Berlin - Berlins Kultursenator Klaus Lederer (Linke) erwartet in der Hauptstadt bis zu 300 000 Anträge auf Soforthilfe in der Corona-Krise von Solo-Selbständigen und Freiberuflern - viele davon aus der Kulturbranche. Im Gespräch auf rbbKultur sagte der Senator: «Also der Andrang ist riesig, aber das hat wahrscheinlich auch mit der spezifischen Situation hier zu tun.»
Anders als der Bund verweise Berlin nicht auf die Grundsicherung. «Die erste Welle sind sechsstellige Zahlen. Ich rechne schon damit, dass wir hier bei 250 000 bis 300 000 Anträgen am Ende landen. Das ist durchaus im Bereich des Möglichen.»
Die Förderbank IBB stemme im Augenblick «wirklich Großartiges, indem sie versucht, möglichst schnell und unbürokratisch dafür zu sorgen, dass die Menschen die Hilfen auf ihr Konto kriegen», sagte Lederer.
In der Kultur drohten monatlich 70 Millionen Euro an Einnahmeverlusten und damit in einigen Bereichen Insolvenzen, etwa bei Traditionskulturbetrieben oder auch Clubs. Der Kultursenator gab der Befürchtung recht, dass das, was jetzt zumache, womöglich nie wieder aufmache: «Also die Kulturlandschaft aufzubauen ist ja nichts gewesen, was man durch Umlegen eines Schalters zustande gebracht hat, sondern da ist viel Wissen, zum Teil über Generationen, weitergetragen worden. Das seien Familienbetriebe oder auch selbstorganisierte Gruppen der freien Szene. «Und ich glaube, es gilt vielleicht nicht für jeden, dass das, was einmal kaputt ist, nie wieder aufmacht. Aber ich glaube schon im Großen und Ganzen, dass die Schäden, wenn wir jetzt nicht handeln, beträchtlich werden.»
Wann der Kulturbetrieb wieder hochgefahren könne, könne er nicht sagen, betonte Lederer: «Und wenn Sie mich jetzt fragen, wie lange das noch dauert, dann sage ich Ihnen, ich bin weder Virologe, aber selbst die kapitulieren im Augenblick bei Voraussagen zu dieser Frage. Aber letztlich ist es derzeit so für uns alle: Wir fahren auf Sicht.» Es sei klar, dass keine Maßnahmen länger aufrechterhalten sollen, als es unbedingt nötig sei. «Aber ich rechne durchaus auch damit, dass das ein schrittweises Wiederhochfahren des gesellschaftlichen Lebens wird. Das heißt, wir werden vermutlich erst einmal die ganz großen Theatersäle nicht als allererstes öffnen.»