Halbzeit. Die Tuba als „Instrument des Jahres 2024“ hat nun schon einiges gezeigt. Dabei hat sie sich nicht nur als ein im Untergrund grummelndes Instrument präsentiert, sondern wunderbare Klänge hervorgebracht und Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Mitmusizierenden bewiesen. Ein kleiner Blick zurück, ein Blick nach vorn und die Frage: „Ergibt die Aktion ‚Instrument des Jahres’ überhaupt einen Sinn?“, sollen uns heute beschäftigen.
Das Musikinstrument des Jahres 2024: Tuba – Teil 6: Ein- und Ausblicke
Ein Witz zu Beginn: „Ein Tubist nimmt die erste Tubastunde und er lernt, ein B zu spielen. Begeistert kommt er zur zweiten Tubastunde und lernt ein F. Dann kommt er nicht mehr …Vier Wochen später trifft der Tubalehrer seinen Schüler zufällig in der Stadt und fragt, warum er denn nicht mehr zum Unterricht komme, wo er doch so begeistert war. Darauf der Schüler: Koa [Anm: Keine] Zeit, zufui [zu viele] Auftritte.“ Und noch einer: „Ein Ehepaar möchte, dass ihr Sprössling eines Tages eine musikalische Laufbahn einschlägt und geht mit ihm in eine Musikschule. ‚Was können Sie uns empfehlen?’ fragt der Vater. – ‚Fagott!’ – ‚Wie lange dauert die Ausbildung?’ – ‚Sechs Jahre.’ – ‚Zu lange’, entgegnet der Vater. – ‚Wir hätten dann noch Trompete, dauert drei Jahre.’ – ‚Auch zu lange. Was bilden Sie denn sonst noch aus?’ – ‚Tuba.’ – ‚Und wie lange dauert da die Ausbildung?’ – Darauf der Musiklehrer: ‚Haben Sie in der Stadt noch etwas zu erledigen?’„
Bei solchen Witzen kann man schnell verstehen, warum sich die Tubisten in diesem Jahr vorgenommen haben, insbesondere gegen Klischees anzukämpfen, die ihr Instrument, das „Instrument des Jahres“, betreffen. In den vergangenen Monaten haben wir schon einiges über Tuben und Tubisten erfahren: sie können weit mehr als nur zwei Töne spielen, sind zuweilen hoch virtuos mit ihrem etwas klobig wirkenden Instrument unterwegs und sind eine ausgesprochen ruhige und gechillte Spezies von Musikern – Menschen, auf die man sich verlassen kann, auf die man bauen kann.
Jedes Instrument des Jahres ist anders. Ganz anders! Nicht nur unterscheiden sie sich in Bauart, Material, Spielart (Blasinstrument, Streichinstrument, Tasteninstrument, …) und anderen äußerlichen Merkmalen. Sie sind oft auch eingebunden in ein bestimmtes musikalisches und soziales Umfeld. Und: manche sind bekannter als andere – einzelne leiden unter Klischees. Deshalb ergibt die Aktion „Instrument des Jahres“ auch einen tieferen Sinn. Die von den Landesmusikräten seit 2008 angestoßene Initiative will ein breiteres Interesse für das jeweilige Instrument wecken. Über das Interesse hinaus sollte man aber nicht übersehen, dass jedes Instrument seine eigene Geschichte und sein eigenes Umfeld hat, die – jenseits von Musikern und Fachleuten – in breiten Kreisen der Bevölkerung nicht bekannt sind.
Kenne ich (nicht)!
Wie viele Menschen haben – zumindest von unten – schon einmal eine Orgel gesehen. Sicher viele. Aber wie funktioniert eine Orgel, die ihre Heimat noch immer fast ausschließlich im kirchlichen Umfeld hat? Einer der am häufigsten zu hörenden Sätze, wenn interessierte Laien, die vielleicht schon seit Jahrzehnten Orgelmusik hören und lieben, dann einmal auf die Orgelempore kommen, ist „Oh, schau mal, der spielt ja auch mit den Füßen“. Gerade bei größeren Orgeln sind Besucher oft auch erstaunt, wie sehr ein Spieltisch dem Cockpit eines Flugzeuges ähneln kann: „Sind das aber viele Knöpfe und Hebel!“
Ganz anders im vergangenen Jahr die Mandoline. Ein eher unbekanntes Instrument, nur eine Professur für dieses Instrument weltweit. Zu Hause ist sie in einer oftmals romantisch geprägten Laienmusikbewegung. Und nun die Tuba – sie scheint überall gefragt zu sein, gern gesehen und gehört. Deshalb haben wir hier in diesem Jahr auch damit begonnen, die Einsatzmöglichkeiten der Tuba aufzuzeigen und wie sich die Tuba von der Militärmusik kommend in viele andere Ensembles und Musikrichtungen hinein entwickelt hat.
