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Spektakulärer Zirkus: Die Kölner Oper und ihre Ersatzspielstätte

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Daran werden sich die Kölner Opernfreunde gewöhnen müssen: weite Wege, eine Bühne ohne Orchestergraben und die Atmosphäre eines Provisoriums. Das Staatenhaus in Köln-Deutz, in den 1920er Jahren als Messehalle in einer ungewöhnlichen Halbrund-Architektur errichtet, wird nicht nur eine kurze Zwischenlösung für die Kölner Oper werden. Alles spricht im Moment dafür, dass das Staatenhaus mindestens bis Mitte 2018 der Hauptspielort der Kölner Oper sein wird.

Eigentlich wollte das Haus mit Hector Berlioz' monumentaler Künstleroper «Benvenuto Cellini» unter der Leitung des neuen Generalmusikdirektors François-Xavier Roth triumphal in das sanierte Stammhaus am Offenbachplatz einziehen. Dass daraus nichts würde, war im Juli für alle Beteiligten eine böse Überraschung. Denn Opernintendantin Birgit Meyer hatte die Verträge mit der bisherigen Ersatzspielstätte, dem Musical-Dome am Hauptbahnhof, bereits gekündigt. Nun sah sie sich mit der Tatsache konfrontiert, ohne Spielstätte in die längst geplante Spielzeit starten zu müssen.

Nach einigem Gezerre entschieden die Verantwortlichen, das Staatenhaus, das inzwischen von der Stadt bereits an einen Musical-Veranstalter verpachtet worden war, wieder zurückzumieten. Vergangene Woche wurde nun bekannt, dass die Baustelle am Haupthaus am Offenbachplatz in eine erneute Verlängerung geht, weil die städtischen Bühnen den Vertrag mit dem Ingenieurbüro kündigten, das für die Planung der technischen Anlagen zuständig war. Nun wird es eine neue Ausschreibung für die Planung geben.

Womit man nun die nächsten Jahre im Kölner Opernbetrieb zu rechnen hat, zeigte die Premiere von «Benvenuto Cellini» in exemplarischer Weise: Das Staatenhaus bietet große, atmosphärisch reizvolle Räume, die aber alles andere als im Herzen der Stadt liegen - vom Bahnhof Deutz dauert der stramme Fußmarsch nahezu 15 Minuten und führt durch ungemütlich dunkle Straßen und einsame Unterführungen. In den geräumigen Hallen gibt es keinen Schnürboden, Kulissen müssen von der Seite hereingeschoben werden.

Auch ein Orchestergraben fehlt, der günstigste Spielort für den Klangkörper muss jeweils erst gefunden werden. Bei «Benvenuto Cellini» ist das Gürzenich-Orchester weit hinter der ebenerdigen Spielfläche platziert, noch dazu teils verdeckt von Säulen. «Selbstverständlich ist die Anpassung der Produktion kompliziert, für La Fura, aber auch für das Orchester, für das wir eine geeignete Position finden mussten», sagte Roth dem «Kölner Stadt-Anzeiger». «Es ist nicht so komfortabel wie bei einem Orchestergraben im Theater, aber wir sind jetzt gut im Raum positioniert ... Ich habe auch einen guten Kontakt zu den Sängern.»

Die Regie von Carlus Padrissa, Kopf der einstigen Avantgarde-Truppe «La Fura dels Baus», sucht ihr Heil in Deutz im großen Spektakel. So sind im Staatenhaus unablässig sechs Artisten im Einsatz, baumeln von der Decke herab, schweben durch den Raum, laufen Säulen herauf, bauen Türme und malen mit dem Körper auf Projektionsflächen. Ein riesiger Totenschädel, der an Damien Hirsts Diamanten-Kopf erinnert, fährt herein und heraus, der Papst thront auf einem fahrenden Turm, der Chor und viele Statisten wimmeln umher.

Dieser Bildersturm unterhält das Auge, nutzt sich aber über die fast vierstündige Dauer der in Köln ausgegrabenen Urfassung des Werks doch ab. Grandios aber meistern die Sänger die schwierige Akustik und die Herausforderungen von Berlioz' Gesangspartien.

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