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Eckhart Hermann, Foto: privat
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Situation des Mittelbaus lässt zu wünschen übrig

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Ein Interview mit Eckhardt Hermann, Lehrbeauftragter an der Musikhochschule München
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Eckhart Hermann absolvierte in Freiburg und München ein Violinstudium und ist seit 1978 Mitglied des Bayerischen Staatsorchesters München. Seit 1988 ist er zudem als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Musik und Theater München tätig, wo er wie viele seiner Kollegen wichtige pädagogische Aufgaben für die musikalische Ausbildung der Studierenden übernimmt. Im Senat der Hochschule und im Hochschulrat vertritt er die Lehrbeauftragten und Angestellten des akademischen Mittelbaus. Um auf die weiterhin unbefriedigende Situation der Lehrbeauftragten aufmerksam zu machen (die nmz berichtete in den Ausgaben 3/05, 9/05, 12/07), traf sich Eckhart Hermann (Foto: privat) mit der nmz zum Gespräch.

neue musikzeitung: Herr Hermann, wie sieht die derzeitige Situation der Lehrbeauftragten an den deutschen Musikhochschulen aus?
Eckhardt Hermann: Die Situation der Lehrbeauftragten ist insgesamt sehr inhomogen. Eine Gruppe, zu der auch ich gehöre, hat ihren beruflichen Schwerpunkt an anderer Stelle, in meinem Fall ist dies die Tätigkeit im Staatsorchester. Die zweite Gruppe von Lehrbeauftragten ist freiberuflich tätig. Das Spektrum ihrer Arbeit setzt sich aus verschiedensten Orten und Tätigkeitsbereichen zusammen, der Lehrauftrag an einer Musikhochschule ist nur einer davon. Aus arbeitsrechtlichen Gründen dürfen die Lehraufträge an den Musikhochschulen nicht mehr als eine halbe Planstelle umfassen, da die Betreffenden sonst nach ein paar Jahren Anspruch auf eine unbefristete Beschäftigung hätten. Eine normale TVöD-Stelle umfasst typischerweise 21 oder 22 Wochenstunden, das heißt, die Obergrenze für Lehrbeauftragte liegt bei 9 bis 10 Stunden. Daher müssen auch die Lehrbeauftragten, die an der Nähe dieser Grenze tätig sind, auf jeden Fall noch an einer anderen Stelle berufstätig sein. Die Lehraufträge sind so gering bezahlt, dass es ausgeschlossen ist, davon seine Existenz zu sichern. Die Lehrauftragsvergütungen werden von den zuständigen Ministerien festgesetzt und sind – das muss man sich einmal vor Augen halten – seit 17 Jahren nicht mehr verändert worden.

nmz: Ursprünglich sollten die Lehrbeauftragten das Studienangebot an den Hochschulen nur ergänzen. Mittlerweile übernehmen sie über 50 Prozent des Lehrangebotes. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
Hermann: Seit den 80er-Jahren haben die Ministerien keine neuen Stellen mehr an den Musikhochschulen eingerichtet. Die Studentenzahlen sind allerdings weiterhin gestiegen und auch das Studienprogramm wurde ausgeweitet. Durch die Ausweitung der Lehraufträge lassen sich die Kosten natürlich gewaltig nach unten treiben. Je nach Status verdient ein Lehrbeauftragter zwischen 24 und 36 Euro pro Stunde – im Vergleich zu  Professoren und Mittelbau-Dozenten ist das nur ein Bruchteil. Dank des großen Reservoirs an guten Musikern in deutschen Städten gab es bisher genügend hochqualifizierte Musiker, die bereit waren, zu diesen Bedingungen an den Musikhochschulen zu unterrichten. Und schon lange unterrichten sie nicht nur  sogenannte Ergänzungsfächer, sondern auch im absolut unverzichtbaren Haupt- und Pflichtfach-Bereich.

