„Das Schiff“, Europas einziges hochseetüchtiges Theaterschiff, ist Schauplatz des „1. Hamburger Chanson-Festes“ vom 12.-24. Oktober. Gewinner des „Deutschen Chanson-Preises“ sind „Pigor & Eichhorn“, die seit Jahren zur Spitze der deutschen Chanson-Szene gehören. Preisverleihung und Preisträger-Konzert fanden am 13. Oktober im Rahmen der Chansonfest-Gala statt.
Als eigentliche Meister der Uneigentlichkeit wagen sich ihre vorwitzigen Wortkeimlinge aus der verschämt grinsenden Maske der Tabuthemen, wachsen ungehindert zu schrotflintenartig zerstäubenden Hirnhammersätzen aus gesalzenen Wurst-Sticheleien an, die zur besseren Bekömmlichkeit in die Pfanne gehauen und paniert sind mit knackig frischem Humor, das nichtvegane Abführ-Menü für konservativ eingelegte saure Gurken. Ihre messerscharfe Beobachtungsgabe sorgte dafür, dass die Lachmuskeln hinterher erneuert werden mussten, so stark hatten sie sich abgerieben.
Clownesk fordern „Pigor & Eichhorn“ für Lernende neue Lärmschutzgesetze als Rache für Pisa und zeigen schonungslos, wie wir die Zeit mit Sozialkontakten verplempern. Salon Hip Hop nennen sie ihren Stil. Sprachliche Nüsse, die nicht zwischen den zwei weichen Kissen von einfachen 4-Zeilen-Strophen und pubertären Themen zu knacken sind. Wobei Pigor der provokante Neinsager ist und Eichhorn der unaufdringlich begleitende Jasager: eine Art Anti-Rumpelstilzchen-Stil. Zwei Männlein steh´n alleine, nicht still, nicht stumm. Kein purpurroter Mantel umhüllt sie, sondern im Jacket des schwarzen Humors tanzen und singen sie sezierend ums menschliche Strohfeuer.
Die Zuschauer durften sich an diesem Abend zudem auf den Auftritt der Gewinner des „Ralph-Benatzky-Chanson-Preises“ freuen. „Schwarz un Schmitz“ haben sowohl für das Publikum als auch für die Jury die überzeugendste Gesamtleistung des Abends geboten. Seit Spätsommer 2007 komponieren, spielen und singen Meike Schmitz und David Schwarz gemeinsam im Duo. Eine Mischung aus Chanson, Liedermacher und Schauspiel, klassischer Kleinkunst, Sentimentalitäten und Improvisationslaune, wenn sie den Pinguin ins Publikum fliegen lassen.
Schüchtern, sich kokett aus der Deckung wagend, vor keinem Thema zurückschreckend erzählen sie in schräger Komik mit hochmusikalischen und virtuos aufregenden Arrangements, die niemals so klingen, wie erwartet. Die weiße Wüste eines neuen Lebens breitet sich aus, wir wagen den zögerlichen ersten Schritt, endlich eine heitere Kurve, oh je, geirrt, gnomenhaft noch auf dem engen Pfad der Ernsthaftigkeit. Hinter jedem Scherz schaut kaktusartig eine kritische Frage hervor, Schmerz rinnt sandig verspielt durch die Finger, Groteskes wird vom Gedankenboden aufgehoben und federleicht, ungeschehen verbuddelt.
Dabei berühren „Schwarz un Schmitz“ zärtlich die Wange des Jazz, streichen fordernd über das Gesicht der Popmusik, ziehen auch mal an den Kitschohren, lassen gelegentlich einen Wutanfall aufblitzen und dringen so stimmungsmalend in die Abgründe verwirrend eigentümlicher Charaktere ein. Ohne Angst vor vertikalen Disharmonien und auf der schrägen Melodika nur angedeutete Begleitungsmuskeln trainierend ignorieren sie horizontal einfache Text-Sit-Ups. Melancholisch, befremdlich, lustig, ergreifend. „ Wir sind doch nur Gedichte, gesprochen in dem Raum …was bleibt, was bleibt, was bleibt?…“ Man kann sie nur ins Herz schließen.