Zwei wichtige Aspekte fehlen uns hier noch: die Volksmusik und der Bereich Rock, Pop und Jazz – das kommt noch. Natürlich werden wir auch noch einiges über das Instrument erfahren, seinen Bau aus Metall und aus „alternativen“ Materialien, die das Instrument günstiger und leichter machen. Zuletzt werden wir auch sehen, dass alle Tubabauer und auch diejenigen, die sich auf die Mundstücke spezialisiert haben, alle in einer Region arbeiten. So wie noch immer die besten Violinen aus dem italienischen Cremona kommen, werden wir uns in die Region um Markneukirchen in Sachsen, dem Musikwinkel, umschauen.
Musikinstrument des Jahres
Ein Instrument für ein Jahr in den Mittelpunkt der Wahrnehmung zu stellen ist sinnvoll! Sehen und hören, anfassen, erstaunt sein und selbst ausprobieren – das könnte das Motto der Initiative „Instrument des Jahres“ sein. Die Aktionen, die dabei herauskommen sind – je nach Instrument – in jedem Jahr verschieden. Die Musikerpersönlichkeiten sind unterschiedlich – ernste und seriöse Kirchenmusiker, ausgeflippte Rocker und in sich ruhende Tubisten. „Was für ein Typ bist Du?“ möchte man gelegentlich fragen und junge Menschen dazu bringen, sich „ihr“ Instrument auszusuchen. Denn das ist das zweite Standbein der dieser jährlichen Aktion: Nachwuchsförderung.
Nur wer das Angebot und seine Breite kennt, wird zum richtigen und ganz persönlichen Instrument finden. In der Sendung von Maybrit Illner rechtfertigte jüngst der Schauspieler Jan Josef Liefers seine Kritik an den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung, die ganze Berufsgruppen lahmgelegt hat: „Dann sahen wir uns eingeordnet auf der Liste irgendwo zwischen Spaßbad und Puffbesuch. Das halte ich für einen kapitalen Fehler bis heute.“ Denn er sei fest davon überzeugt, dass Kunst Menschen gerade in Krisen Halt geben könne. Nun sind Kunst und Kultur keineswegs in erster Linie Krisenbewältigungsphänomene – aber die positiven Ergebnisse sind unübersehbar: Menschen, die mit sich selbst etwas anfangen können, die einen besonderen Zugang zu ihrer Seele und ihren Emotionen haben, gestärktes Selbstbewußtsein, einen Sinn für das Schöne, die Natur und die Welt. Alles das steht auch hinter dem Instrument des Jahres.
Bisher gibt es noch keine Untersuchungen darüber, inwieweit das „Instrument des Jahres“ tatsächlich nachhaltig in die Zukunft wirkt. Anfragen bei Musiklehrern, ob und wo man das Instrument des Jahres erlernen kann, gibt es während des Jahres zahlreiche. Was aus diesen ersten Anfragen wird, ob sie wirklich neue Mitspieler und jungen Nachwuchs generieren, das ist bisher weitgehend unbekannt. Darüber werden wir hier (in einem letzten Beitrag zur Mandolinenserie) in der zweiten Jahreshälfte mehr erfahren. In der Print-Ausgabe der nmz wird dann in einem Interview mit Hartmut Schröder, Geschäftsführer des Landesmusikrates Schleswig-Holstein und „Erfinder“ der Aktion „Instrument des Jahres“, die Frage nach einer längerfristigen Wirkung dieser Aktion im Mittelpunkt stehen.
Und zum Schluss – Entschuldigung! – noch einer: „Dirigent: ‚Noch einmal ab Takt zwei bitte!’ – Tubist: ‚Moment, wir haben keine Taktzahlen!’“
Klänge (für die Sommertage):
- Marsch der Soldaten des Robert Bruce – https://www.youtube.com/watch?v=_rIriZiIkx4
- Maxjoseph: Kreikenbaum – https://www.youtube.com/watch?v=yrazFd7y4Kg
- Melton Quartett: Power – https://www.youtube.com/watch?v=KaMYCAV7CLg
- Viera Blech: Farmer’s Tuba – https://www.youtube.com/watch?v=PzeP8fCXX84
- Lustige Brummer – https://www.youtube.com/watch?v=AgRy-S4Qo18
- Blaskapelle Kovacka: Tuba Muckl – https://www.youtube.com/watch?v=vgw_2QsNjk4
- When the tuba FINALLY gets a solo – https://www.youtube.com/watch?v=2x1mncrGJxk
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