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Das Bild täuscht: Musikvermittlung ist kein Idyll, sondern Pflichtaufgabe. Foto: Martin Hufner
Das Bild täuscht: Musikvermittlung ist kein Idyll, sondern Pflichtaufgabe. Foto: Martin Hufner
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Vielfältiges Nachdenken in Wildbad Kreuth

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Zum Kongress „Musikvermittlung“ des Deutschen Musikrates vom 2. bis 5. Mai 2006
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Beeindruckend war sie schon, die Unterschiedlichkeit der Professionen, Denkweisen, konzeptionellen und praktischen Ansatzpunkte, künstlerischen Darstellungsweisen und politischen Optionen der etwa 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Berufsfeldern Wissenschafts- und Musikpolitik, Theater, Schule, Musikschule und Hochschule sowie aus Vereinen, Verbänden, Projekten und den Medien, die sich im romantisch gelegenen Wildbad Kreuth zusammengefunden hatten, um über das Phänomen Musikvermittlung gemeinsam ins Gespräch zu kommen.

Erklärtes Ziel der Veranstalter war es, bewährte und neue Wege der Musikvermittlung deutlich zu machen, um möglichst vielen Menschen in unserer Gesellschaft vielfältige und differenzierte Zugänge zu der Welt der Musik zu ermöglichen, wie es im Flyer zur Ankündigung dieser Tagung formuliert worden war. Konzipiert und veranstaltet wurde dieser Kongress vom Deutschen Musikrat, dem Bayerischen Rundfunk und der Hanns-Seidel-Stiftung.

Begegnungen und Erfahrungen mit Musik finden tagtäglich für jede und jeden sicht- und hörbar in vielfältigen Formen statt, nicht selten auch unbewusst und unfreiwillig. Was jedoch tun angesichts von medialer Reizüberflutung, kommerziell begründeter Monotonie, Etatstreichungen für den Kultur- und Musikbereich, immer weniger Musikunterricht an den Schulen sowie in Kindergärten und der Reduzierungen von Ausbildungskapazitäten für musikpädagogische Berufe?

Diese zentralen Fragen konnten sicherlich auf diesem Kongress nicht abschließend beantwortet werden, aber erstmals traten in so kompetenter Form Vertreterinnen und Vertreter dieser ganz unterschiedlichen Bereiche in einen gedanklichen Austausch, der bei kontinuierlicher und offen geführter Weiterverfolgung einen gesamtgesellschaftlichen Gewinn, starke Allianzen für die Musik und möglicherweise neue Perspektiven für die Vermittlung von Musik ergeben könnte. Wenn sich die Innovation und der Motivationswille vieler dort in Posterpräsentationen vorgestellten Musikprojekte mit einer wirkungsvollen politischen Unterstützung und konzeptionellen Begleitung durch Verbände und Bildungsträger, einer qualitativ hochwertigen Präsenz von Musik in den Medien und neu gedachten Ausbildungsperspektiven musikpädagogischer Berufe in einem sehr breiten Sinne ergänzen, einander ernsthaft befragen, voneinander lernen und kooperieren könnten, sollte es zum Beispiel unter der Koordination des Deutschen Musikrates künftig besser möglich werden, die wichtige und überragende Wirkung von Musik auf den Einzelnen aber auch auf ganz verschiedene Interessengruppen in unserer Gesellschaft zum Tragen kommen zu lassen. Musikvermittlung könnte sich dann nicht nur auf das durch Traditionen Überkommene und Gesicherte beziehen, sondern auch auf Neues, Ungesichertes perspektivisch noch zu Erprobendes.

Zielgerichteter könnten so auch die verschiedenen Adressaten von Musikvermittlung vom Kleinkindalter bis in den Seniorenbereich in den Blick genommen werden, könnten neu gedachte und bisher zu wenig berücksichtigte Vernetzungen hergestellt werden.

Wenn man Musikvermittlung als ein derartiges komplexes Phänomen versteht, das mehr umfasst als zum Beispiel Musikpädagogik oder Musikprogramme für Kinder und Jugendliche, so ist der Beginn dieser vielfältigen, zum Teil auch recht kontrovers geführten Dialoge zu würdigen, zumal trotz einer verständlichen großen Heterogenität in den Interessenlagen der Kongressteilnehmer am Ende des Tagung ein Positionspapier zum Thema „Mehr Musikvermittlung in Deutschland“ vorgelegt werden konnte, das in verschiedenen Arbeitsgruppen formuliert worden war.

Darin wird unter anderem gefordert, dass mehr Kapazitäten für ein verbessertes Ausbildungsangebot für Erzieherinnen und Erzieher im Musikbereich in Kindergärten bereit gestellt werden müssten. Hochschulausbildung muss bei den gegenwärtigen Umstrukturierungen einen Perspektivwechsel durch einen stärkeren Praxisbezug in allen Bereichen der Musikausbildung und eine Öffnung für neue Entwicklungen und Berufsbilder konsequenter vollziehen.

Mit Blick auf die vielfältigen freien Musikinitiativen bedarf es nach Meinung der Kongressteilnehmer einer Vereinfachung der öffentlichen und privaten Förderstrukturen sowie der Entwicklung eines neuen Verständnisses von Partnerschaft aller Beteiligten.

Musikvermittlung in vielfältigen Formen müsse stärker zu einer Pflichtaufgabe für Orchester und Musiktheater werden. Dabei ist sie in keiner Weise ein Ersatz für eine bodenständige Musikpädagogik in der Schule, sondern ergänzender Unterricht an einem anderen Ort (Konzertbesuche, Opernbesuche und Workshops).

Auch die Medien wurden direkt adressiert: Anbieter von Radio- und Fernsehprogrammen – und nicht nur die öffentlich-rechtlichen – wurden aufgefordert, die Programmangebote im Bereich der Musikvermittlung – hauptsächlich für Kinder und Jugendliche – zu erweitern und spezielle Sendeplätze sowie geeignete Sendeformen auf qualitativ hohem Niveau dafür anzubieten. Ein umfangreiches Rahmenprogramm wie zum Beispiel die sehr gelungene Live-Sendung von Radio Bayern 2 mit der 100. Folge des Musikmagazins „taktlos“ oder die exklusive Performance von „Klaviator“ Lars Reichow sowie des Auftritts des Saxophon-Quintetts „Quintessence“ zeigten höchste musikalischer Professionalität in ihrer eigenen Art von Musikvermittlung.

Fazit: die Politik wurde zu konkretem Handeln aufgerufen, aber auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Kongresses verpflichteten sich selbst zu Engagement, mehr gegenseitiger Akzeptanz und Innovationsbemühungen in ihren jeweiligen Arbeitsfeldern, aber auch gerade darüber hinaus. Letzteres und die vielen persönlichen Begegnungen, das „über den Zaun schauen“ haben wohl viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer als ganz persönlichen Ertrag mit nach Hause genommen.

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