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Auch viele Künstler und Schriftsteller sind angesichts der brutalen Bomben-Wirklichkeit im Irak verstört und fühlen sich in ihrer Arbeit sichtlich irritiert.
Von "seelischer Betäubung" spricht Günter Kunert und bringt damit wohl das Gefühl vieler seiner Schriftstellerkollegen auf den Punkt, die noch nie so stark wie jetzt gegen ein Gefühl der Ohnmacht und auch der Schizophrenie ankämpfen müssen.Angst und Ohnmacht
Das zeigte sich überdeutlich auf der Leipziger Buchmesse, wo die Autoren über die Intentionen ihres neuesten Werkes sprechen sollten und doch mit ungläubigen Seitenblicken die apokalyptisch anmutenden Bilder des Feuerregens über Bagdad, wenn "Präzisionswaffen" gigantische Rauch- und Feuersäulen auslösen, live im Fernsehen verfolgen konnten. "Apokalypse now" verkündet denn auch ein Transparent an Frank Castorfs Berliner Volksbühne kurz und bündig.
Der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass findet den Irak-Krieg schlicht "widerlich". Der Schauspieler Mario Adorf äußerte sein Gefühl "der Angst und der Ohnmacht" angesichts des Krieges. Der Schriftsteller Peter Härtling meinte, wenn "die Waffen sprechen", sei das immer eine Form der Sprachlosigkeit. Sein schwedischer Kollege Henning Mankell will nicht glauben, dass es keine Alternative zum Krieg gibt.
Die Kraft der Musik
Der Dirigent Sir Simon Rattle wandte sich in der Berliner Philharmonie an das Publikum und beschwor die Kraft der Musik und Kunst gegen Gewalt und Krieg. Deutlicher und persönlicher wurden Gerd Albrecht und Daniel Barenboim, der unter Hinweis auf die ablehnende Haltung der deutschen Bundesregierung zum Irak-Krieg verweist und betont, in diesem Falle sehr stolz zu sein, in Deutschland zu leben. Albrecht protestierte bei einem Konzert in Kopenhagen gegen die Beteiligung Dänemarks in der "Koalition der Kriegswilligen" und handelte sich heftige Kritik ein.
"Ein verlogener Krieg"
Der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass steht zusammen mit Kollegen wie Martin Walser und Christa Wolf an der Spitze einer breiten Ablehnungsfront gegen den Krieg, die sich bis zuletzt unter der Parole "Verhindern wir einen völkerrechtswidrigen Krieg!" zusammengeschlossen hatten.
Der frühere Theaterintendant Ivan Nagel spricht von einem "verlogenen Krieg" und prophezeit bei einer Niederlage des Iraks eine neue weltweite Welle des Terrorismus durch islamistische Fundamentalisten. Nagel hat Angst um Amerika, das zurzeit von einer "verbrecherischen Regierung" geführt werde.
Wirkungsvoller Protest?
Wie auch immer - der amerikanische Schriftsteller Richard Ford relativiert die Wirkung von Schriftsteller-Protesten gegen den Irak- Krieg mit einer simplen Erklärung: "Wir haben eben einen Präsidenten, der nicht liest und auch keine Schriftsteller kennt."