Da kam Leben in die leicht betonlastigen, ansonsten aber lichtdurchfluteten Räume von Berlins neuer „Akademie der Künste“: Der Deutsche Musikrat hatte im Rahmen seiner Generalversammlung zu einem „Tag der Kreativität“ geladen. Foyers und Treppenhäuser waren zu einem überdimensionalen und ständig wachsenden „Jahrmarkt der Ideen“ umgestaltet. Kompetent und sensibel moderiert vernetzten sich die Projekt-Präsentationen der Mitgliedsverbände zu kleinen und großen Koalitionen der Fantasie. Zwischen Musikwirtschaft, Musikpädagogik und engagierten Vertretern der Laienmusik gelang ein „Bündnis der kulturpolitischen Vernunft“. Es manifestiert sich zunächst in einer gemeinsamen jährlichen Groß-Veranstaltung (sie tritt an die Stelle des überkommenen Frankfurter Musikmesse-Konzeptes) – in einer spartenübergreifenden bundesweiten „Woche der lebendigen Musik“ – und in einem materiell bestens ausgestatteten, wissenschaftlich fundierten Foresight-Prozess.
Möglich wurde dieser „Mega-Sprung in der Verbandsentwicklung“ (so Helmut Lachenmann bei seinem Begrüßungs-Statement zum Thema „Quanten statt Quinten?“) durch ein konsequentes, professionelles Reform-Management nach der niederschmetternden Insolvenz. Besonders bewährt hat sich dabei die Verlagerung des Musik-Informationszentrums (MIZ) in die Berliner Geschäftsstelle des Vereins. Aus der bis dato unter ansprechender Oberfläche doch etwas statischen Datenbank und sporadischen Verlautbarungs-Quelle entwickelte sich so ein vitales Kommunikations-Zentrum. Davon profitierten vor allem die „Denk-Tanks“ der meist hoch kompetent besetzten „Bundes-Fachausschüsse“. In transparenten Themen-Parks konnten sie Ideen, Informationen und Erfahrungen austauschen, ihre Projekt-Vorschläge konstruktiv und intelligent anreichern. Kein Wunder, dass der „Tag der Kreativität“ so trefflich geriet.
Ein innovativer Kultur-Schock: die von der ARD vier Stunden lang live übertragenen „Acts“ der komplett neu konzipierten Musikrats-Projekte. „Man muss die dröge Kommerz-Ästhetik der konventionellen Medien doch nicht übernehmen, man muss nur eine ehrliche eigene Sprache finden“, philosophierte BuJazzO-Coach Peter Herbolzheimer in seiner cleveren Moderation. Und das ist allen verbliebenen fünf Projekt-Einheiten exzellent gelungen. Dank einer optimal verzahnten, vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Projekt-GmbH und Verein. Bei diesem Feuerwerk an Klang-Kreativität und solide provozierender Kultur-Programmatik hielt es die in einem Nebenraum tagende Kultusministerkonferenz nicht lange in ihrem Konklave. Allerdings gerann das Lächeln manches Kultusministers, mancher Kultusministerin, erkennbar, als ihnen ein spürbar selbstbewusster Musikratspräsident knapp aber deutlich die perspektivischen Schäden ihrer von kurzsichtiger Taktik und schlichten Finanz-Überlegungen gesteuerten Arbeit vorbuchstabierte…
Da schreckte der Berichterstatter aus dem Traum, fand mühsam und schweißnass in die Realität zurück. Sie bildet sich angemessen unkritisch auf der nächsten Seite ab.