Diese Ausgabe unseres musikalischen Intelligenz-Blattes landet tausendfach und leider kostenlos in zahlreichen Jute-Säckchen und Plastik-Tüten: Im Rahmen der Frankfurter Musikmesse verteilen wir großzügig – an Jäger und Sammler jeglicher Provenienz. Intern scherzen wir dann über die Alternativ-Funktionen unseres Produktes – zum Beispiel als Brandbeschleuniger. Immer in der heimlichen Hoffnung, dass dies nicht nur den heimischen Kamin betrifft, sondern, dank unabhängiger und engagierter journalistischer Qualität, auch die intellektuellen und emotionalen Anheiz-Zentren in den Köpfen potenzieller Abonnenten.
Seit Jahren mit recht überschaubarem Erfolg: Das Messe-Publikum hat bislang offensichtlich Anderes im Sinn als die Sehnsucht nach gediegener Musik-Information. Das entmutigt uns keineswegs, weil es ganz allgemein eine gesellschaftliche Entwicklung spiegelt, die momentan noch das kostenlos-flach Schnelle dem gründlich-recherchiert – und deshalb notwendig kostenpflichtig – Eigenständigen vorzieht. Unter diesem Krankheitsbild leiden alle Kreativen und Kulturschaffenden. Die von ihnen produzierte Ware braucht, um Geld zu generieren, Zwischenhändler und damit auch Marketing-Plattformen, die aufgrund ihrer selbsternannten Aufwändigkeit einen Gutteil des immateriell generierten Neu- oder Mehrwertes problemlos absorbieren. Diese Händler, einst Verleger oder risikobereite Medien-Produzenten, sind als autarke Persönlichkeiten meist vom Controlling erwürgt worden.
Auch das entmutigt uns nicht, weil wir das Scheitern solch oberflächlichen, zunehmend substanzlosen Systems gerade erleben, wenn auch schmerzhaft. Wir sind gespannt, wie sich der euphemistisch als „Wirtschaftskrise“, realistisch als Spekulanten-Gangsterei zu bezeichnende Finanz-Schlamassel auf unseren bunten kleinen Markt der Ideen auswirkt. Bröckeln Aussteller weg? Bleiben Besucher fern? Oder schlägt die angebliche Rezession im Kulturmarkt – wie schon früher – später durch?
Nein, wir fürchten uns ganz und gar nicht. Wir expandieren. Wir hoffen, dass der Talmi-Glanz vom goldenen Kalb abfällt und das gierzerfressene Gerippe eines fehlgesteuerten „Werte“-Systems deutlich zutage tritt. Und wir nutzen den sicherlich immer noch glitzernden Frankfurter Kulturtempel-Vorhof, um möglichst laut über Konsequenzen, aber auch sinnvolle Perspektiven nachzudenken.
„Musikmarkt – geistlos?“ lautet eine der Fragen, die wir im Rahmen der Live-Sendung „taktlos“ von Bayern 4 Klassik im Verbund mit der Gesellschaft für Neue Musik stellen. Rein konstruktiv präsentiert ferner das Netzwerk Neue Musik seine Partner-Strukturen. Deutscher Musikrat, Deutsche Orchestervereinigung, die Verbände deutscher Musikschulen und Deutscher Schulmusiker – flankiert von der Jeunesses Musicales und dem Netzwerk Junge Ohren – haben gemeinsam mit ConBrio und der nmz ein Bühnen-Programm konzipiert, das unterhält und – sorry – hochwertig informiert. Willkommen am antizyklisch gewachsenen Stand C 53 in der „Halle des Geistes“ Nummer 3.1. Das ausführliche Programm finden Sie auf Seite 10.