Vor 100 Jahren: Zürich und die Parsifal-Schutzfrist +++ Vor 50 Jahren: Zum Film „Geschwindigkeit – Vitesse“ von Edgar Reitz hat Josef Anton Riedl die Musik fertig gestellt
Vor 100 Jahren
Zürich und die Parsifal-Schutzfrist: Es wird einmal ein drolliges Kapitel werden, die Psychologie der Schutzfristler zu schreiben. Sie haben einem an sich durchaus erklärbaren Wunsch Wagners kanonische Wirkung beigelegt wissen wollen, haben in naiver Unkenntnis des Lebens angenommen, ein deutsches Ausnahmegesetz schütze das Bühnenweihfestspiel auch im Auslande, sie haben a priori gemeint, das Werk müsse auf jeder Bühne außerhalb Bayreuths zugrunde gerichtet werden, haben sogar verkündet, die Kulturhandlungen im „Parsifal“ müssten „geschützt“ werden, als ob es nicht schon genug Aufsichtsorgane im heiligen Deutschen Reich gäbe, sie haben absolut nicht begreifen können oder wollen, dass um der auch von der Kunst zu leistenden sozialen Aufgabe willen Wagners Werk der Allgemeinheit nicht vorenthalten werden dürfe. Das Publikum, das den „Parsifal“ aus innerstem Herzen sucht, wird ihn immer finden, ob es nun nach Bayreuth pilgert oder ob ihm irgendein ernstes Theater zur Stätte künstlerischer Andacht wird. Wenn das Zürcher Theater als eine der ersten deutschen Bühnen an diese hohe Aufgabe herantrat, so geschah es mit der Würdigung der Tatsache, dass in Zürich die Erinnerung an Richard Wagner (…)noch heute außerordentlich lebendig ist. Wir werden wohl auf Zustimmung stoßen, dass gerade Zürich, aus Pietätsgründen gegen Wagner selbst, sich nicht an die Spitze der deutschen „Parsifal“-Aufführungen hätte stellen dürfen. (…) Das blödsinnige Wettrennen einiger Bühnen, wer nun nach Bayreuth die erste der „konkurrierenden“ sein würde, wird nun wohl aufhören.
Neue Musik-Zeitung, Jg. 34.1913, Heft 15, S. 291 f.
Vor 50 Jahren
Zum Film „Geschwindigkeit – Vitesse“ von Edgar Reitz hat Josef Anton Riedl die Musik fertig gestellt. Dieser Experimentarfilm hat zum Thema „Die sich durch Geschwindigkeit veränderte Erscheinung unserer Welt. Dies ist zugleich ein Bekenntnis zu dem Recht der Menschen sich frei zu bewegen.“ Die Bemühungen um neue filmische Ausdrucksmöglichkeiten, die dieser Film enthält, erhalten ihre Anerkennung durch die Uraufführung des Films bei den Filmfestspielen in Cannes.
Der Arbeitskreis für Schulmusik und allgemeine Musikpädagogik erinnert anlässlich seines zehnjährigen Bestehens, welche Motive zu seiner Gründung geführt haben: Haben wir den hoffnungsträchtigen Aufbruch der Musikerziehung in den zwanziger Jahren vergessen? Krieg und Nachkriegswirren voller Schrecken häuften dann allerdings Trümmer auf Trümmer jeder Art. So konnte es nicht ausbleiben, dass bei Einsichtigen der Gedanke auftauchte, unbedingt etwas tun zu müssen, um den drohenden Untergang der Musikerziehung zu wenden…Die Überlegungen verdichteten sich zu dem Plan, einen festen Zusammenschluss Gleichgesinnter herbeizuführen. Eine rein berufsständige Organisation konnte dabei nicht als Ziel angesehen werden, weil es darauf ankam, alle Kräfte anzusprechen. So entstand die Grundkonzeption eines Arbeitskreises für Schulmusik und Allgemeine Musikpädagogik. Die alarmierende „Denkschrift zur Schulmusikerziehung“ der Gesellschaft für Musikforschung (1951) gab den Anstoß zum Handeln. Wie sich in der „Musikalischen Jugend“ junge Menschen aller Bevölkerungsschichten auf freiwilliger Basis zum gemeinsamen Musizieren mit künstlerischen Zielen zusammengefunden haben, so vereinigten sich im AfS von Anbeginn her Erzieher aller Schulgattungen, Schulverwaltungsbeamte, Musikwissenschaftler, Privatmusikerzieher, Musik- und Lehrerstudenten, Tonkünstler …
XII. Jahrgang 1963, 3 (Mai/Juni), S. 4/14