnischen Institute Priorität. Sie sollten zudem verstärkt Geschichte und Politik vermitteln, insbesondere das politische Gedankengut des 2010 bei der Flugzeugkatastrophe von Smolensk gestorbenen Präsidenten Lech Kaczynski, Bruder von PiS-Chef Jaroslaw.

Den Anforderungen scheinen die entlassenen Direktoren nicht entsprechend nachgekommen zu sein. Am Berliner Institut bemängelte Przylebski auch die Gästewahl. Geladene Künstler und Musiker hätten die Situation nach dem Regierungswechsel 2015 falsch eingeschätzt, hieß es in seiner Bewertung. Demnach führten nicht umstrittene Handlungen der Regierung, sondern ihre falsche Vermittlung zu wachsender Kritik an Polen im Ausland. Die Nationalkonservativen setzten seit Amtsantritt vor rund einem Jahr einige international kritisierte Gesetze durch. Sie schwächten unter anderem das Verfassungsgericht, an dem Przylebskis Frau eine von der PiS ernannte Richterin ist. Menschenrechtler warnen seit Monaten vor einer Bedrohung für Polens Demokratie.

Auch die Berliner Affäre um den Film zur Flugzeugkatastrophe von Smolensk könnte Wielga-Skolimowska zum Verhängnis geworden sein. Trotz Bemühungen der Botschaft wollte bisher kein Kino den Streifen, dem Regierungspropaganda nachgesagt wird, zeigen. Zwei Berliner Kinos sagten die Vorstellung kurzfristig ab. Der Film stützt die von der Regierung unterstützte Theorie, der Absturz der Präsidentenmaschine 2010 in Russland sei ein Anschlag gewesen. «Smolensk» im Rahmen einer Debatte mit unabhängigen Luftfahrtexperten zu zeigen, schlug Przylebski nach dpa-Informationen aber aus.

Dass die gut vernetzte Wielga-Skolimowska, Mitorganisatorin des Festivals «FilmPolska», keine Spielstätte für den Film fand, könnte die PiS als passiven Widerstand aufgefasst haben. Gegen ihre Abberufung protestieren in einem Schreiben des Jüdischen Museums Berlin unter anderem die stellvertretende Museumsdirektorin Cilly Kugelmann, und der Intendant der Berliner Festspiele, Thomas Oberender. «Eine bessere Fürsprecherin für die Angelegenheiten Polens werden sie nicht finden», appellierten sie an Polens Botschaft und Außenministerium.

Die Regierenden scheinen anderer Meinung sein. Interimschefin in Berlin ist Malgorzata Bochwic-Ivanovska. Sie sei zwar eine erfahrene Übersetzerin, an Kenntnissen im Kulturmanagement fehle es ihr aber, sagen Kritiker. Qualifiziert habe sie sich vor allem durch ihre Nähe zur PiS, vermuten sie. Zur Ernennung wollte sich das Außenministerium in Warschau nicht äußern. Die Personalpolitik werde nicht kommentiert, hieß es.

Unter den in Berlin lebenden polnischen Kulturschaffenden hat die Entlassung von Wielga-Skolimowska Unruhe ausgelöst. Marcin Piekoszewski, Inhaber der deutsch-polnischen Buchhandlung «Buchbund», befürchtet, dass in Zukunft weniger Kultur und stattdessen vor allem Geschichte nach PiS-Vorstellungen vermittelt werden soll. Dabei sei angesichts des vielfältigen Kulturangebots in Berlin eine starke polnische Präsenz dringend notwendig. «Die Polen müssen hier das Beste zeigen, was sie haben», sagt Piekoszewski.

 

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