Hallo – ist da wer? HuHu, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien, bitte antworten! He da, Staatsminister Bernd Neumann (so heißen Sie doch…) – wo sind Sie??? – Totenstille. Seit drei Monaten versuchen wir angestrengt, aus dem Bundeskanzleramt irgendeine musikpolitische Stellungnahme zu ergattern. Bis auf uneingelöste Referenten-Zusagen: Nix, null. Dabei waren unsere Fragen ganz harmlos. Zum Beispiel:
„Die Musikwirtschaft klagt seit Jahren über sinkende Umsätze. Davon sind neben den CD-Herstellern auch die Komponisten betroffen. Wichtige Rahmenbedingungen sind in der EU-Richtlinie ,Urheberrecht in der Informationsgesellschaft‘ gegeben, die jetzt in nationales Recht transferiert werden soll. Bis auf die Geräteher-steller sind jedoch alle Beteiligten unzufrieden. Können Sie das nachvollziehen? Ist kreative Arbeit in Deutschland nichts mehr wert?“
Oder: „Als wichtigstes Vorhaben innerhalb Ihrer ersten hundert Tage nannten Sie die Fusion der Kulturstiftung der Länder und der Kulturstiftung des Bundes. Wann und wie kann diese Fusion Wirklichkeit werden? Schwebt nun das Proporzdenken bei der Mittelvergabe auch über einer neuen Kulturstiftung?“
Oder – noch milder: „Was verstehen Sie unter dem Modewort ,Leitkultur‘? Brauchen wir überhaupt eine? Und wenn ja: eine deutsche, eine europäische oder eine ohne Adjektiv?“
Die Amtsstube schweigt beharrlich. Aber warum soll’s uns auch besser gehen, als anderen Kultur-Einrichtungen. Bis auf ein paar Film-Schnipsel hat dieses Staatsministerium noch kein brauchbarer Gedanke verlassen. Vielleicht liegt das ja an unserer öbersten Politik-Lenkerin höchstselbst. Sie behält sich die Gestaltung der Leitlinien unserer Leit-Kultur ganz persönlich vor. Genau genommen hat sie unsere erste Frage an Neumann bei ihrem China-Besuch gerade auch schon beantwortet. Angela Merkel hielt in Bejing einen flammenden Appell für den Wert geistigen Eigentums. Dass sie dabei eher an Adidas und Transrapid dachte, denn an Eggert, Lachenmann oder Silbermond, belegte sie schlüssig, indem sie ausschließlich die einschlägigen Firmen-Bosse in ihren Delegations-Tross packte. Die Kulturvertreter wurden draußen vor der Tür gelassen. So blieb die überaus höfliche Bitte des anerkannt chinophilen Musikratspräsidenten Martin Maria Krüger um unauffällige Mitnahme unerhört. Und auch im eigenen Land sorgt die Kanzlerin wohl demnächst für klare Verhältnisse. Unser ehedem autorenangemessenes Urheberrecht dürfte demnächst im Dunkel des zweiten Korbes zu einem industriestreichelnden weichen Standort-Faktor umgemünzt werden.
Neues deutsches Kulturbewusstsein: Da wird sich Frau Merkel angesichts gewalttätiger Entgleisungen bestimmter Mitbürger eben aus physikalisch-ökonomischem Forscherdrang fragen, ob die Klinge des Messerstechers kruppstählern, der Baseball-Schläger deutsches Aluminium – oder vielleicht doch nur billiger China-Import war –, kulturell motiviert durch tiefes Engagement für ferne Menschenrechte natürlich…