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Will die Jeunesses professioneller aufstellen: Johannes Freyer. Foto: JMD
Will die Jeunesses professioneller aufstellen: Johannes Freyer. Foto: JMD
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Strategische Fokussierung auf den Verband 4.0

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Die nmz im Gespräch mit Johannes Freyer, Präsident der Jeunesses Musicales Deutschland
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Die Mitgliederversammlung der Jeunesses Musicales Deutschland wählte am 13. November 2016 in Weikersheim den Tübinger IT-Manager und Musikexperten Johannes Freyer zum neuen Präsidenten. nmz-Chefredakteur Andreas Kolb traf Freyer zu einem Gespräch über die Aufgaben und Ideale des Verbands und über neue Gestaltungsformen.

neue musikzeitung: Wie verlief Ihr persönlicher Weg zur Jeunesses Musicales Deutschland?

Johannes Freyer: Ich habe unter anderem Betriebswirtschaftslehre in Mannheim studiert und in dieser Zeit mit Freunden – darunter ein ehemaliger Zivildienstleistender der JMD – eine Musikagentur gegründet. Zudem übernahm ich die Geschäftsführung einer Stiftung. Dann fragte mich der Programmchef Musik des damaligen Süddeutschen Rundfunks, ob ich nicht zur Zeit der Fusion im Klangkörpermarketing den ersten gemeinsamen Musikkalender realisieren wolle, und so ging ich für ein Jahr zum neu gegründeten SWR. Im Anschluss wurde ich Head of Marketing und Sales bei einer Sprachtechnologie-Firma. Als die sogenannte Dotcom-Blase platzte und mit ihr diese Firma, ging ich zurück zur Kultur.

nmz: Genauer zur Musik …

Freyer: Parallel zu all diesen Tätigkeiten habe ich immer intensiv Musik gemacht. Als Schüler habe ich zum ersten Mal bei der Jungen Oper Schloss Weikersheim als Bassist bei „Kiss me Kate“ mitgespielt.­ Seitdem haben mich der Verband und die in der JMD engagierten Menschen einfach nicht mehr losgelassen. Parallel zu Studium und Beruf war ich immer wieder für die Jeunesses Musicales tätig, absolvierte meinen Zivildienst im Generalsekretariat in Weikersheim, war viele Jahre für den Landesverband Baden-Württemberg aktiv, dort zuletzt auch als Vorsitzender. Seit sechs Jahren bin ich Mitglied des Bundes-Präsidiums und wurde im Herbst 2016 zum Präsidenten gewählt.

nmz: Was macht der Jeunesses-Präsident heute hauptberuflich?

Freyer: Seit mittlerweile zehn Jahren führe ich die Internetagentur Margraf-New-Media GmbH. Unter anderem entwickeln wir E-Learning-Räume für die Deutsche Entwicklungshilfe. Webportale für das klassische Musikbusiness sind ein zweiter Schwerpunkt, beginnend beim Deutschen Musikrat, dem Bundesjugendorchester bis hin zur Frankfurter Musikhochschule. Wir kreieren und betreuen Webseiten von Stiftungen ebenso wie ein Portal, auf dem sich studierende Instrumentalisten präsentieren können.

nmz: Was macht für Sie „Jeunesses Musicales“ aus?

Freyer: Vor allem die Offenheit und Neugier gegenüber dem anderen Menschen. Auch die Sehnsucht danach, etwas Neues lernen und kennenlernen zu wollen und die Chance, die eigenen Ideen in qualitätvollen Projekten zu verwirklichen. Das verbindet uns über alle weltanschaulichen und sonstigen Grenzen hinweg, und das macht die Jeunesses Musicales so spannend.

nmz: Man kann dort etwas bewegen?

Freyer: Bei der Jeunesses Musicales ist sehr viel Entwicklung möglich. Ein Beispiel: Zurzeit sind wir in einem Prozess der strategischen Fokussierung. Wir bekommen seit einigen Jahren Unterstützung durch einen der Mitbegründer von McKinsey Deutschland, Hajo Riesenbeck, einem begeisternden Strategen, der uns dabei unterstützt, unsere Ziele noch klarer zu fassen und das Potenzial unserer Aktivitäten voll zu entfalten.

nmz: Welche Aktivitäten? Was soll geschehen?

