Es gibt Musikinstrumente, denen man nicht besonders viel zutraut, die vielleicht ein wenig exotisch wirken und nur eine geringe Verbreitung haben. Die Mandoline, das Instrument des vergangenen Jahres, gehört sicher in diese Kategorie, in der ein Instrument vermeintlich nur „pling, pling“ von sich geben kann. Die Ukulele, diese scheinbar etwas zu heiß gewaschene Gitarre, könnte ein ebensolches Bild erzeugen. Aber man sollte sich vom Äußeren nicht täuschen lassen.
Musikalische Jahrestage (3) – 2. Februar – Spiel-Deine-Ukulele-Tag
Einen Musiker dazu aufzufordern, sein Instrument zu spielen, ist schon ein wenig merkwürdig. Erfahrungsgemäß ist das Musizieren ein Hobby oder eine Berufung – letztlich also etwas, was man gern und freiwillig tun mag. Trotzdem verzeichnet die wunderbare Plattform www.kuriose-feiertage.de heute den „Spiel-Deine-Ukulele-Tag“, den „World Play Your Ukulele Day“. Wie so oft hat dieser Tag keine weitere Beziehung zu den anderen auf der Plattform an diesem Tag verzeichneten Feiertagen, etwa dem „La Chandeleur“ (Tag der Crêpes in Frankreich), dem „Küünlapäev“ (Kerzentag zu Mariä Lichtmess in Estland), dem „Welttag der Feuchtgebiete“ oder dem „Groeundhog Day“, (Murmeltiertag in den USA).
„So ganz klar ist die Sache nicht“, schreibt der Berichterstatter auf kuriose Feiertage. Er vermutet, dass der 2. Februar (= 2.2., der zweite Tag im zweiten Monat des Jahres) eine „kalendarische Referenz an die vier Saiten der Ukulele darstellt“. Klarer ist, dass die Initiative auf das Jahr 2011 und den US-amerikanischen Lehrer Mike Lynch, genannt „Ukulele Mike“ zurückgeht. Er hat sich in der Ukulele-Szene – hauptsächlich auch durch seine in den USA sehr populären Online-Kurse – als Ukulele-Lehrer einen Namen gemacht.
Worum es bei dem Tag geht, ist offenkundig: die Ukulele zu spielen, zuhause oder anderswo, privat oder öffentlich, allein oder mit anderen gemeinsam. Lynch betonte bei der ersten Auflage des World Ukulele Tags 2011, dass das kleine viersaitige Instrument ein Friedensbotschafter sei, welcher die Menschen im gemeinsamen Musizieren zusammenbringt. – So ist die Botschaft des Spiel-Deine-Ukulele-Tag eigentlich nicht nur die Aufforderung, sein eigenes Instrument zu spielen, sondern sich aufzumachen, laut und hörbar zu werden und sich dadurch für etwas einzusetzen.
Ganz im Sinne von Lynch dürfte die Aktion gewesen sein, die am 27. April 2011 in Bremen ihren Lauf nahm. Es war mal wieder Zeit zu demonstrieren und Gesicht zu zeigen – Bremer Chöre organisierten ein Konzert gegen rechte Gewalt und Nazis, zeigten ZivilCHORage. Das Konzert fand in der Kesselhalle des Kulturzentrums Schlachthof statt und war „pickepacke voll“, erinnert sich einer, der damals dabei war. Unter den Mitwirkenden war ein Orchester, das sich nur für diese Veranstaltung, die anschließende Demo gegen Rechts und die am 1. Mai folgende Demonstration gegründet hatte: das 1. Bremer Ukuleleorchester.
Die Vorbereitung war denkbar übersichtlich – nachdem man sich aus allen Ecken Bremens zusammengefunden hatte, mußten drei Proben reichen. Dabei lernte die Ukulelisten, die teilweise noch nie zuvor ein solches Instrument in der Hand gehabt hatten, drei Akkorde und drei Lieder. Für viele war dieser Auftritt der erste, den sie jemals auf einer Bühne hatten. Die (An-)Spannung war groß – der anschließende Applaus auch! Bei den Demos klappten sogar die Polizisten die Visiere ihrer Helme hoch und mußten lächeln.
Der Initiator, Olaf Emig, hatte mit diesem Projekt keine Zukunftsgedanken verbunden: Zusammenkommen, Üben, Auftreten und Schluß – das war seine Planung. Nach den Auftritten blieb ihm eigentlich keine andere Wahl und später sagte er einmal: „Aber die Resonanz war so positiv, da haben wir einfach weitergemacht.“ Und so ist das 1. Bremer Ukuleleorchester (1. BUO) aus einer spontanen politischen Aktion entstanden.
