Dresden - Die beabsichtigte Entlassung der Landesbühnen Sachsen aus der Trägerschaft des Freistaates droht zu scheitern. Nach dapd-Recherchen verhindern gegenseitige Blockaden Verhandlungen über künftige Gesellschafterverträge und Tarife.
Das Wissenschafts- und Kunstministerium fordert die Theatergewerkschaften und die Deutsche Orchestervereingung jetzt zu Verhandlungen auf und verweist auf eine Frist bis zum 30. November. Danach drohen Kündigungen, soll die für den 1. August 2012 vorgesehen Überführung von Theater und Orchester in die private Rechtsform einer GmbH gelingen. "Ein Zögern erhält den Status quo nicht", warnt eine Sprecherin des Ministeriums.
Demgegenüber fordern zwei Theatergewerkschaften, die Deutsche Orchestervereinigung und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in einem Brief an Kunstministerin Sabine von Schorlemer (parteilos) zunächst Verhandlungen über einen Personalüberleitungsvertrag. Das hatte Thomas Früh, Abteilungsleiter Kunst im Ministerium, jedoch schon Ende Juli abgelehnt. Nach Auffassung des Ministeriums genügen die Regelungen für einen Betriebsübergang im Paragraph 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Carsten Heyder vom Orchestervorstand des Landesbühnen-Orchesters weist aber darauf hin, dass ein solcher Betriebsübergang nur Sicherheit für ein Jahr bieten würde. Deshalb strebe man einen Personalüberleitungsvertrag an, der auch mittelfristig mögliche Insolvenzen von Theater oder Orchester berücksichtige. "Die Vorbedingungen sind so grottenschlecht, dass bis zum 30. November gar nichts entstehen kann", gibt Heyder die Stimmung wieder.
Nach dem Haushaltbeschluss des Landtages vom vorigen Dezember und dem Konzept des Ministeriums sollen die Landesbühnen in eine Theater-GmbH mit dem Freistaat und dem Kulturraum Elbtal-Sächsische Schweiz-Osterzgebirge als Gesellschafter überführt werden. Zentraler Streitpunkt ist die Orchesterfrage. Das Landesbühnen-Orchester soll bis Ende Juli 2012 aufgelöst und mit der Elbland-Philharmonie Riesa vereinigt werden. Träger dieses bisherigen Kulturraumorchesters ist die Novum GmbH. Von ihr sollen die Landesbühnen künftig die Orchesterleistungen für das Musiktheater "einkaufen".
Für einige Verwirrung sorgt, dass der Freistaat formal gar nicht Tarifpartner ist, von seiner und der finanziellen Beteiligung der Landkreise Meißen und Sächsische Schweiz das Ergebnis aber entscheidend abhängt. Partner der Orchestervereinigung ist der Deutsche Bühnenverein als Arbeitgeber, konkret Christoph Dittrich als Geschäftsführer der Novum GmbH. Der sähe ein nach C-Tarif bezahltes Orchester von 72 Stellen mit dem bislang auf 4 Millionen Euro limitierten Zuschuss "einigermaßen auskömmlich finanziert".
Es gibt darüber hinaus Bemühungen, das Orchester auf 86 Musiker aufzustocken, die für einen mobilen Konzert- und Musiktheaterbetrieb mindestens nötig sind. Der Kreistag Meißen hat eine entsprechende Initiative ergriffen in der Hoffnung, damit ein finanzielles Entgegenkommen des Freistaates zu stimulieren.