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Musikfonds-Stipendiaten 2020: Performance „Incendiary Incidents“, von Lea Letzel. Mt Lucy Railton und Florian Zwißler. Foto: Frederike Wetzels
Musikfonds-Stipendiaten 2020: Performance „Incendiary Incidents“, von Lea Letzel. Mt Lucy Railton und Florian Zwißler. Foto: Frederike Wetzels
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Schmerzhafte Überzeichnung trotz Aufstockung

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Mehr Mittel für den Musikfonds durch das Bundesprogramm NEUSTART KULTUR
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Die Stipendien des Musikfonds e.V. sollen Künstlerinnen und Künstlern der aktuellen Musikszene ermöglichen, Ideen für Musik in der Zeit während und nach der durch die Corona-Pandemie bedingten Einschränkungen zu entwickeln. Das können beispielsweise Recherchearbeiten sein, Konzepte für Musik sowohl im digitalen als auch im öffentlichen Raum, Kompositionsvorhaben ebenso wie Vorhaben zur Weiterentwicklung der individuellen Klangsprache sowie zur Produktion medialer Inhalte. Gefördert wird die künstlerische Arbeit an neuen Projektvorhaben mit insgesamt bis zu 10 Millionen Euro zusätzlich. Die Antragsfristen für die Förderrunden für 2020 sind bereits zu Ende. Der nächste Bewerbungsschluss ist der 31. Januar 2021. Die Projekte können ab dem 1. April 2021 beginnen.

Als Antwort auf die bedrohliche Situation der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler der aktuellen Musikszene hat die Bundesregierung auch den Musikfonds mit erheblich mehr Mitteln ausgestattet.

Zu den in normalen Zeiten jährlich zur Verfügung stehenden 2 Millionen Euro kamen im Juli 2020 Sondermittel in der Höhe von 10 Millionen Euro hinzu. Diese Sondermittel gibt der Musikfonds zum überwiegenden Teil in Form von Stipendien aus – für uns eine neue Form der Förderung des freien künstlerischen Schaffens. Ziel des Stipendienprogramms ist es, Musikschaffenden der freien Szene schnell und unbürokratisch unter die Arme zu greifen. Wir wollen ihnen eine Perspektive geben, damit sie ihre künstlerische Tätigkeit nicht aufgeben. Die Stipendien schaffen in der Krise einen Freiraum, sie ermöglichen eine neue Ausrichtung und Verortung musikalischer Konzepte und Werke.

Bis Mitte August 2020 wurden fast 3.000 Anträge auf Stipendien eingereicht – etwas weniger als die Hälfte der Anträge konnten bewilligt werden. Rund 8,3 Millionen Euro sind demnach bereits mit den knapp 1.400 bewilligten Stipendien vergeben. Jedes Stipendium ist mit 6.000 Euro dotiert und wird für sechs Monate gewährt. Die ersten Stipendiatinnen und Stipendiaten treten ihr Stipendium im November 2020 an, die letzten im Januar 2021. Zurzeit stimmen wir letzte Details bezüglich der Verwendungsnachweisführung ab. Sobald diese Fragen geklärt sind, werden die Stipendienverträge geschlossen, die Auszahlung erfolgt in monatlichen Raten.

Das Stipendienprogramm erreichte im Vergleich zur regulären Projektförderung des Musikfonds eine ungewöhnlich hohe Förderquote – denn da mehr Mittel zur Verfügung standen, konnten auch mehr Anträge be­willigt werden. Entsprechend haben uns zahlreiche Dankesschreiben von geförderten Musikerinnen, Komponisten, Klangkünstlerinnen und Musikperformern der experimentellen Musikszene erreicht. Viele haben uns mitgeteilt, dass das Stipendium existenziell wichtig ist, um sich in den kommenden Monaten finanziell über Wasser zu halten. Trotzdem: Es konnte nicht einmal die Hälfte der Anträge bewilligt werden.

Klar ist, dass dieses erste Stipendienprogramm des Musikfonds nicht ausreichen wird, um die Vielfalt der im Fokus stehenden Musikszene langfristig, über die sich leider in die Länge ziehende Krise hinaus, zu erhalten. Außerdem halten wir es für dringend notwendig, dass auch die traditionellen, nicht als experimentell geltenden Musikgenres, die laut Fördergrundsätzen nicht vom Musikfonds berücksichtigt werden können, mit ähnlichen Hilfsprogrammen gestützt werden.

Uns haben viele Beschwerden aus dem klassischen Musikbereich oder dem Bereich der alten Musik erreicht – obwohl sich die eigens für das Stipendienprogramm neu berufene, 15-köpfige Jury durchaus auf eine großzügige Auslegung geeinigt hatte und auch Stipendiatinnen und Stipendiaten zur Förderung ausgewählt hat, die musikalisch nicht per se zur Zielgruppe des Musikfonds zählen und im Rahmen der Projektförderung wenig Chancen auf Förderung hätten.

Mit den verbleibenden ca. 1,3 Millionen Euro werden auch die aktuell laufende, dritte Förderrunde in 2020 und die erste Förderrunde in 2021 aufgestockt. Das bedeutet eine Verdopplung der regulär zur Verfügung stehenden Mittel: anstatt rund einer halben Million Euro stehen jetzt für diese beiden Förderrunden jeweils ca. 1,1 Millionen Euro zur Verfügung. Zur Antragsfrist am 30. September 2020 erreichten uns zirka 350 Anträge, mit einem Gesamtantragsvolumen von über 7 Millionen Euro – damit ist der Fonds wieder schmerzhaft überzeichnet, die Förderquote wird in der dritten Förderrunde 2020 trotz der beträchtlichen Aufstockung der Mittel wieder deutlich unter 20 Prozent liegen.

Gregor Hotz, Geschäftsführer des Musikfonds (Nachdruck aus „Politik & Kultur“ 11/2020)

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