Das Usenet ist beinahe so alt wie das Internet selbst und stammt noch aus Zeiten, als das weltweite Netz fast ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken und von größeren Bildungseinrichtungen genutzt wurde. Studenten diskutierten mit ihren Professoren, Künstler mit den Rezipienten und Programmierer entwickelten gemeinsame Projekte und nutzten das Usenet als Wissenspool. Die Zeiten änderten sich spätestens 1996, als der große Internet-Hype begann und immer mehr Leute ins Netz strömten.
Das Usenet ist beinahe so alt wie das Internet selbst und stammt noch aus Zeiten, als das weltweite Netz fast ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken und von größeren Bildungseinrichtungen genutzt wurde. Studenten diskutierten mit ihren Professoren, Künstler mit den Rezipienten und Programmierer entwickelten gemeinsame Projekte und nutzten das Usenet als Wissenspool. Die Zeiten änderten sich spätestens 1996, als der große Internet-Hype begann und immer mehr Leute ins Netz strömten. Mittlerweile besteht das Usenet aus über 20.000 sogenannten Newsgroups, Diskussionsforen, die nach dem Prinzip „schwarzes Brett“ funktionieren. Kaum ein Thema, das mittlerweile nicht in einer eigenen Newsgroup besprochen werden könnte. Haben Sie eine Katze? Glauben Sie an Astrologie? Lesen Sie Kant? Immer und auf alle Fälle irgendwo findet man Gleichgesinnte oder Kontrahenten, und so mancher ist dem virtuellen Debattieren längst erlegen.Der Zugang zum Usenet geschieht über bestimmte Provider – meist sind es die selben, die einem auch den Zugang zum Internet verschaffen. Unterschiede zeigen sich oftmals nur in der Anzahl der angeschlossenen Newsgroups. Große Anbieter wie T-Online filtern zudem gezielt bestimmte Newsgroups, die etwa inhaltlich fragwürdig sind, wie die zahlreichen Sex-Gruppen. Inzwischen gibt es auch unzählige Anbieter, die jedem völlig kostenlos einen Zugang zum Usenet ermöglichen. Stellvertretend sei hier die Freie Universität Berlin in Zusammenarbeit mit dem „Center for Information Services“ unter der Adresse http://news.cis.dfn.de/
Verfügt man endlich über einen Zugang, benötigt man eine spezielle Software, Newsreader genannt, um auf die Inhalte des Usenets zugreifen zu können. Aufgrund der Übermachtstellung des Softwaregiganten Microsoft surfen die meisten Teilnehmer mit dem kostenlosen Programm Outlook Express ins Usenet, das mit dem Webbrowser Internet Explorer automatisch mitinstalliert wird. Ein anderer beliebter Newsreader ist der Free Agent der Firma Forté, der kostenlos unter http://www.forteinc.com/ heruntergeladen werden kann. Alle bekannten Newsreader funktionieren nach dem selben Prinzip: Man lädt die Liste aller verfügbaren Newsgroups über den Zugang in den Newsreader und sucht sich daraus eine oder mehrere zum Lesen aus, indem man sie abonniert. Nun eröffnet sich einem – je nach gewählter Newsgroup – ein nicht enden wollender Strom an Diskussionsfäden, sogenannten Threads, die Ausgangspunkt einer jeden Diskussion darstellen. In manchen, stark frequentierten US-Newsgroups, kann es leicht vorkommen, dass beim ersten Zugriff sich eine Latte von mehreren Tausend solcher Themen ausbreitet. Ein jeder Thread kann nun vom Diskussionswilligen mit einem sogenannten Posting beantwortet werden, in dem er seine Meinung abgibt, Kontra gibt oder dem Vorgänger in der Diskussion bezüglich dessen Argumentation solidarisch beipflichtet. Und natürlich steht es jedem frei, einen eigenen Thread anzulegen, um eine neue Diskussion zu entfachen.
So einfach sich all dies in der Theorie anhört – in der Praxis zeigen sich Schwierigkeiten nicht-technischer Natur, auf die man unbedingt hinweisen muss, weil so mancher bei seinen ersten Gehversuchen im Usenet böse Überraschungen erleben musste. Die sogenannte Netiquette, die hauptsächlich als Sammlung von Benimmregeln bezüglich Verfassen von E-Mails bekannt ist, entstand weit vor der E-Mail-Kommunikation als „Netz-Knigge“ im Zusammenhang mit dem Usenet. Denn aufgrund der Anonymität, die das Usenet gewährt, sehen sich viele aufgerufen, den inneren Schweinehund nach außen zu kehren, politisch Unappetitliches, Beleidigungen, Beschimpfungen und rassistische Sprüche vom Stapel zu lassen – im Fachjargon „Flaming“ genannt. Solche virtuellen Profilneurotiker, die von der Usenet-Gemeinde als „trolls“ (Trolle) bezeichnet und geoutet werden, lassen sich jedoch nicht von den mehr als einfach gestrickten Benimmregeln (http://www.t-online.de/service/index/knesvxad.htm) aufhalten. Da hilft dann nur der sogenannte Killfile, ein lokaler Filter, der Meldungen bestimmter Usenet-Teilnehmer ignoriert – oder aber: argumentativ dagegenhalten und den Trollen nicht das letzte Wort gewähren.
Für Usenet-Einsteiger eignet sich die Newsgroup de.newusers.infos mit allgemeinen Informationen zum Usenet, dessen Bedienung und ganz allgemein den ersten, vorsichtigen Schritten. Bei vielen Einsteigern zeigen sich auch Verständnisprobleme bezüglich der spezifischen Netzsprache mit all den, meist dem Englischen entlehnten Abkürzungen und Emotionszeichen (sogenannte Emoticons bzw. Smilies). Wer bei Meldungen wie „BTW ist das IMHO und AFAIC nicht richtig ;-) CU.“ nur Bahnhof versteht, sollte sich vorab im Internet (zum Beispiel unter http://www.volker-gringmuth.de/usenet/) informieren.
Bei all dem Unerfreulichen zeigt sich aber auch etwas Erfreuliches für uns Kulturmenschen: Mit steigendem Anspruch, den das Thema einer Newsgroup an die Leser stellt, steigt proportional auch die Qualität der abgesetzten Artikel. Und die Erfahrung zeigt zudem, dass sich vor allem europäische Newsgroups durch einen eher freundlichen Umgang der Teilnehmer miteinander auszeichnet. Internationale, meist in den USA eingerichtete Newsgroups hingegen weisen eine hohe Zahl von unangenehmen Teilnehmern auf, die nicht müde werden, rassistische, faschistische und revisionistische Parolen zu allem möglichen zu verbreiten. So wurde etwa der Autor des Artikels in der amerikanischen Musiknewsgroup rec. music.classical als „German Nazi-pig“ beschimpft, als er über eine neue Website zum Gedenken an Kurt Weills Geburts- und Todestag im Jahr 2000 informieren wollte. Da bleibt einem die Spucke weg, verweilt dann doch lieber in unseren Breiten und plaudert angeregt und gewinnbringend im deutschen Pendant unter de.rec.music. klassik. Überhaupt sind vor allem die Newsgroups, die dem Namen nach mit „de.rec.“ beginnen, wärmstens zu empfehlen. Hier finden sich neben der Gruppe zum Thema anspruchsvolle Musik auch solche zu den Themen Kunst & Theater oder auch Literatur.
Und so findet sicherlich jedes Töpfchen sein Deckelchen – aber immer ein wenig Luft lassen und die Platte herunterschalten, damit nichts überkocht.