nmz: Sie sagten, seit 17 Jahren gab es keine Veränderung der Vergütungssätze mehr. Das baden-württembergische Kultusministerium gab im Jahr 2007 die Sätze für die Musikhochschulen frei. Angesichts der gleichbleibenden Haushaltslage war es den Musikhochschulen aber nur durch eine interne Umverteilung möglich, die Vergütung der Lehrbeauftragten zu erhöhen. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? 
Hermann: Das Wissenschaftsministerium in München hat bereits zu erkennen gegeben, dass es auch bereit ist, die Honorarsätze für bayerische Musikhochschulen freizugeben. Allerdings wird an den Vergütungstöpfen, die das Ministerium für die Vergütung der Lehrbeauftragten zur Verfügung stellt, nichts verändert. Bei gleichbleibender Lehrbeauftragtenzahl gibt es keine Möglichkeit, die Honorarsätze der Lehrbeauftragten anzuheben. Um das Problem wirklich zu lösen, müssen die Etats der Hochschulen erhöht werden. Interne Umschichtungen in den Hochschulhaushalten zur kurzfristigen Erhöhung der Sätze sind nur eine Zwischenlösung – in Anbetracht der immer noch angespannten Haushaltslage vieler Hochschulen ist dafür im Grunde kein finanzieller Spielraum vorhanden.

nmz: Wo sehen Sie Potenzial für Verbesserungen?
Hermann: Neue Planstellen schaffen, statt ständig neue Lehrbeauftragte einzustellen. Nur wenn die Zahl der Lehrbeauftragten mittelfristig sinkt, kann der einzelne Lehrauftrag besser und angemessen vergütet werden. Langfristig müsste man den Umfang der Lehraufträge an dem gesamten Unterrichtsangebot schrittweise auf unter 30 Prozent reduzieren. Es ist natürlich schwierig, dies umzusetzen, ohne dabei Lehraufträge zu beenden. Da kann man nur auf die natürliche Fluktuation zurückgreifen. Im Gegenzug muss eine schnelle, deutliche und klare Anhebung der Lehrauftragsvergütungen durch das Ministerium erfolgen. Um das durchführen zu können, muss man die entsprechenden Etatansätze der Hochschulen jährlich um die gleichen prozentualen Sätze erhöhen, die für die Einkommen im öffentlichen Dienst gelten, alles andere ist Augenwischerei.

nmz: Der DTKV hat sich der unbefriedigenden Situation der Lehrbeauftragten angenommen und entsprechende Öffentlichkeitsinitiativen eingeleitet. Was erhoffen Sie sich durch diese Initiativen?
Hermann: Der DTKV hat erkannt, dass die Lehrbeauftragten eine unterprivilegierte Gruppe sind – obwohl sie für die Qualität der musikalischen Ausbildung eine ganz besondere Bedeutung haben. Dankenswerterweise hat das Präsidium des DTKV Herrn Dirk Hewig, den ersten Vizepräsidenten dieses Gremiums und Vorsitzenden des Vorstandes im Landesverband Bayern, zum Beauftragten für die Interessenvertretung der Lehrbeauftragten berufen. Das Problem ist, dass der DTKV als berufsständische Vertretung keinerlei Kompetenzen hat, an diesem Missstand etwas zu ändern. Er kann nur das öffentliche Bewusstsein schärfen und bei den Ministerien für eine Einstellungsänderung zu diesem Problem werben.

