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Foto: Dresdner Kammerchor
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Kurzweil, Information und Uraufführung – 1. Dresdner Chorwerkstatt für Neue Musik

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Der Ansatz ließ aufhorchen: Zur 1. Dresdner Chorwerkstatt für Neue Musik war geladen, da hätten künftige Wege, neue Denkansätze, unbekannte Gedanken gar erwartet werden können. Doch die intellektuelle Ausbeute beschwor erst einmal das Vergangene. Kein Wunder: Chormusik und deren Pflege resultiert nun mal zuvörderst aus dem 19. Jahrhundert, die damaligen Singebewegungen schufen die Grundlagen für heutigen Gruppengesang. Da ist es egal, ob Kammerkonzert oder Massenchöre gemeint sind.

Ja, auch die Fischer-Chöre kamen zu ihrem Recht, wurden nicht einmal arg desavouiert, sondern erhielten etwas gönnerhaft – denn sympathisch sind sie ja doch?! – Daseinsberechtigung erteilt. Wo man singt, da lass dich ruhig nieder?

Nein, ganz so einfach haben es sich die Veranstalter denn doch nicht gemacht. Fünf Tage lang galt das Augenmerk von Dresdens Musikhochschule Carl Maria von Weber und Dresdner Kammerchor dem Gruppengesang im Heute, wurde theoretisch und praktisch über die aktuell gegebenen Möglichkeiten des Genres und der Ensembles doziert und probiert. Das Ergebnis – nach Symposien zu „Chormusik im 20. und 21. Jahrhundert“, zu „Musikalischer Intention und Klangsuche“ sowie zu „Transkription und Interpretation“, nach Komponistenporträts und öffentlichen Proben – gipfelte in einem Abschlusskonzert mit gleich vier Uraufführungen nebst Werken von Berio und Brahms, Gottwald, Lachenmann und Schwitters.

Was neu ist, hat es in der Stadt kultureller Behäbigkeit natürlich nicht leicht. So fand diese Chorwerkstatt denn auch nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Interessant war deren Ansatz nicht minder. Insbesondere die Initiatoren Jörn Peter Hiekel (Leiter der Instituts für Neue Musik an der Dresdner Musikhochschule) und Hans-Christoph Rademann (Chefdirigent des RIAS-Kammerchors und Leiter des Dresdner Kammerchors) machten sich um Fortbestand und Identitätsfindung der Gattung verdient. Mit Helmut Lachenmann hatten sie zudem einen Praktiker im Boot, der aus eigenen Erfahrungen („Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“) anregend zu plaudern verstand. Und ausgerechnet er war es denn auch, der aufgrund eines glücklich überstandenen Doppelinterviews mit Gotthilf Fischer dessen Unterhaltungserfolge ins Gespräch brachte.

Ziel der Zusammenkunft war freilich die klingende Musik. Im Abschlusskonzert standen denn auch Werke auf dem Programm, die den Arbeitstitel „Chormusik im 20. und 21. Jahrhundert“ noch einmal eindrucksvoll reflektierten. Neben den genannten (Alt-)Meistern war es (Jung-)Komponisten wie Reiko Füting (Jg. 1970), Karsten Gundermann (Jg. 1966), Florian Heigenhauser (Jg. 1963) und Alexander Keuk (Jg. 1971) vorbehalten, sich mit einem Chorwerk von Johannes Brahms zu beschäftigen und das Vineta-Thema zu deuten. Da wurde vieldeutig in schier unerforschliche Abgründe getaucht. Die verborgenen Schätze allerdings harren noch ihrer Hebung. Insofern lässt die 1. Dresdner Chorwerkstatt auf Fortsetzung hoffen.

 

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