Tonbandcollagen, Musique concrète, Electric Jazz und Electronic Body Music – die elektroakustische Verstärkung und Verfremdung von Instrumentalklängen hat inzwischen eine rund 60-jährige Geschichte. Grund genug für das unterfränkische Projekt MainPop, sich einmal näher mit dieser Musikrichtung zu beschäftigen. Mit ihrer „Klangwerkstatt für Elektronische Musik“ beschritt die popularmusikalische Initiative des Bezirks Unterfranken in der Musikakademie Hammelburg neue Wege.
Teilnehmer Louis Halbritter hat schon allerhand gitarristische Tricks und Kniffe drauf. Der 15-Jährige aus Gemünden spielt E-Gitarre in den Bands der Musikschule und des Gymnasiums seiner Heimatstadt. Sein Traum wäre es, später einmal als DJ eigene Tracks zu kreieren. Bei der „Klangwerkstatt für elektronische Musik“ beschäftigte er sich vier Tage lang zusammen mit 17 weiteren jungen Musikern aus der Region Unterfranken mit elektronischen Klangerzeugern und innovativen Sounds. So lötete er unter Anleitung von Manu Richter, Musikproduzent aus Leipzig, seinen ersten Synthesizer zusammen.
Mit mainstreamigen Pop hat Louis Halbritter nicht viel am Hut. Der Jugendliche liebt harte, metallische Sounds. Mit Schaltern, Buchsen, Widerständen und Drähten einen ersten Synthesizer, der solche Sounds erzeugt, in einer Brotzeitdose selbst zu bauen, war für ihn ein fantastisches, aber auch herausforderndes Erlebnis: „Man muss sehr genau arbeiten.“ Mit Unterstützung von Klangtüftler Manu Richter holte Louis im Kammermusiksaal der Hammelburger Akademie gleich die ersten elektronischen Klänge aus der Dose heraus. Beim nächsten Auftritt könnte er seinen Synthesizer einsetzen – hätte er elektronisch musizierende Mitstreiter.
Weil elektronische Popmusik nach wie vor nicht viele Fans hat, sind Jugendliche wie Louis Einzelkämpfer; ohne umfangreiche Infrastruktur und mit nur wenig direkten Möglichkeiten, avantgardistische Ideen zu teilen. Solchen jungen Musikern zu helfen, hat sich MainPop auf die Fahnen geschrieben. „In den vergangenen Jahren haben wir uns vor allem der Bandarbeit gewidmet“, erläutert Peter Näder, Popularmusikbeauftragter des unterfränkischen Bezirks. 2011 wurde erstmals ein Workshop für elektronische Musik angeboten. Dieses Engagement soll nun zusammen mit der Initiative „TonQuadrat“ um den aus Schweinfurt stammenden Marc Bieringer weiter ausgebaut werden.
Jazz, Rock, Pop, Klassik und Elektronische Musik zu verbinden, das ist Ziel der Musik-Kreativ-Tage, die MainPop in Kooperation mit dem Würzburger Tonkünstlerverband vom 14. bis 18. August veranstaltet. Über alle stilistischen Barrieren hinweg sollen gemeinsame Projekte verwirklicht und in täglichen Aufführungen in der Region präsentiert werden. An drei Abenden sind spontane Vorspiele in jeweils einem sakralen, einem musealen und einem säkularen Ort geplant. Außerdem soll auch hier eine kreative Vernetzung über alle Musiksparten in Unterfranken stattfinden, die nach den Kreativtagen im besten Fall in weiteren eigenständigen Projekten fortleben.
Aber auch klassische Pop- und Rockbands kommen bei MainPop weiter auf ihre Kosten. Für sie gibt es vom 8. bis 11. September das MainPop-SommerCamp, bei dem fünf Coaches verraten, was erfolgreiche Musiker können müssen, um sich bei Plattenfirmen oder Konzertveranstaltern richtig in Szene zu setzen. Zudem werden Musikjournalisten die Bands für TV- oder Radiointerviews fit machen. Jeden Abend steht eine Live-Bühne in der Akademie Hammelburg zur Verfügung. „Die visuelle Umsetzung wird immer wichtiger“, so Peter Näder. Ohne ein Video, einen Live-Mitschnitt, Interviews der Bandmitglieder und imagefördernde Fotos komme keine Profiband mehr aus.