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Die Zeit für Musikkultur scheint so gut zu sein wie nie zuvor. An allen Ecken und hinter allen Hecken sprießen Initiativen und Programme aus dem Boden. Netzwerke für Neue Musik werden gesponnen, Orchesterpartnerschaften geschlossen, Kinder an Instrumente gebracht, Verwertungsgesellschaften entwickeln Kulturprogramme, eine „Initiative Musik“ wird in Gang gesetzt. Traumhafte Entwicklungen geradezu. Man könnte sich freuen. Man könnte.

Schaut man hinter die Kulissen, dann fällt viel vom Schön-Geträumten wie Schaumblasen in sich zusammen. „Tue Gutes und rede darüber“ heißt die neue Devise der GEMA. Es geht um „Corporate Social Responsibility“ (CSR), zu deutsch: „unternehmerische Sozialverantwortung.“ Wie sieht die dann aus? So nämlich: Die GEMA will aus Teilen ihrer schmelzenden Erträge ein revolutionäres Show-, nein, Kulturprogramm bestreiten. Einen Musikautorenpreis soll es geben, ein Stipendienprogramm, einen „GEMA-Campus“ gar, der die frohen Botschaften der Urheber in die Gesellschaft zu tragen hat: also so etwas wie Komponisten on the road als GEMA-Scouts. Doch was hat dies mit aktiv gestalteter Kultur oder mit „Social Responsibility“ zu tun, außer mit einer nach innen? Dieses, in angeblich langer Aufsichtsratsarbeit geborene Inter-Inkasso-Kulturprogramm ist komplett selbstreferentiell, kaum reflektiert.

Nicht viel anders ist es bestellt um den neuen Förderleuchtturm der „Initiative Musik“, die, wesentlich mit Bundesmitteln gefördert, dem Nachwuchs in Rock, Pop und Jazz angeblich ehrgeizig zur Seite springen will. Man tue ja nur Gutes. „Musik hat einen unschätzbaren Wert für unser Land, leistet einen enormen Beitrag zum Bruttosozialprodukt und ist damit wirtschaftlich für unser Land wichtig“, sagt Dieter Gorny, der Aufsichtsratsvorsitzende der „Initiative“. Dass es sich im Kern um ein Förderkonzept handelt, das mit angezogener Handbremse und Fußfesseln zugleich in Bewegung zu kommen sucht, führt Dominik Reif in dieser nmz drastisch vor Augen (Seite 16). Solche Förderung erreicht die kulturellen Antriebszentralen der Gesellschaft einfach nicht, bietet aber manchem präpotenten Politiker eine wohlfeile Showbühne – und der Musikindustrie Image-Politur.

So wirken diese ganzen Initiativen am Ende wie bloße Reflexerscheinungen darauf, dass eine die Gesellschaft durchdringende Musikkultur langsam aber sicher der Selbstauflösung zutreibt und zwar aktiv: Showzuckungen und „kulturelle“ Gymnastikübungen beim Übergang zur Durch­ökonomisierung von Kultur und ihrer Überführung zur puren Ware. Kultur wird zur Funktion wirtschaftlichen Erfolges degradiert, „verschönert“ allein durch sich exponentiell vervielfachende Ethikkonzepte sogenannter sozialer Verantwortungsübernahme seitens der Unternehmen. Das ist der tatsächliche Paradigmenwechsel für den die Öffentlichkeit nur genügend „sensibilisiert“ werden muss, wie man in Handreichungen zur Theorie der „Corporate Social Responsibility“ nachlesen kann. Indem man jetzt alles endlich besser machen will, macht man es in Wirklichkeit nur richtig elend.

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