Freyer: In der jetzt begonnenen Vorstandsperiode geht es darum, die neuen Ideen auf der Basis eines Mission Statements umzusetzen. Die wichtigsten Punkte sind:

1. Eine inhaltliche Neubewertung unserer Werte. Wir wollen sie klarer machen.
2. Wir werden uns professioneller aufstellen, um diese Ziele umsetzen zu können. Ich bin dankbar, ein junges Präsidium an der Seite zu haben, das dafür glüht, das umzusetzen.
3. Wir wollen langfristig zu DER Gemeinschaft engagierter junger Musiker werden.
4. Wir setzen uns für die Persönlichkeitsbildung durch die Musik ein. Deshalb fördern wir besonders die Partizipation und Selbstverantwortlichkeit von Jugendlichen.
5. Wir sind Teil des Jeunesses-Musicales-Weltverbands und engagieren uns für internationale Begegnung und interkulturelle Verständigung.
6. Ganz wichtig ist uns die innovative Grundhaltung. Man muss am Puls der Zeit bleiben, die Bereitschaft haben, sich auf Neues einzulassen.

nmz: Kurz zusammengefasst: Die Jeunesses Musicales Deutschland wird umgebaut?

Freyer: Ich glaube, wenn man nicht in Bewegung bleibt, fällt man zurück. Ich wünsche mir, die JMD so aufstellen zu können, dass wir dauerhaft in Bewegung sind. Das geht nur mit musikbegeisterten Jugendlichen, mit denen wir über unsere Angebote in Kontakt kommen: Diese müssen wir integrieren, ihre Ideen aufgreifen und in Projekten konkretisieren. Wir greifen auch neue Ideen aus der sich schnell entwickelnden IT-Branche auf: etwa Formate wie BarCamps, die sich mit Musik-Themen auseinandersetzen. Wir wollen zu einem agilen Projektmanagement innerhalb des Präsidiums und des Generalsekretariats kommen, Ideen, die aus der digitalen Arbeitswelt kommen, für die Verbandsarbeit nutzbar machen, also vielleicht „Verband 4.0“.

nmz: Die TauberPhilharmonie soll gebaut werden und löst die alte Stadthalle in Weikersheim endlich ab.

Freyer: Wir sind sehr froh über diese Entscheidung der Stadt Weikersheim. Für unseren bundeszentralen Standort ist das ein sehr großer Schritt. Anfang 2019 soll die Eröffnung sein. Es wird eine schöne Triade: das Schloss, das Logierhaus der Musikakademie, und die neue Philharmonie mit zwei schönen, großen Sälen direkt daneben. Unsere Musikakademie wird als Ankermieter die TauberPhilharmonie zu ungefähr einem Drittel auslasten.

nmz: Wie sieht das konkret aus: Mehr Eigenproduktionen oder mehr Gastspiele?

Freyer: In unserer Musikakademie sind das ganze Jahr über musikalische Gruppen zu Gast, mit 11.000 Besuchern letztes Jahr sind wir eine der größten Musikakademien Deutschlands. Mit der TauberPhilharmonie kann die JMD als Jugendorchesterverband ihren Mitgliedensembles, insbesondere den sinfonischen Jugendorchestern für Proben und Konzerte eine optimale, hoch attraktive Situation bieten. Es gibt aber auch Eigenproduktionen: zum Beispiel den Kleinkunstwettbewerb „Leben eben“ oder Abschlusskonzerte des Bundeswettbewerbs „Jugend komponiert“ und sicher wird die JMD in der Philharmonie eine eigene Konzertreihe kuratieren.

nmz: Die meisten Verbände kennen ihn, den Mitgliederschwund. Wie stellt sich das bei der JMD dar?

Freyer: Gemessen an der Zahl der Mitglieder sind wir ein eher kleiner Verein. Wir kommen auf rund 300 Mitgliederensembles mit insgesamt circa 15.000 jungen Musikerinnen und Musikern. Eine der Herausforderungen für uns liegt darin, immer wieder aufs Neue junge Menschen für die Teilnahme und auch die aktive Mitarbeit in unseren Projekten zu begeistern und zu gewinnen. Aus diesem Grund haben wir die Jugendinitiative „mu:v – Musik verbindet“ gegründet und daraus das Format mu:v-Camp entwickelt. An diesem  facettenreichen Angebot können sich junge Menschen beteiligen und die unterschiedlichsten Zugänge zur Musik und zum Musizieren erproben. Das kann ein Modell für zukünftige Aktivitäten sein, die mehr und mehr auch von lokal aktiven Protagonisten der JMD umgesetzt werden können.

nmz: Sie sind Dozent beim mu:v-Camp als Leiter des Salonorchesters. Woher kommt diese Leidenschaft für die Salonmusik?