nmz: Was können die Hochschulen und Lehrbeauftragten selbst tun?
Hermann: Beim letzten Treffen der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen versuchte die Münchener Hochschule, die Situation der Lehrbeauftragten auf die Tagesordnung zu setzen. Dabei wurde deutlich, dass es innerhalb der Hochschulen keinen Konsens in dieser Frage gibt. Es gibt Hochschulen, die bereit sind, an ihrer Situation etwas zu ändern, es gibt aber auch Hochschulen, die so sehr auf die jetzige Situation angewiesen sind, dass sie sich gar keine Veränderung leisten können. Das betrifft vor allem die Hochschulen in den neuen Bundesländern. Die Lehrbeauftragten selbst befinden sich in einer schwierigen Lage. Auf Grund des inhomogenen Personenkreises ist es erfahrungsgemäß fast unmöglich, eine einheitliche Meinung zu den verschiedenen Aspekten des Lehrauftrags herzustellen. Nicht alle Lehrbeauftragte sind von den Vergütungen ihrer Hochschulen abhängig. Und ein Streik in Form einer Arbeitsniederlegung würde wenig Sinn machen, da die Lehrbeauftragten ihre Tätigkeit nicht auf der Grundlage von Arbeitsverträgen ausüben: Die ausgefallenen Unterrichtsstunden würden dann einfach nicht bezahlt. Entscheidend wichtig ist es, innerhalb der Hochschulen unbedingte Solidarität für die Lehrbeauftragten einzufordern: Erst dann besteht Aussicht auf Verbesserungen.

nmz: Es scheint, als fehle es den Lehrbeauftragen allerorts an einflussreicher Lobby. Wer kann oder müsste Ihrer Ansicht nach Partei für sie ergreifen?
Hermann: Wir müssen die musikinteressierte Öffentlichkeit darauf hinweisen, dass die hohe Qualität der Lehre an den deutschen Musikhochschulen ernsthaft in Gefahr ist. Dank der Öffentlichkeitsarbeit des DTKV findet derzeit in der Öffentlichkeit eine Sensibilisierung für dieses Thema statt.  Nicht zuletzt sollte sich auch die Studentenschaft über die Tragweite des Problems im Klaren sein: Es geht um die Qualität ihrer Berufsausbildung! Auf meinen Antrag haben wir im Senat und im Hochschulrat der Musikhochschule  München einen Appell an den zuständigen Kultusminister Goppel verabschiedet. Der Appell wurde dem Minister persönlich überreicht von einer großen Hochschul-Delegation, der auch der Präsident und der Kanzler angehörten. In diesem Schreiben baten wir den Minister eindringlich darum, sich vehement für die Lehrbeauftragten einzusetzen: Um an der unbefriedigenden Situation etwas zu ändern, muss eine deutliche Anhebung des LB-Etats erfolgen. Der Minister versprach, genau zu prüfen, wo es Verbesserungsmöglichkeiten gibt, und seinen Kollegen im Finanzressort ernsthaft davon zu überzeugen, dass hier ein lange aufgestauter dringender Handlungsbedarf besteht. Solche Initiativen müssten an jeder Musikhochschule stattfinden.

nmz: Wenn sich an der schlechten Situation der Lehrbeauftragten nichts ändert, wie wirkt sich das auf die Ausbildung der Studierenden aus?
Hermann: Bereits jetzt klagen einzelne Hochschulen darüber, dass sich zu den jetzigen Bedingungen in vielen Fächern keine hochqualifizierten Lehrbeauftragten mehr finden lassen. Und für die große Gruppe der langjährigen freiberuflichen Lehrbeauftragten gilt: Wer ständig existenziellen Ängsten ausgesetzt ist und aufgrund der sinkenden Honorareinnahmen gezwungen ist, sich weiteren beruflichen Belastungen auszusetzen, wird in Folge dieser Überlastung seinen Unterricht nicht so durchführen können wie jemand mit guten und angemessenen beruflichen Perspektiven. Es ist leider zu befürchten, dass gerade die langjährigen Lehrbeauftragten ihre pädagogischen und künstlerischen Fähigkeiten nicht mehr entsprechend ihrer Begabung, ihres Könnens, ihres Wissens und ihrer Erfahrung entfalten können. Die Studierenden dürfen nicht die Folgen einer verfehlten Personalpolitik tragen. Um dem vorzubeugen, muss sich unbedingt in absehbarer Zeit etwas verändern.

Interview: Aylin Leysieffer

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