Theo Geißler: Peter Horton, war das Pendeln zwischen E- und U-Musik für Sie nie mit Brüchen verbunden?
In Halle 8 stellte sich Peter Horton am ConBrio-Stand den Fragen von nmz-Chefredakteur Theo Geißler. Gitarrenbauer Antonius Müller nutzte die Gunst der Stunde und drückte Peter Horton ein Instrument aus seinem Messesortiment in die Hand – der Meister spielte das Promo-Spielchen bereitwillig mit und zupfte medienwirksam einige Akkorde.Theo Geißler: Peter Horton, war das Pendeln zwischen E- und U-Musik für Sie nie mit Brüchen verbunden? Peter Horton: Ich habe ein Drittel der klassischen Wiener Karriere geschafft, das heißt: Wiener Sängerknaben, Hofrat, Lipizzaner. Dadurch hatte ich eine intensive Begegnung mit Alter Musik. Ich hatte auch die Ehre, unter Herbert von Karajan zum Beispiel die Matthäus-Passion zu singen. Das waren Sternstunden meines Lebens. Damals herrschte eine Achtung vor dem Werk, eine Achtung vor dem Publikum, eine Achtung vor dem Gesang und vor der gesamten Einrichtung des Musiktheaters und des Konzertbetriebes, die ich später in der Form nicht mehr so gefunden habe.
Während des Gesangsstudiums in Stuttgart merkte ich immer mehr, dass meine ganz persönliche Linie die „leichte Musik“ ist. Ein Terminus Technicus, der auch enorme Diskriminierungen auf den Weg bringt. Leichte Musik wird oft schlechthin mit leichtfertiger Musik gleichgesetzt, dabei ist ein leichtes Gericht, das einem nicht auf den Magen fällt, unter Umständen schwerer herzustellen als eines, womit man wie in der Fernsehwerbung sprichwörtlich durch den Boden fällt. Die klassische oder ernste Musik war für mich aber immer der „Wertsicherer“, der „Wertgeber“, und Slava Kantcheff, meine frühere Frau und Duopartnerin am Klavier, brachte mir schon früh bei, dass aus der ernsten Musik ganz besonders auch die Disziplin kommt: die Disziplin am Instrument, das Dranbleiben an einer Linie. Das kann man von fast niemandem so gut lernen wie von den klassischen Musikern.
Sie waren ja eher ein Repräsentant des Feinsinns. All das scheint aus unseren Medien verschwunden zu sein?
Die Landschaft hat sich so verändert, dass diese seelenbildenden Elemente unerwünscht sind. Sie passen nicht mehr ins Konzept der Medien. Ich werde jetzt auf der EXPO ein Konzert mit dem Bundesjazzorchester moderieren für den Deutschlandfunk und das DeutschlandRadio. Da weiß ich, dass ich wieder mit nassen Augen hinter der Bühne stehe.
Die spielen wie die Götter. Die spielen so unglaublich diese jungen Leute, aber niemand präsentiert sie. Es gibt kein Platz für sie: Man lässt sie im Fernsehen nicht einmal fünf Minuten spielen. Indessen haben wir eine unglaubliche Menge von musikalischem Schrott in den Medien. Alles nur unter dem Kalkül – wieviel Geld mache ich? Ich sage das mit einer herzlichen Emotion, weil es etwas mit Volksgesundheit zu tun hat. Es hat Folgen, es ist nicht nur einfach wurst. Viele Leute, die gute Musik bräuchten, gehen leer aus.