Während der Deutsche Musikrat in den vergangenen Monaten mit sich selbst beschäftigt war, gelang es einem seiner großen Mitgliedsverbände, der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände, immer wieder die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Erst vor wenigen Monaten hatte der Verband seinen Namen von Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände in Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. (BDMV) geändert und war damit nicht gerade auf Gegenliebe in der Verbandslandschaft gestoßen. Zur Musikmesse präsentierte sich die BDMV in einer Kooperation mit Messe, Kulturstiftung der Länder und Dr. h. c. Gerhard-Weiser-Stiftung. Hinter all diesen Verbandsaktivitäten steckt seit 1999 ein neuer Kopf: BDMV-Generalsekretär Stefan Liebing. Der Hobby-Posaunist hatte bereits während des Studiums Non-Profit- und Verbandsmanagement als Steckenpferd. Liebing war dann in Unternehmensberatungen tätig und bekam schließlich 1999 die Anfrage, diese Verbände zu beraten. Inzwischen ist er Generalsekretär und Mitglied des Präsidiums, alles in ehrenamtlicher Funktion. Andreas Kolb von der neuen musikzeitung sprach mit dem rührigen Manager auf der Musikmesse in Frankfurt.
Während der Deutsche Musikrat in den vergangenen Monaten mit sich selbst beschäftigt war, gelang es einem seiner großen Mitgliedsverbände, der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände, immer wieder die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen. Erst vor wenigen Monaten hatte der Verband seinen Namen von Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände in Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. (BDMV) geändert und war damit nicht gerade auf Gegenliebe in der Verbandslandschaft gestoßen. Zur Musikmesse präsentierte sich die BDMV in einer Kooperation mit Messe, Kulturstiftung der Länder und Dr. h. c. Gerhard-Weiser-Stiftung. Hinter all diesen Verbandsaktivitäten steckt seit 1999 ein neuer Kopf: BDMV-Generalsekretär Stefan Liebing. Der Hobby-Posaunist hatte bereits während des Studiums Non-Profit- und Verbandsmanagement als Steckenpferd. Liebing war dann in Unternehmensberatungen tätig und bekam schließlich 1999 die Anfrage, diese Verbände zu beraten. Inzwischen ist er Generalsekretär und Mitglied des Präsidiums, alles in ehrenamtlicher Funktion. Andreas Kolb von der neuen musikzeitung sprach mit dem rührigen Manager auf der Musikmesse in Frankfurt.nmz: Vor wenigen Monaten änderte Ihr Verband seinen Namen von Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände in Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände e.V. (BDMV). Dies löste Irritationen unter den Musikverbänden aus. Wie stellt sich für Sie die Situation dar?Stefan Liebing: Wir haben nicht vor, gegenüber dem Deutschen Musikrat eine Konkurrenzorganisation aufzubauen.
Wir haben nicht vor, andere Musiksparten abzudecken als bisher. Ich möchte nach wie vor einen konstruktiven Ansatz pflegen in der Zusammenarbeit mit dem Deutschen Musikrat. Für die Namensänderung gibt es im Wesentlichen zwei Gründe. Der eine ist das Image der Begriffe Blas- und Volksmusik, die bisher im Verbandsnamen enthalten waren. Sie haben einfach ein negatives Image und sind falsch besetzt. Der zweite Punkt: die Bundesvereinigung ist Dachorganisation von Landesmusikverbänden. Wir haben einen niedersächsischen Musikverband, einen Landesmusikverband Rheinland-Pfalz, wir haben einen Hessischen Musikverband. Die BDMV hat überhaupt kein Interesse daran, sich gegenüber dem Deutschen Musikrat anders zu positionieren als bisher. Allerdings stellen wir andere Ansprüche an die Arbeit unseres Dachverbandes. : Welche wären das?
: Erstens: Der Deutsche Musikrat muss viel stärker als bisher Interessen seiner Mitglieder bündeln, gegeneinander abwägen und gegenüber Politik und Medien darstellen.
Das zweite Feld sind Angebote für die Mitglieder nach innen. Warum bieten wir nicht zentrale, hauptamtlich besetzte Serviceeinheiten bei unserer Dachorganisation, anstatt dass jeder Verband versuchen muss, mit geringen hauptamtlichen Möglichkeiten, das für sich selbst zu tun. : Können Sie ein Beispiel nennen?
: Das können ganz einfache Angebote der juristischen, steuerlichen, der fachlich-inhaltlichen Beratung sein. Alles das lässt sich sinnvoll zentralisieren und bei einem Dachverband bündeln. Das dritte Feld ist das musikalisch-inhaltliche. Es sollen hier nicht die tollen Projekte, die der Musikrat betreibt, schlecht gemacht werden. Vielmehr geht es darum, dass neben den Projekten zwei annähernd gleichwertige Aufgabenfelder stehen, die bisher nicht bearbeitet wurden. Unser Bundesverband und ich persönlich bieten hier gern an, diese Felder zu unterstützen und aufzubauen. : Wie könnte das aussehen?
: Wie organisieren wir die Interessen der Musik gegenüber der Politik? Ist es sinnvoll, dass jeder Verband im Bundestag die Runde macht? Ist es sinnvoll, dass die Verbände eigene parlamentarische Abende machen? Ist es sinnvoll, dass Verbände eigene Imagekampagnen starten? Damit sind wir bei der Kampagne, die wir hier mit Partnern auf der Frankfurter Musikmesse machen. Auch hier könnte ich mir vorstellen, den Deutschen Musikrat eng einzubinden.
