Stuttgart - Als Kulturstaatsministerin hat sich Claudia Roth ein strammes Programm vorgenommen. Auch die Debatte um die Rückgabe von Kolonialobjekten aus Museen gehört dazu. Bei ihrem Antrittsbesuch in Stuttgart werden ihre Worte besonderes Gewicht haben.
Mit ihrer Stippvisite in Stuttgart beginnt die neue Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Freitag ihre Reihe von Antrittsbesuchen in den Bundesländern. Mit der baden-württembergischen Kunstministerin Theresia Bauer und Staatssekretärin Petra Olschowski, beides Parteifreundinnen, wird die Grünen-Politikerin Roth gemeinsame kulturpolitische Positionen abstecken. Zudem wird sie das ethnologische Linden-Museum Stuttgart besuchen (16.45 Uhr) und sich dort sicher auch zur Aufarbeitung der Kolonialgeschichte der staatlichen Museen und zum Umgang mit der Provenienz äußern.
Baden-Württemberg und auch das Linden-Museum gelten als Vorreiter in der Debatte um den Umgang mit Kolonialobjekten. Der Südwesten will, wie andere Bundesländer und Museen auch, mehrere aus dem ehemaligen Königreich Benin geraubte Bronzen an Nigeria zurückgeben. Vor der geplanten Übertragung des Eigentums will Roth alle deutschen Museen mit solchen Objekten an einen Tisch bringen. Etwa 1100 der kunstvollen Bronzen aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zu Nigeria gehört, sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897.
Die in Ulm geborene frühere langjährige Parteivorsitzende Roth war seit 2013 auch Vizepräsidentin des Bundestages. In der neuen Bundesregierung ist sie auch für Medienpolitik zuständig. Kultur- und Medienpolitik liegen in Deutschland eigentlich in der Kompetenz der Länder. Die unter dem damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder beim Bund eingerichtete Institution existiert seit 1999.
Roth will in ihrem Amt nicht nur die Hochkultur stärken. «Für mich ist Kultur nicht nur Oper und Theater, sondern auch der Plattenladen und der Club», sagte sie der «Augsburger Allgemeinen» (Freitagsausgabe). «Ich will dem Staatstheater nichts wegnehmen, um damit die Clubs zu unterstützen. So weit kommt's noch. Es darf kein Entweder-oder geben, wir brauchen ein Sowohl-als-auch.»