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Vogelflug. Foto: Hufner
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Keine Angst vor gesellschaftlicher Vielfalt: „Das Fremde und das Eigene“

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Die Jahreshauptversammlung des Deutschen Bühnenvereins hat in Dresden getagt, wo binnen kurzer Zeit das Kraftwerk Mitte sowie ein Konzertsaal gestemmt wurden. Ein Tagungsort also, der für die heile Welt der Kultur steht? Oder doch eher für Pegida & Co.? – Hauptthemen des Treffens waren Rechtspopulismus und rechtsnationale Parteien.

Rund 250 Intendantinnen und Intendanten sowie Verwaltungschefs der deutschen Theater und Orchester trafen sich zur Jahreshauptversammlung des Deutschen Bühnenvereins im Dresdner Kraftwerk Mitte, der neuen Heimstatt von Staatsoperette und Theater Junge Generation. Sie haben gewürdigt, was aus der alten Industriearchitektur entstanden ist, und durften zudem den neuen Konzertsaal der Dresdner Philharmonie im Kulturpalast bestaunen. Eine gute Wahl, dieser Tagungsort, schließlich sieht alles danach aus, dass Kunst und Kultur hier gedeihlich blühen und Jahr für Jahr zahllose Touristen an die Elbe locken werden.

Ein Ort allerdings auch, der mit Schlagzeilen über Aufmärsche von Pegida & Co. für Aufsehen und Abschreckung sorgt. Ein Ort, an dem öffentlich mahnende Kunstwerke „Volkes Stimme“ schon mal in ein alle Vernunft beschämendes Geifern umschlagen lassen kann.

Zündstoff zu Diskussion und Debatte

Nun, die Versammlungen des Bühnenvereins finden turnusmäßig in wechselnden Städten statt, nach der ersten Dresdner Begegnung im Jahr 2005 war die Stadt einfach mal wieder dran – bot aber sowohl mit den staunenswerten Kulturbauten als auch mit den erbärmlichen Beispielen von dümmlichem Populismus und Patriotismus erheblichen Zündstoff zu Diskussion und Debatte.

Der Umgang mit Rechtspopulismus und rechtsnationalen Parteien als Hauptthema dieser Jahreshauptversammlung des Deutschen Bühnenvereins – das ist ein zutiefst politisches Thema gewesen. Steht da zu vermuten, dass die Kultur für Versäumnisse der Politik einspringen soll? Beim Bühnenverein sieht man das zuallererst als ein gesamtgesellschaftliches Thema, das alle angeht und bei dem sich die Theater als Mutmacher im Sinne grundsätzlicher Aufklärung mit einbringen.

Ulrich Khuon, seit Jahresbeginn Präsident des Bühnenvereins, betonte denn auch zum Abschluss der Tagung: „Es geht darum, den Reichtum einer diversen Gesellschaft sichtbar werden zu lassen und diese nicht als Bedrohung zu empfinden.“

Vorab hat er freilich auch davon gesprochen, dass in einer Zeit gesellschaftlicher Spannungen der kulturelle Austausch immer wichtiger werde. Was kann Theater, dieser grundsätzliche Ort des Austauschs, diese seit mehr als 3.000 Jahren gepflegte Stätte von Begegnung und Kommunikation, da leisten? Muss – angesichts des derzeitigen Zustands der Welt im Allgemeinen, Europas im Besonderen und Deutschlands im Speziellen – womöglich ein Versagen dieser Kunstform konstatiert werden?

Theater als öffentlichen Diskursraum etablieren

Das wollten weder Ulrich Khuon noch sein ebenfalls neuer Geschäftsführender Direktor Marc Grandmontagne so gelten lassen. Die Zerrissenheit großer Teile der Gesellschaft sei nicht als Scheitern des Theaters sehen, sondern als Ausdruck, dass es sich hier um permanente Prozesse handelt, die Theater immer wieder vor neue Herausforderungen stellen und stellen werden. Neben der „klassischen“ Bühnensituation werde gegenwärtig mit neuen Formen wie Bürgerbühnen und partizipativen Projekten darauf reagiert, um Theater als öffentlichen Diskursraum zu etablieren.

Khuon, im Hauptberuf Intendant am Deutschen Theater Berlin und hier erst kürzlich bis ins Jahr 2022 verlängert, engagiert sich vehement vor Ort, war in Altenburg, in Bautzen, in Magdeburg präsent und hat mit AfD-Politikern ebenso wie mit anderen Rechtspopulisten diskutiert. Sein erklärtes Ziel: Kulturelle Bildung nicht mit erhobenem Zeigefinger und belehrend zu betreiben. Seine Haltung: Grundsätzlich optimistisch.

Um auch konkret etwas voranzubringen, wurde eine Initiative des Berliner Maxim-Gorki-Theaters aufgegriffen, die ein Stipendien-Programm für wegen ihres demokratischen Engagements in Not geratene türkische Künstlerinnen und Künstler beinhaltet.

Derartige Maßnahmen sind womöglich effizienter als Positionspapiere oder Appelle. Einen „Ruf aus Dresden“ oder eine „Dresdner Erklärung“ hat es daher auch nicht gegeben. Der Deutsche Bühnenverein setzt vielmehr auf eine verantwortungsvolle Fortsetzung seines Engagements. Man werde gemeinsam überlegen, wie die Arbeit, die bereits stattfindet, verbessert werden kann. Stärkere Kommunikation, kräftigere Allianzen in die Zivilgesellschaft hinein, klar definierte Positionen wurden als Ziele genannt.

Umgang mit Rechtspopulisten

Eine dieser Positionen machte deutlich, dass Rechtspopulismus und der Umgang damit keineswegs als „Ost-Thema“ angesehen werden. Das sei deutschlandweit relevant und gehe sogar darüber hinaus, wenn der Zustand Europas betrachtet werde. Vor rechtslastigen Einflüssen in Kunst und Kultur wie beispielsweise in Ungarn sehe man die Theaterszene in Deutschland aber gefeit.

Einhellig unterstütze der Bühnenverein die „Initiative kulturelle Integration“ und deren Thesen, die gesellschaftlichen Zusammenhalt auf Basis des Grundgesetzes fordern, ein Zusammenleben, das auf kulturellen Gepflogenheiten, auf Toleranz und Respekt basiert, auf Freiheit der Kunst, und eine kulturelle Vielfalt in der Gesellschaft als deren Stärke herausstellt.

Nicht zuletzt debattierte der Bühnenverein auch über die eigenen Strukturen und deren Modernisierung. Da wurde über Fragen der Öffnung, der Partizipation, der Digitalisierung, der öffentlichen Relevanz sowie der Geschlechtergerechtigkeit diskutiert. Man strebe einen intensiveren Dialog mit Kulturpolitik und Verwaltung an, habe erkannt, dass Arbeitsbedingungen der Künstler nicht ohne Einbindung der Politik verbessert werden können. Insofern dürfte die Abschlussdiskussion unter dem Thema „Wir müssen reden! – Das Fremde und das Eigene“ auch für die eigene Arbeit des Bühnenvereins exemplarisch gewesen sein.

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