All diese Vorschläge haben wir zur Kampagne „Hauptsache Musik“ auch gemacht. Ohne in irgendeiner Form Resonanz zu finden. Unsere Mitglieder verlangen inzwischen, dass sich etwas tut, deshalb müssen wir selbst aktiv werden.
Die Tatsache, dass so gewichtige Kooperationspartner wie die Musikmesse oder die Kulturstiftung der Länder bereit waren, sich zu engagieren, zeigt, dass dieses Thema eine Lücke ist. Diese Lücke könnte der Deutsche Musikrat gemeinsam mit uns besetzen, wenn er das nicht möchte, dann müssen wir sie eben allein füllen. : Wie sehen Sie den personellen Wechsel beim Deutschen Musikrat. Was versprechen Sie sich von der Arbeit des neuen Generalsekretärs Thomas Rietschel?
: Es ist mehr als notwendig, dem neuen Generalsekretär Zeit zu lassen. Eine so schwierige Aufgabe heißt, dass man sich umfangreich einarbeiten muss. Wir begleiten das gern konstruktiv. Ich bin optimistisch, dass der neue Generalsekretär in vielen Bereichen in die gleiche Richtung denkt wie unser Verband das tut. Ich bin aber gespannt, wie die komplexe Organisationsstruktur des Deutschen Musikrats ihm ausreichende Entscheidungsspielräume ermöglichen wird. Der Deutsche Musikrat braucht dringend eine Satzungsreform. Wir müssen Entscheidungsstrukturen im ehrenamtlichen Bereich straffen, eine Reihe von Gremien zusammenfassen. : Wie könnte so eine „Straffung“ aussehen?
: Ehrenamtliche müssen sich mehr darauf beschränken, die Strategie, die Inhalte vorzugeben. Sie müssen dann den Hauptamtlichen die Freiheit lassen, das so umzusetzen wie sie das als Profis für richtig halten. Wir brauchen viel stärker ein Modell, in dem das Präsidium Aufsichtsratfunktionen wahrnimmt und der Generalsekretär mit seinen hauptamtlichen Führungskräften einen Vorstand bildet.
Die beratenden Gremien können wir konzentrieren. Es ist nicht sinnvoll, für jedes Projekt des Musikrates einen ehrenamtlichen Ausschuss zu berufen. Wir könnten die Projektausschüsse in der jetzigen Form streichen. Wir müssen uns auch Gedanken machen, ob die Bundesfachausschüsse als getrennt tagende Gremien sinnvoll sind und ob es nicht viel besser ist, ein Beschlussgremium, eine Art Bundesvorstand zu haben, der politische Leitlinien festlegt und bei dem gewährleistet ist, dass auch alle Sparten des Musiklebens vertreten sind. Zum Beispiel sollte die Musikwirtschaft oder die Laienmusik endlich mehr Gewicht bekommen.
Da gibt es von unserer Seite auch ein konkretes Konzept, wie so eine Struktur aussehen könnte. Ich erwarte nicht, dass dies beschlossen wird. Aber ich erwarte, dass sich die Gremien damit beschäftigen. : Sie sprachen vom „Imageproblem der Laienmusik“. Was ist damit gemeint?
: Wir haben im Moment einen Jugendanteil von 60 Prozent in den Orchestern und sind damit zufrieden. Wir müssen aber aufpassen, dass wir in zehn Jahren nicht da stehen wie viele Chöre heutzutage, die kurz vor dem Aussterben sind. Wenn wir jetzt zulassen, dass die breite Laienbewegung abbaut, heißt das, dass wir in zehn Jahren Auswirkungen in der Profiszene haben. Wie können wir junge Menschen interessieren für das Musizieren in einem Vereinsorchester bei dem Image, das den Vereinen zum Teil anhängt? Damit meine ich die berühmte „verknöcherte“ und „angestaubte“ Arbeitsweise. Wir müssen dafür sorgen, dass wir unsere Vereinsvorsitzenden so weiterbilden, dass sie erkennen, wie sie ihren Verein ausrichten müssen, damit sie junge Leute enger an sich binden. Wir müssen durch attraktive Angebote die jungen Leute nicht nur anlocken, sondern sie auch auf Dauer halten. Heute übernehme ich ein Ehrenamt nicht mehr für 20 Jahre, sondern für zwei. Die Mobilität unter den Jugendlichen ist viel größer. Wir müssen überlegen, wie wir durch das Musizieren, vielleicht auch durch Rahmenangebote, jungen Leuten auch auf Dauer Spaß vermitteln können an der Sache. Dazu gehört für den Verband, dass er versucht, den Verein möglichst frei zu halten von Verwaltungsarbeit. : Wie sieht Ihrer Meinung nach der Laienmusikverband 2020 aus?
: Das weiß ich noch nicht. Deshalb beschäftigt mich das Thema so sehr. Wenn ich pro Woche einen Abend für die Beschäftigung mit Musik habe, dann habe ich zur Auswahl, in die Disco zu gehen, CDs zu hören, mein Instrument auszupacken, mit Bekannten Musik zu machen, in die Oper zu fahren oder eben ins Konzert des Vereins zu gehen. Das mache ich nur dann, wenn dieses interessanter ist als die anderen Möglichkeiten, die ich aufgezählt habe. Ich fürchte, dass das Vereinskonzert momentan nicht attraktiv genug ist. Deshalb müssen wir uns neue Veranstaltungsformen ausdenken: Brauchen wir wirklich das Konzert mit den Stuhlreihen? Weiter gehört dazu eine bessere Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.
Unsere Herausforderung ist dabei: Wie qualifiziere ich Ehrenamtliche für all diese Dinge.