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Massagemusik

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„Ich will unbedingt Tiefenreliefs formen. Das Wichtige daran ist der Pumprhythmus jedes einzelnen Tons. Also stelle ich mir plastisch vor, wie die Töne hin und her pumpen in die Tiefe und nach vorne. Man kann sich sechzehn hydraulische Pumpen vorstellen, die auf den Hörer zukommen und zurück pulsieren, mit einem riesigen Motor dahinter (…), so könnte das Grundgefühl in einem solchen polyrhythmischen und polydynamischen Massageraum wahnsinnig sein, einfach verrückt (…), so erhält man eine Massagemusik mit völlig neuen dynamischen Dimensionen. Ich glaube, damit beginnt ein neues Jahrhundert für die Musik“. Der solche Ideen entwickelte ist natürlich kein geringerer als Karlheinz Stockhausen. Die zitierte Passage entstammt einem Gespräch, das der ins Licht eingegangene Meister bereits 1991 geführt und dessen Transkription er noch 2007 kurz vor seinem überraschenden Tod redigiert hat. Jetzt ist der Text im aktuellen Februar-Heft der Zeitschrift „MusikTexte“ zu lesen.

Allein dieses Gespräches willen, das wunderbar zwischen visionärem Schöpfertum und Clownerie, zwischen technokratischer Pedanterie und frei verspielten Assoziationen und Bildern changiert, verdient der große Phantast und Visionär Stockhausen noch posthum – auch mangels gegenwärtiger Alternativen – den Titel „Komponist des Monats“, vielleicht auch des Jahres oder verflossenen Jahrhunderts? Wer hat heute noch Pläne, Träume, Wünsche, Vorstellungen von solcher Tragweite und vertritt diese auch mit solchem Anspruch, solcher Deutlichkeit, Begeisterung, ja Besessenheit?

Die meisten Komponisten begnügen sich mit kleinen Schrittchen auf den ausgetretenen Pfaden altbewährter Gattungen, etwa dem Instrumentalkonzert, das schon seit geraumer Zeit wieder fröhliche Urständ feiert. Das WDR-Sinfonieorchester und Solist Marcus Weiss bringen unter Leitung von Emilio Pomárico am 3. Mai in der Kölner Philharmonie das Konzert für Baritonsaxophon und Orchester von Georg Friedrich Haas zur Uraufführung. Im selben Konzert erstmals zu hören ist Fabio Nieders „Der Bilderfresser“ für Chor und Orchester mit konzertantem Klavier. Am 5. Mai leitet Krzysztof Penderecki in Bremen die Premiere seines Hornkonzerts für Radovan Vlatkovic.

Weitere Uraufführungen
4.5.: Cristóbal Halffter, Lázaro, Oper in einem Akt, Opernhaus Kiel
• Frank Zabel, Beyond Silence and Dispair, Teo-Otto-Theater Remscheid
• Jan Müller-Wieland, Liebe und Krieg – Acht Lieder, Gare du Nord Basel
10.5.: Helge Burggrabe, Jehoschua – ein Oratorium von der Menschwerdung, Hof- und Stadtkirche St. Johannis Hannover
• Manfred Trojahn, La Grande Magia (Der große Zauber), Sächsische Staatsoper Dresden
• Otfried Büsing, Orchestersuite aus Picknick im Felde, Meistersingerhalle Nürnberg
15.5.: Eberhard Streul/Andreas N. Tarkmann, Na warte, sagte die Schwarte, Ludwigshafen
22.5.: Sven-Ingo Koch, Hommages, Rohrmeisterei Schwerte
25.5.: Luca Francesconi, Animus III und Unexpected End of Formula, Ensemble musikFabrik im WDR Köln
27.5.: Giselher Klebe, 8. Sinfonie, Detmold

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