Hauptrubrik
Banner Full-Size

Landesmusikrat Schleswig-Holstein

Untertitel
Rock hinterm Deich, Zur Popförderung in Schleswig-Holstein
Publikationsdatum
Body

Grasende Kühe, weiße Strände und gelbe Rapsfelder: dieses landläufige Schleswig-Holstein-Bild ist nicht dazu angetan, Aufregendes aus Rock und Pop in unserem nördlichsten Bundesland zu vermuten. Der Schein trügt, wie einige prominente Beispiele verdeutlichen mögen:

Zur Popförderung in Schleswig-Holstein Grasende Kühe, weiße Strände und gelbe Rapsfelder: dieses landläufige Schleswig-Holstein-Bild ist nicht dazu angetan, Aufregendes aus Rock und Pop in unserem nördlichsten Bundesland zu vermuten. Der Schein trügt, wie einige prominente Beispiele verdeutlichen mögen: Das Wacken Open-Air ist Europas größtes „Hard And Heavy“-Festival mit bis zu 30.000 Besuchern jährlich. Die Kieler Woche bietet auf zahllosen Bühnen ein immenses Angebot an Rock- und Popgruppen zum Nulltarif. Delta-Radio aus Kiel war bundesweit einer der ersten privaten Rocksender überhaupt. Das renommierte Independent-Magazin Zillo erscheint seit Jahr und Tag in Lübeck. Flensburg hat nicht nur die Gruppe ECHT hervorgebracht, hier residiert auch mit Elephant Music eine der erfolgreichsten Produktionsteams der Branche. Die Itzehoer Versicherungen haben mit ihrem Talent Award Maßstäbe in der effektiven Nachwuchsförderung gesetzt. Die Liste ließe sich weiterführen.

Wie sieht es nun aber in Bezug auf die öffentlichen Förderstrukturen aus? Was den Amateurbereich anbelangt, gibt es durchaus Erfreuliches zu vermelden. Rock und Pop sind seit Jahren fester Bestandteil der Jugendkulturarbeit im Lande. Eine Vielzahl von Musikschulen, allgemeinbildenden Schulen, Kirchengemeinden und Jugendzentren fördern junge Musiker durch Bereitstellung von Übungsräumen, Equipment, Unterrichtsangeboten und Auftrittsmöglichkeiten. Viele Kommunen und Kulturvereinigungen veranstalten regelmäßig Nachwuchswettbewerbe, und das von der LAG Jugendmusik und dem Landesmusikrat organisierte Band- und Liedermacher-Förderforum bietet dezentral Workshops unter kompetenter Anleitung. Trotz zunehmender Finanzknappheit haben sich offenbar Förderstrukturen etabliert, die für Amateure durchaus sinnvoll sind. Vielleicht auch angesichts dieser Erfolge geriet aber eine Zielgruppe aus dem Blickfeld, die sich in den letzten zwanzig Jahren rapide entwickelt hat: die Rede ist von (semi-) professionell arbeitenden Rock- und Popmusikern.

Zwar sind die Branchenführer der Tonträgerindustrie nach wie vor in den Metropolen angesiedelt, jedoch ist auch in Schleswig-Holstein ein deutlicher Anstieg von Musikproduktionen zu verzeichnen. Damit einhergehend entstanden eine Vielzahl von Arbeitsbereichen und Wirtschaftsbetrieben, die zur Realisierung des multimedialen Phänomens Popmusik unerlässlich sind. (Tonstudios, Verlage, Label, Agenturen, Produktionsteams, Beschallungs- und Beleuchtungsfirmen).

Festzuhalten bleibt aber auch, dass die aufgezeigten Professionalisierungstendenzen in Bezug auf die Qualifizierung der Mitarbeiter bislang nur im operativen Umfeld des Rock- Popnetzwerkes stattfinden. Ausbildung und Weiterbildung für den eigentlichen kreativen Kernbereich, das heißt für professionell arbeitende Musiker oder solche, die es werden wollen, fand auf Landesebene bislang nicht statt.

Allerdings war bis vor einigen Jahren auch noch völlig unklar, wie man denn Förderung für angehende professionell arbeitende Rock- und Popmusiker zu gestalten habe. Maßstäbe auf diesem Gebiet hat erstaunlicherweise ein schleswig-holsteinisches Unternehmen gesetzt. Im Rahmen ihrer Sponsoringaktivitäten entschlossen sich die Itzehoer Versicherungen 1991 zu einem bundesweit vorbildlichen Förderprogramm, dem John Lennon Talent Award. Alle zwei Jahre als mittlerweile bundesweiter Wettbewerb ausgeschrieben, bietet der Talent Award den Siegerbands Förderung auf höchstem Niveau. Dabei wurde unter Leitung von Udo Dahmen das Modell des so genannten „Bandcoachings“ entwickelt. Hier geht es um die kontinuierliche und qualifizierte Begleitung und Beratung der Bands durch ausgewiesene Profis der Branche. Da es bundesweit immer noch keine Hochschulausbildung für Rock-Pop-Musiker gibt, gilt es, diesen Wissenstransfer für alle ambitionierten Bands im Lande zugänglich zu machen.

Der Landesmusikrat wird daher mit Hilfe der Itzehoer Versicherungen in diesem Oktober die erste „Bandfactory Schleswig-Holstein“ in Kiel durchführen. In enger Zusammenarbeit mit dem Talent Award (hier wurde auch das Konzept der Veranstaltung entwickelt) werden ausgewählte Bands zwei Tage lang intensiv von Profis wie Udo Dahmen, Sina Farschid (Universal), Henning Rümenap (Guano Apes), Michael Smilgies (Hidden Force) und Jane Comerford in den Bereichen Musik, Business und Performance unterrichtet. In diesem Sinne versteht sich die „Bandfactory“ durchaus auch als Existenzgründungsseminar. Erfreulich ist es, dass mit der Technologieregion K.E.R.N. e.V. und der Deutschen Phonoakadamie zwei Institutionen aus dem Bereich der (Musik-) Wirtschaft das Projekt unterstützen. Denn neben der Qualifizierung des künstlerischen Nachwuchses wird es in Zukunft darauf ankommen, den wirtschaftlichen Aspekt des Rock-Pop-Netzwerkes stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit und der politischen Entscheidungsträger zu heben.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!