Mit dem Begriff „Musikschule“ wird vorrangig eine spezielle Bildungseinrichtung zur Musikerziehung und Vermittlung besonders des Instrumentalspiels verbunden. Das Wort „Ökonomie“ hingegen wird in diesem Zusammenhang eher ungewohnt, wenn nicht sogar verfehlt klingen. Der Versuch zwischen beiden eine Verbindung herzustellen, könnte als Provokation aufgefasst werden – dies wäre jedoch eine voreilige Schlussfolgerung, denn es geht nicht um die Ökonomisierung musikalischer Bildung oder der Musikkunst. Vielmehr soll diese Betrachtung den Leser dafür sensibilisieren, dass selbst Musikschulen keine isolierte Position im Wirtschaftsgefüge der Gesellschaft einnehmen, sondern eine klare Bedeutung für tangierende Wirtschaftssektoren und das regionale Umfeld haben.
So wie sich verschiedene Unternehmen auf dem Markt durch Abhängigkeiten und Konkurrenzen beeinflussen, gehen auch von Musikschulen Wirkungsketten (so genannte Multiplikatoren) aus. Das bedeutet, dass der Besuch einer Musikschule nachfragesteigernd wirkt. Dabei stehen finanzielle Aufwendungen im Vordergrund, welche in direktem Zusammenhang mit dem Erlernen des Instrumentalspiels stehen. Dies trifft vor allem auf Fahrdienstleistungen, Noten, Musikinstrumente, deren Pflege und Zubehör sowie auf Konzertkleidung und gegebenenfalls Kosmetikartikel zu. Somit würde eine Erhöhung der Schülerzahlen zu Nachfragesteigerungen im Bereich von Produktion und Handel führen. Ebenso wäre entsprechend zusätzliches Lehrpersonal notwendig. Nach eigenen Hochrechnungen würde sich für das Bundesland Sachsen-Anhalt ein positiver Multiplikatorwert ergeben.
Dies bedeutet, dass eine Erhöhung der öffentlichen Zuschüsse für Musikschulen das 1,3fache an zusätzlichem Einkommen induzieren könnte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass über verschiedene Stufen des Wirtschaftskreislaufes Einnahmen in Form von Steuergeldern (etwa Lohnsteuer des Lehrpersonals, Mehrwertsteuer im Bereich des Musikalienhandels) an die öffentliche Hand fließen. Außerdem verfügt das Lehrpersonal über nachfragewirksames Einkommen, welches für den Wirtschaftskreislauf allgemein von stimulierender Bedeutung ist. Da über 85 Prozent der Ausgaben von Musikschulen Personalausgaben sind, bedeutet jede Kürzung öffentlicher Zuschüsse Einsparungen beim Personal, wenn kein Ausgleich über Gebühren möglich ist. Somit sind Entscheidungen über öffentliche finanzielle Mittel wesentlich komplexer, denn es sollte vorrangige Zielsetzung sein, Arbeitsplätze zu erhalten.
Neben der musikalischen Ausbildung haben Musikschulen als Kultureinrichtungen positive Streueffekte (sogenannte Externe Effekte) auf ihr lokales Umfeld. So nutzt ein Großteil der Eltern, die ihr Kind zur Musikschule bringen, die Einkaufsmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe, um die Wartezeit zu überbrücken.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass der benachbarte Einzelhandel tatsächlich von der Musikschule profitiert, da diese Einkäufe sonst in Wohnortnähe getätigt werden. Außerdem ergibt sich positiver Zusatznutzen für den örtlichen ÖPNV sowie ansässige Musikalienhändler, Unternehmen und Institutionen in Form von finanziellen Einnahmen und immateriellen Leistungen wie Mitgestaltung feierlicher Anlässe durch Musikschulschüler und öffentliche Konzerte.
Bemerkenswert ist dabei auch der positive Effekt für benachbarte Gastronomiebetriebe, da deren Angebote oft von Lehrern, Schülern und Eltern zum Beispiel im Anschluss an Wettbewerbe oder Konzerte angenommen werden.
Obwohl diese überaus positiven Wirkungen nachweislich bestehen, werden sie nicht unbedingt als solche wahrgenommen, sondern sie würden vielmehr auffallen, würde die Bildungseinrichtung geschlossen werden und die damit verbundenen Effekte wegfallen.
Sicherlich können von anderen Institutionen und Unternehmen entsprechend größere ökonomische Effekte ausgehen, welches vor allem durch marktwirtschaftliche Aktivitäten bedingt wird. Viel bemerkenswerter ist es daher, dass Musikschulen, deren Aufgabe die Vermittlung musikalischer Bildung ist, zusätzlich positive ökonomische Nebeneffekte induzieren. Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung der musikalischen Ausbildung vor allem von Kindern und Jugendlichen besteht in der Prägung des zukünftigen Konsumverhaltens bezüglich des Kunst- und Kultursektors. Es ist logisch, dass Menschen, denen der Zugang zu verschiedenen Musikkategorien nicht vermittelt werden konnte, kaum ein Interesse dafür zeigen werden.
Als Folge ergibt sich daraus eine sinkende Nachfrage, da eine Wertschätzung für den Konsum von beispielsweise sogenannter Hochkultur fehlt. Dies spielt nicht nur für die öffentlich mitfinanzierte Kulturlandschaft eine umfassende Rolle sondern hat vielmehr noch Auswirkungen auf den komplexen Sektor der Musikwirtschaft.
Nicht zuletzt haben öffentliche Musikschulen auch eine große Bedeutung für die Gesellschaft.
Diese besteht auf der einen Seite unter anderem in der Ausbildung des Künstlernachwuchses und auf der anderen Seite in der Prägung des Sozialverhaltens eines Menschen, somit einer Bildung des Humankapitals.
Um besonders vielen Interessierten einen Zugang zu einer aktiven Musikgestaltung zu ermöglichen und ein breites Angebot im Rahmen der Kulturpflege bereitzuhalten, engagiert sich der Staat über die Mitfinanzierung der öffentlichen Musikschulen auf diesem Sektor.
Die öffentliche Hand kommt somit Aufgaben der staatlichen Grundversorgung nach, da die privaten Musikschulen dies entweder nicht im gleichen Umfang oder zu gleichen Beitragskonditionen leisten können.
Wird das Engagement des Staates in Zeiten überaus angespannter Finanzlagen der öffentlichen Haushalte in Frage gestellt, so kann diesem nur entschieden entgegen getreten werden. Sowohl die musikalische Bildung an sich, unter anderem für das Erlangen sozialer Kompetenzen und für die Erhaltung der Kulturvielfalt, als auch die Musikschule als Bildungseinrichtung, eingebunden in ökonomische Verflechtungen der Gesellschaft, sind überaus bedeutend.