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Niedersachsen will Verbreitung der «Killerspiele» eindämmen

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Hannover - Niedersachsen fordert eine grundlegende Änderung im Umgang mit der Computerspielsucht bei Kindern und Jugendlichen. Hintergrund ist eine Studie des Kriminologischen Instituts Niedersachsen (KFN), wonach allein 14 000 Neuntklässler in Deutschland computerspielsüchtig sind, vor allem nach PC-Rollenspielen wie «World of Warcraft», aber auch nach sogenannten Killerspielen wie «Counter Strike».

KFN-Direktor Christian Pfeiffer und Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann (CDU) stellten am Montag in Hannover ein Maßnahmenpaket vor, mit dem der hohen Zahl an Betroffenen begegnet werden soll. So will die Landesregierung unter anderem den illegalen Verkauf von Gewaltspielen an Minderjährige künftig mit verdeckten Testkäufen eindämmen. Auch der Amokläufer von Winnenden und Wendlingen hatte nach Angaben der Ermittler Killerspiele zu Hause und sie noch am Abend vor der Tat gespielt.

Die Spiele-Testkäufe sollen nach dem Vorbild der Alkohol-Testkäufe erfolgen, die seit einigen Monaten in Niedersachsen praktiziert werden und illegale Verkäufe von alkoholischen Getränken an Minderjährige aufdecken sollen. Bei Verstößen gegen die gesetzlichen Vorschriften der Altersfreigabe sollen Verkäufer mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro belegt werden.

In der von Pfeiffer vorgestellten Studie wurden 44 610 Neuntklässler zu ihren Internet- und Computerspielvorlieben befragt. Danach weisen 4,3 Prozent der Mädchen und 15,8 Prozent der Jungen ein «exzessives Spielverhalten» mit mehr als 4,5 Stunden täglicher Computerspielnutzung auf. Mehr als 14 000 Neuntklässler in Deutschland gelten laut KFN als computerspielsüchtig. Weitere 23 000 sind stark suchtgefährdet. Die Gesamtzahl der computerspielsüchtigen Kinder und Jugendlichen in Deutschland bezifferte Pfeiffer auf 50 000 bis 60 000.

Ross-Luttmann kündigte an, ihren Vorschlag verdeckter Testkäufe bei der nächsten Konferenz der Jugend- und Sozialminister von Bund und Ländern auf die Tagesordnung zu bringen. Es sei «erschreckend», wie leicht Kinder und Jugendliche an Spiele gelangen könnten, die nicht ihrem Alter entsprächen, beklagte sie.

Neben den Testkäufen bei Gewaltspielen will sich Ross-Luttmann darüber hinaus für eine generelle Heraufsetzung der Altersfreigabe bei stark süchtig machenden Computerspielen einsetzen. «World oft Warcraft» etwa - derzeit ab einem Alter von zwölf Jahren erhältlich - dürfe künftig erst an Erwachsene verkauft werden. Zudem müssten Eltern deutlich stärker sensibilisiert werden, welche Bedrohung Computerspiele für die Entwicklung ihrer Kinder darstellten. «Eltern müssen wissen, welches Gefährdungspotenzial in den Kinderzimmern liegt», betonte Ross-Luttmann.

 

Ergänzung:

(nmz – ddp) - Grünen-Chefin Claudia Roth hingegen hält nicht viel von neuen Verboten der sogenannten Killerspielen. «Abgesehen davon, dass Killerspiele bereits verboten sind», sagte Roth, «kann man der Illegalität in einer globalisierten Internetwelt mit Verboten nur wenig entgegensetzen.» Wichtiger seien Medientraining und Medienschulung - «Medienkompetenz für Kinder und für Eltern». Die Eltern müssten wissen, was ihre Kinder fünf Stunden täglich am Computer machen.