Berlin - Für einen Neuanfang mit etwas Kultur muss alles ganz schnell gehen. Beim Bau der Komischen Oper im Nachkriegs-Berlin wird improvisiert. Das macht die Sanierung im Jubiläumsjahr zum Halb-Milliarden-Projekt.
Mit dem 75. Jahr ihres Bestehens kommen auf die Komische Oper Berlin unruhige Zeiten zu. Das Stammhaus nahe dem Brandenburger Tor muss dringend saniert werden. Zudem soll eine Erweiterung mehr Platz schaffen. Für eine noch ungewisse Zeit zieht eines der drei Opernhäuser der Hauptstadt dafür in der kommenden Spielzeit um. Das Schillertheater im Westen der Stadt wird zur Spielstätte, zudem sind dezentrale Projekte geplant. Vorher wird an diesem Freitag noch bei einer Gala mit Höhepunkten aus Produktionen des Hauses gefeiert.
«Die Sanierung der Komischen Oper ist ein großer Brocken», sagte Kultursenator Klaus Lederer der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Die Kostenprognose von 2018 lag bei 227 Millionen Euro, in der Vorplanung sind wir jetzt bei ungefähr 437 Millionen Euro.» Viele Beteiligte hätten da erst mal einen Schock bekommen. Nicht so der Linke-Politiker, «weil der Baupreisindex im Augenblick wirklich bei allen Bauvorhaben explosionsartig die Kosten steigen lässt».
«Bei einem Gebäude, das im Grunde nach dem Zweiten Weltkrieg sehr schnell und sehr engagiert für das Wiederanfahren des Kulturlebens in der Stadt hergerichtet worden ist und seitdem keine grundlegende Sanierung erfahren hat, muss man bei einem so umfangreichen Vorhaben mit Unsicherheiten und Problemen rechnen», sagte Lederer. Die Kostenerhöhung resultiere nicht aus zusätzlichen kulturfachlichen Anforderungen, die seien von Anfang an in diesem Prozess angemessen berücksichtigt worden.
«Wir haben sehr darauf geachtet, dass das in einem vernünftigen Rahmen bleibt», sagte Lederer. «Gemeinsam mit der Komischen Oper haben wir das richtige Maß gefunden an Anforderungen an die Sanierung, um eine zeitgemäße, aber nicht aus dem Ruder laufende, nicht völlig überkandidelte Oper zu haben. Insofern liegen wir jetzt im Plan, auch zeitlich.»
Wie lange der Umbau dauern wird und wie viele Spielzeiten im Opern-Exil stattfinden werden, mochte der Senator nicht beziffern. «Zum Zeitplan kann man derzeit keine Prognose abgeben. Wir haben eine dermaßen dynamische, schwierige Entwicklung, die von so vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird, dass man das nicht wirklich ehrlich sagen kann.» Lederer verwies auf Lieferengpässe und ähnliche Probleme, die die gesamte Baubranche erfasst haben. «Wir hoffen, dass es keine große Hängepartie wird, weil natürlich Bauverzögerungen im Augenblick richtig teuer sind.»
Eine Alternative etwa in Form einer erneuten Kostendebatte sieht Lederer nicht. «Wir müssen mit dem Planungsstand, den wir jetzt haben, weiterfahren», sagte er. Alles sei in der Investitionsplanung abgesichert. «Eine Debatte darüber zu führen und die gesamte Baumaßnahme noch einmal infrage zu stellen, würde bedeuten, am Ende wahrscheinlich für viel mehr Geld viel weniger zu bekommen als das, was jetzt auch angemessen ist.»
Die 1947 eröffnete Komische Oper greift mit ihrem Namen das im Krieg zerstörte Haus ebenso auf wie die Volksnähe der französischen Opéra comique. Entsprechend grenzt sich auch das Programm mit meist eher leichten oder ungewöhnlich inszenierten Opern und einigen Operetten zu den beiden anderen Häusern Staatsoper Unter den Linden und Deutsche Oper Berlin ab. Das Intendantenduo Susanne Moser und Philip Bröking sieht die Sanierung auch als Chance. «Hier entsteht ein Opernhaus für das 21. Jahrhundert, das der gesamten Stadtgesellschaft offensteht.»
Für Fans des runtergerockten Baus hat sich die Komische Oper noch etwas Besonderes einfallen lassen. Die international für ihre Arbeiten zu Innenarchitekturen gefeierte Fotografin Candida Höfer hat mit ihrer Kamera das alte Gebäude durchforstet. Herausgekommen sind drei für die Komische Oper typische Motive, die nun in limitierter Auflage verkauft werden.