Wußte man in der Anfangsphase manchmal nicht so genau, wer zum Orchester dazugehörte und wer zum Auftritt erscheinen würde, so ist das 1. BUO heute – fast 13 Jahre später – ein fester Bestandteil der Bremer Musikszene geworden. Immer mittwochs treffen sich unter der Leitung von Jean-Olivier Groddeck verläßlich etwa 25 bis 30 Mitspieler zu Probe im Kulturzentrum Brodelpott. Die Besetzung ist gesellschaftlich sehr gemischt und entstammt allen Altersgruppen. Gespielt wird alles von Oldies über Rockklassiker bis hin zu Shanties. Im Laufe der Jahre hat das Ensemble seinen ganz eigenen Stil gefunden – alles wird Stück für Stück eingeübt, Noten lesen können die Wenigsten.
Groddeck vertritt die These (die er durch die Erfolge des 1. BUO auch schon belegt hat), dass absolut jeder Ukulele erlernen und spielen kann. Dieses kleine Instrument bezeichnet er einerseits als sehr niederschwellig und gleichzeitig als ein Instrument, aus dem man viel herausholen kann, das man auf sehr unterschiedlichen Niveaus spielen kann. Dabei hat die Ukulele eine sehr einfache Konstruktion und durch die Nylonsaite ist der Kraftaufwand beim Spielen nicht so groß – deshalb eignet sich das Instrument auch für Kinder.
„Schon für 50 Euro bekommt man ein ordentliches Instrument“, weiß er zu berichten und ergänzt: „Das kann sich eigentlich jeder leisten“. Die Ukulele kann als Solo-Instrument verwendet werden, eignet sich aber auch hervorragenden für das Zusammenspiel in Gruppen – anders als bei anderen Instrumenten wird der Klang beim Zusammenspiel vieler Ukulelen niemals „breiig“.
Kurz zum Instrument selbst: Portugiesische Einwanderer brachten 1879 die Barguinha, eine Kastenhalslaute, von Madeira nach Hawaii. Hier bekam das Instrument den polynesischen Namen Ukulele, was soviel bedeutet wie „hüpfender Floh“. Wahrscheinlich ist dieser Name eine Assoziation, die sich einstellen mag, wenn man die flinken Bewegungen der Finger auf dem Griffbrett des Instrumentes verfolgt. Erste Ukulelen auf Hawaii wurden, wie auch einige andere hawaiianische Musikinstrumente, aus dem Holz der Koa-Akazie hergestellt. Ab 1889 produzierte Manuel Nunes Ukulelen in einer eigenen Fabrik. Er gilt als der Erfinder der Ukulele hawaiianischer Prägung.
Äußerlich sieht die Ukulele der Gitarre sehr ähnlich. Sie ist aber zumeist nur etwa 60 cm lang und ca. 20 cm breit. Sie hat vier Saiten, die – ähnlich der Mandoline – auch doppelchörig bespannt sein können. Die Ukulele wird ohne Plektren oder andere Hilfsmittel mit den Fingern gespielt. Das Besondere an der Ukulele ist ihre Stimmung. In der gängigen, sogenannten „rückläufigen Stimmung“ ist die oberste Saite oktaviert. Dadurch ist sie höher als die mittleren Saiten des Instrumentes (g1 – c1 – e1 – a1). Dieser für die Ukulele unverwechselbare Klang wird oft als „exotisch“ wahrgenommen.
Zurück zum 1 Bremer Ukulelenorchester. Die Mitstreiter sind zwar im Laufe der Zeit etwas weniger politisch aktiv, dennoch ist das Thema immer präsent. Sie spielen oft für wohltätige Zwecke und für Organisationen, die sie gern unterstützen. Auch treten sie in Flüchtlingsheimen, Altenheimen und Kulturzentren auf.
Auf ihrer Homepage beschreiben sie sich selbst: „Zugegeben, es sieht schon ein wenig skurril aus, wenn 30 – teilweise mit Hawaiihemden gekleidete Erwachsene – auf die Bühne stürzen und in die vier Saiten hauen. Aber was dabei herauskommt, ist ein besonderer Sound – und ganz viel Lachen.“ Genau das will der Spiel-Deine-Ukulele-Tag erreichen!
Klänge:
- 1. Bremer Ukulelenorchester: Wellermann op Platt
https://www.youtube.com/watch?v=ae6jM8DKggk - 1. Bremer Ukulelenorchester: Ferry Cross The Mersey
https://www.youtube.com/watch?v=gTA2CkUx8Dw
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