Anstelle des Deutschen Sinfonieorchesters oder der Berliner Philharmoniker werden im zukünftigen gemeinsamen Kulturradio das Brandenburger Kammerorchester oder das Frankfurter (Oder) Staatsorchester zu hören sein. Statt Multikulti und Berlin-Kultur erleben wir sorbische Volksmusik oder Vogelgezwitscher aus den Naturreservaten der Uckermark.
Anstelle des Deutschen Sinfonieorchesters oder der Berliner Philharmoniker werden im zukünftigen gemeinsamen Kulturradio das Brandenburger Kammerorchester oder das Frankfurter (Oder) Staatsorchester zu hören sein. Statt Multikulti und Berlin-Kultur erleben wir sorbische Volksmusik oder Vogelgezwitscher aus den Naturreservaten der Uckermark. Und im Fernsehen nur noch Stadl-Musik aus Diedersdorf und DDR-Comedy-Oldies. So oder ähnlich stellen sich die Gegner des Zusammengehens der beiden Sendeanstalten die öffentlich-rechtliche Zukunft von Rundfunk und Fernsehen in Berlin-Brandenburg vor. So aber wird es sicherlich nicht kommen! In beiden Anstalten gibt es qualifizierte Mitarbeiter/-innen, die in der Lage sein werden, gute und aktuelle Programme unter Qualitätsgesichtspunkten zu gestalten und die Chance eines Neuanfangs zu nutzen.Kritischer zu sehen ist der Aktionismus, mit dem die politisch Verantwortlichen beiderseits mit großem Zeitdruck die Fusion vorantreiben, ohne auf die komplizierte Materie im Einzelnen die notwendige Rücksicht zu nehmen.
So verwundert es nicht, dass der als Rechtsgrundlage für die Fusion notwendige Staatsvertragsentwurf innerhalb von vier Monaten mehrmals in wesentlichen Teilen geändert wurde und das Ergebnis aus der Sicht der Betroffenen – Mitarbeiter/-innen beider Sendeanstalten – und auch der „gesellschaftlich relevanten Gruppen“, die im Rundfunkrat die Gebührenzahler möglichst repräsentativ vertreten sollen, bis jetzt unbefriedigend geblieben ist.
So sind in dem 30-köpfigen Rundfunkrat (SFB bisher 31 einschließlich Verwaltungsrat, ORB bisher 27+7 Verwaltungsrat) nur zwei Vertreter/-innen für das kulturelle Leben vorgesehen: einmal die Akademie der Künste Berlin-Brandenburg und einmal für vier Verbände zusammen, nämlich je Berliner und Brandenburger Landesmusikrat sowie Filmverband, was in der Praxis bei vierjähriger Wahlperiode bedeuten kann, dass (bei Einigung) jeder Verband einmal in 16 Jahren das Delegationsrecht bekäme.
Wo bleiben aber die anderen Bereiche von Kultur und Kunst? Als Politiker sind nur sieben Mitglieder der Regierungsfraktionen in den Landesparlamenten vorgesehen (damit wird die „Staatsferne“ symbolisiert). Die Grünen fallen damit vorerst heraus! Die 20.000 in Brandenburg lebenden Sorben sollen einen Sitz erhalten, die 500.000 Ausländer in Berlin (Brandenburg?) werden durch den/die Ausländerbeauftragte/-n (letztlich auch eine politische Funktion).
Verschlechterungen gibt es im Personalvertretungsgesetz, dem Redakteursstatut, durch die Abtrennung des Verwaltungsrates vom Rundfunkrat (keine Rückkoppelung und Kontrolle mehr möglich), durch ein zweidrittel- Quorum bei der Wahl des neuen Intendanten und einiges mehr. Willy Brandt’s Aufruf „Mehr Demokratie wagen“ ist in der Rot-roten Koalition untergegangen.
Haushalts- und neue Programmstrukturen sind noch weitestgehend unklar. Dennoch: der zwischen den Staatskanzleien in Berlin und Brandenburg ausgehandelte Fusionsvertrag soll bislang eines der (wenigen) gemeinsamen Projekte der Ära Wowereit sein. Bleibt zu hoffen, dass auf dieser Basis eine zukunftsorientierte Sendeanstalt aufgebaut werden kann, die in der ARD und vor allem bei den Gebührenzahlern in beiden Bundesländern eine echte Chance hat.