Eigentlich müssten alle „Uff!“ stöhnen – und: „Hoffentlich sind wir ihn bald los!“. Denn er ist ein kompletter absurder Alptraum an Herrscher, dieser König Ouf I. vom „Königreich über 36 Königreiche“. Da hängt nicht nur Rainer Sellmaiers Bühne voll grässlich aufdringlicher Propaganda. Das ganze Volk ist auch noch uniformiert. Die Straßenkehrer arbeiten desinteressiert und ineffizient, denn anscheinend sind die finanziellen Verhältnisse „kasachstanisch“ und „feiern“ ist die alles stillstellende Hauptbeschäftigung.
Deshalb droht auch eine Katastrophe, da für den Höhepunkt der alljährlichen Geburtstagsfeier bislang kein Kandidat gefunden ist: für eine öffentliche Hinrichtung, diesmal eine „Pfählung“. Doch der kleine Straßenhändler Lazuli hat sich so sterblich in eine vornehme, junge Dame verliebt, dass ihm der Rest der Welt gestohlen bleiben kann – da hat Ouf endlich seinen politisch gefährlichen Hinrichtungskandidaten, endgültig, als der dem Despoten eine Ohrfeige verpasst. Doch ein dümmlicher Hofastrologe stellt fest, dass der junge Lazuli ein „Sternen-Zwilling“ des Königs ist und im Ernstfall einer dem anderen „nachstirbt“. Da wird der Straßenhändler sofort wie ein König gehätschelt – und kriegt nach vielen Turbulenzen am Ende sogar die junge Dame: die bisher Ouf zugedachte Prinzessin „La-ou-la“.
All diese Abstrusitäten hat das Autoren-Duo Leterrier-Vanloo mit viel Wort- und Situationswitz gespickt. Das macht dem Werk in deutschen Landen den Erfolg schwer. Augsburg entschied sich für französische Gesangsnummern und deutsche Dialogtexte. Dennoch hielt sich das Gelächter in Grenzen, was nicht nur am etwas steifen Augsburger Premierenpublikum lag. Sänger sind halt selten gute Sprecher, trainiert eher auf das Tempogefühl für den Gesang als für das „Servieren“ einer Pointe, eines Wortwitzes. Da hätten Regisseur Aron Stiehl und Dirigentin Carolin Nordmeyer wesentlich intensiver proben müssen. Sogar die berühmteste Nummer des Werkes, das Sauf-Duett von König und Astrologe mit „Chartreuse verte“, gelang nur entschleunigt matt. Aber auch bezüglich des Handlungsablaufs und vor allem der stimmungstötenden Umbaupausen muss dem ganzen Team zugerufen werden: Mehr Tempo bis zur Rasanz bitte!
So blieb es bei hübschen Einzelheiten. Metierbewusst wie Richard Strauss bei seinem späteren „Rosenkavalier“ hat Chabrier angesichts eitler Tenöre aus dem jungen, ebenso pfiffigen wie sentimentalen Lazuli eine Hosenrolle für eine agile Sopranistin gemacht. Stephanie Hampl überzeugte als gevifter Straßenhändler, der anhand seiner Tinkturen vorführte, wie im kleinen Behandlungsraum seines Dreiradautochens – Tür zu, Tür auf – eine ältere Dame mal Bartwuchs bekam, mal zum Edelköter mutierte und am Schluss drastisch verjüngt als Model davon stakste. Darüber hinaus aber verstrahlte sie all den hingerissenen Charme des sterblich Verliebten und machte ihre Liebesarie zu einem intim anrührenden Höhepunkt des Abends.
Sally du Randt genoss nach den großen Opern-Tragödinnen nun alle „Ausrutscher“ der frustrierten Diplomatengattin, die sich kontinuierlich zutrinkt und alle greifbaren Männer „verbraucht“. Zu Recht Zentrum des Abends war Eric Laportes König Ouf. In einer protzig ausgespielten Mischung aus Mooshammer und Ludwig II. beschwerte er sich über mangelnde Ehrerbietung seitens des Publikums und übte mit Erfolg das Aufstehen für „Seine Majestät“, um beim murrend sitzenbleibenden Orchester festzustellen: „Typisch Gewerkschaft!“ Sonstige störende Mitmenschen auf der Bühne erschoss er kurzerhand – am Ende auch die Dirigentin. Das war die absurde Stilebene, die dem ganzen Abend zu wünschen wäre.