Freyer: Einmal kaufte meine Mutter ein Grammophon und legte dort alte Schellackplatten auf, die sie noch hatte. Ich war sofort fasziniert vom besonderen Klang und der alten Spielweise und habe dann versucht, dem nahe zu kommen. Während des Musikstudiums in Darmstadt gründete ich ein erstes kleines Salonorchester und habe inzwischen sicher über 500 Konzerte gegeben. Heute spiele ich unter anderem im Süddeutschen Salonorchester Klavier. Mit über 25.000 Salonmusik-Stücken besitzen wir eine der größten privaten Sammlungen dieser Art. Ich sehe das auch als gesellschaftliche Aufgabe: Salonmusik war schon fast vergessen, über das Swing-Tanzen erlebt sie derzeit ein Revival.

nmz: Salonmusik ist also nicht nur ein Retrotrend?

Freyer: Sie ist ein schönes Bindeglied zwischen Klassik und Pop, die Eingängigkeit der Melodien ist leicht zu fassen und stellt dennoch hohe Ansprüche an die Spieler. Die 3:30 Minuten Lieddauer der heutigen Popmusik stammt von der technischen Spieldauer der Schellackplatte.

nmz: Die JMD ist Anbieter hochwertiger Ausbildung. Wie ist die Marktlage, vielleicht auch in Konkurrenz mit den Musikhochschulen?

Freyer: Für Musikhochschulen sind wir eine Ergänzung, keine Konkurrenz. Das Gleiche gilt für den Musikschulbereich. Wenn wir die Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellen, dann hat das ja einen Grund: Wir sind davon überzeugt, dass qualitätvolle Musik aus der Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit erwächst. Hierfür bieten die Kurse der JMD eine Intensität, die in den Musikinstitutionen so nicht möglich ist.

nmz: Wie entwickelt die JMD ihre Angebote?

Freyer: Wir entwickeln unser Angebot permanent weiter. Das gilt nicht nur für die Konzeption neuer Formate, sondern auch für bewährte Projekte, wie die Junge Oper Schloss Weikersheim. Nehmen wir diese doch als Beispiel: Ein Vorsingen zu machen und mit den Besten ein Stück zu erarbeiten – dieses Modell war uns zu wenig. Ist doch bereits das Vorsingen eine Anforderung an einen jungen Sänger, eine junge Sängerin und eine Situation, die geübt werden kann. Deshalb beginnt unsere Internationale Opernakademie lange vor den musikalischen und szenischen Proben einer Produktion. Dieses Jahr spielen wir „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck. Für die Akademie haben sich über 200 junge Sängerinnen und Sänger beworben. 120 wurden zu Workshops eingeladen, um sich sängerisch und darstellerisch vorzustellen. 18 haben wir ausgewählt, in der Opernproduktion im Sommer als Solisten mitzuwirken. Diese Weiterentwicklung unseres bewährten Projekts ist so ein Gewinn für alle Beteiligten, denn auch die, die keine Rolle bekommen, gehen nicht leer aus.

nmz: Worauf liegt der Schwerpunkt der kulturpolitischen Arbeit der JMD?

Freyer: Einer unserer erklärten Schwerpunkte ist Internationalität, schon durch unsere Herkunft und Vernetzung in unserem Weltverband. Die JMD konnte zum Beispiel ihr entsprechendes Förderbudget aus dem Kinder- und Jugendplan des Bundes versechsfachen und eine Personalstelle dafür einrichten und vergibt nun bundesweit die Mittel für den gesamten Bereich Jugendorchester und Ensembles.

nmz: Wie funktioniert die Mittelbeschaffung bei der JMD?

Freyer: Mit etwas über 50 Prozent bilden öffentliche Mittel den Schwerpunkt. Wir können 25 Prozent durch eigene Einnahmen, also Mitgliedsbeiträge, Kursgebühren et cetera erzielen, das letzte Viertel sind dann Mittel, die wir bei Sponsoren und über private Spenden wie von unserem Freundeverein oder über unsere JMD-Stiftung bekommen.

nmz: Ich wünsche alles Gute fürs neue Amt.

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