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Neue Musik-Zeitung vor 100 Jahren.
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Rückblende 2018/05

Untertitel
Vor 100 und vor 50 Jahren: Schreker, Rundfunk, Musikhochschule
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Vor 100 Jahren: Franz Schreker: „Die Gezeichneten“. Uraufführung in Frankfurt am 25. April. +++ Vor 50 Jahren: Unter dem Titel „Droht die Reichsrundfunkgesellschaft?“ nimmt Fritz Büchtger zu Sparmaßnahmen bei den Rundfunkanstalten Stellung /// Thomas Ott und Kurt Seibert zum Reformbedarf an Musikhochschulen.

Vor 100 Jahren

Franz Schreker: „Die Gezeichneten“. Uraufführung in Frankfurt am 25. April:

„Über Schrekers Musik läßt sich ohne Notenbeispiele nicht gut reden. Sie ist, ohne ihre Heimat, die neue Wiener Schule, je zu verleugnen, doch reifer als deren bisherige Leistungen, reifer auch in der Richtung, daß das Problematische des Ausdrucks, das Gewollte und Gesuchte, das rein Verstandesmäßige, das früher überwog, wenn auch durchaus nicht ganz zurücktritt, so doch nicht mehr als fast ausschließliches Resultat des Schaffens zu erkennen ist. Das will sagen, wir finden hier Musik, die der bis jetzt herrschenden, der Schule und insbesondere der Schrekers, in der gewagten Verbindung heterogener Klänge und in der in prachtvoll schillernden Orchesterfarben gekleideten Kunst gleich ist, einer Kunst, die wir hier, wo es die Darstellung seelischer Zwiespältigkeit gilt, auch durchaus zu begreifen vermögen (…) 

Das Gesagte gibt keine rechte Vorstellung von dem in der Partitur steckenden unglaublichen Klangreichtum, von der in unerhörter Farbenpracht schillernden Musik, von seinem fiebernden ryhthmischen Leben (…). So wird also auch hier der Hörer den Eindruck eines Zuviel nicht los, mag Schreker gleich für lyrische Höhepunkte gesorgt und der Gefahr einer zu starken Verstandesarbeit durch Musik, der Empfindungsausdruck unmittelbarer Art nicht abszustreiten ist, zu begegnen bestrebt gewesen sein. Sein Wille zur Vereinfachung seines Musikausdrucks ist immerhin als ein gutes Zeichen für Schrekers Zukunft zu buchen.“

Prof. Dr. W. Nagel, Neue Musik-Zeitung, 39. Jg., Nr. 16, 23. Mai 1918

Vor 50 Jahren

Unter dem Titel „Droht die Reichsrundfunkgesellschaft?“ nimmt Fritz Büchtger zu Sparmaßnahmen bei den Rundfunkanstalten Stellung:

„Seit einigen Jahren sind in den deutschen Rundfunkanstalten Rationalisierungsfachleute eingesetzt, die das Geschäftsgebahren der Institutionen prüfen und vereinfachen sollen und die schon bisher (…) am Programm soviel als möglich rationalisiert haben. (…)

Die andere Alternative könnte nur die „Reichsrundfunkgesellschaft“ unerfreulichen Angedenks sein (…) Das könnte z.B. so aussehen: Unterhaltungskonert aus Frankfurt, Sinfoniekonzert aus Berlin, Gaudisendung aus München. (…) Das Programm würde konformistisch und öde werden. Die Vielfalt des künstlerischen Schaffens würde sich in keiner Weise mehr in den Programmen spiegeln können. Daß es bei ernsthaften und verantwortungsbewußten Persönlichkeiten hier überhaupt verschiedene Meinungen geben kann, ist kaum verständlich.“

Thomas Ott und Kurt Seibert zum Reformbedarf an Musikhochschulen:

„Studentische Inaktivität und staatliches Desinteresse sind, so gesehen, zwei Erscheinungsformen desselben Grundübels, nämlich der verhängnisvollen Abkapselung der Musikhochschulen gegenüber den Tendenzen, die die musikalische Praxis unserer Gesellschaft seit einigen Jahrzehnten grundlegend gewandelt haben. (…)

Die Musikhochschulen aber sind, ihrer Idee gemäß, so gut und so schlecht wie das Konzertleben, an dem sie sich orientieren. Folgerichtig ist der Gegenstand ihrer Beschäftigung fast ausschließlich jener fragwürdig gewordene „ewige Vorrat“, der weniger analytisch durchdrungen und reflektiert als vielmehr bloß noch spieltechnisch eingeübt wird. (…)

Zu effektiver Arbeit werden die Hochschulen auf lange Sicht erst in der Lage sein, wenn sie die gesamte für unsere Gesellschaft bestimmende musikalische Praxis reflektieren (…) und in ihr Ausbildungssystem aufnehmen.“

Musikalische Jugend, XVII. Jg., Nr. 2, April/Mai 1968

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